Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Januar 2012 > Wehrbeauftragter zeigt sich besorgt über schlechte Stimmung und tiefgreifende Verunsicherung in der Truppe
Besonderes Augenmerk legt Königshaus auf die Situation in den Auslandseinsätzen. Die Gefährdung in den Einsatzgebieten, vor allem in Afghanistan, sei unverändert hoch. Daran habe auch nichts die Umsetzung des sogenannten Partnering-Konzeptes in Afghanistan geändert. Im vergangenen Jahr verloren nach Angaben des Wehrbeauftragten sieben deutsche Soldaten ihr Leben, 63 Soldaten wurden zum Teil schwer verwundet, darunter 19 bei den Zwischenfällen an der kosovarisch-serbischen Grenze. Deutliche Kritik übt Königshaus an den mangelnden Lufttransportkapazitäten des deutschen Isaf-Kontingentes in Afghanistan. Während im vergangenen Jahr die Ausstattung mit geschützten und bewaffneten Bodenfahrzeugen verbessert worden sei, habe sich die Situation beim Lufttransport nochmals verschlechtert. Nach seinen Angaben verfügt die Bundeswehr in Afghanistan über nur noch sechs Hubschrauber vom Typ CH-53. So werde die Bergung von verwundeten deutschen Soldaten und die Luftnahunterstützung nur noch durch die amerikanischen Verbündeten gewährleistet.
Lobend äußert sich Königshaus über die verbesserte Absicherung der Soldaten und ihrer Familien durch das vom Bundestag beschlossene Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz im Fall von Verwundung, Traumatisierung und Tod. Massive Probleme gebe es allerdings, wenn Soldaten oder ihre Hinterbliebenen ihre Ansprüche geltend machen. Die Verwaltungsverfahren seien zu lang und zu viele Stellen seien involviert. Für die Betreuung verwundeter und traumatisierter Soldaten fordert Königshaus eine stärkere Zentralisierung. Noch immer seien die Behandlungskapazitäten für Traumatisierte zu gering, da die Bundeswehr über zu wenige Psychologen und Psychiater verfüge.Umgekehrt habe die Zahl der traumatisierten Soldaten mit 922 im Jahr 2011 einen neuen Höchststand erreicht.
Große Defizite sieht Hellmut Königshaus bei der Vereinbarkeit von Dienst und Familie. Inzwischen pendelten etwa 70 Prozent aller Soldaten zwischen ihren Wohn- und Dienstort, teilweise über mehrere hundert Kilometer. Die im neuen Stationierungskonzept der Bundeswehr geplante Schließung von 31 Standorten und die Reduzierung von 91 Standorten um bis zu 50 Prozent der Dienstposten werde dieses Problem noch vergrößern. Königshaus bedauert ausdrücklich, dass das Bundesverteidigungsministerium seine Anregung bezüglich einer dezentralen und regionalen Zusammenlegung von Verbänden und Ausbildungseinrichtungen nicht aufgenommen habe. Die häufigen Abwesenheiten von zu Hause führten zu extremen Belastungen für die Ehen und Familien der Soldaten. So liege die Trennungs- und Scheidungsrate von Soldaten bei bis zu 80 Prozent. Mängel benennt Königshaus auch bei den Betreuungsangeboten für Soldatenkinder. An den Standorten fehlten mindestens 1.000 Betreuungsplätze. Keine Fortschritte sieht der Wehrbeauftragte bei der Bereitstellung von Eltern-Kind-Zimmer. Der angemeldete Bedarf von 300 Eltern-Kind-Zimmern an 170 Standorten sei bislang erst zu einem Drittel gedeckt.
Insgesamt muss der Dienst in der Bundeswehr nach Ansicht von Hellmut Königshaus deutlich attraktiver werden. Seit Juli 2011 hätten sich zwar rund 8.000 junge Frauen und Männer für den neuen freiwilligen Wehrdienst gemeldet, aber bereits 20 Prozent von ihnen hätten den Dienst bereits wieder verlassen. Dies deute darauf hin, dass der Dienst in den Streitkräften zumindest für diesen Personenkreis nicht attraktiv genug sei.
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