Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > September 2012 > Bouffier verteidigt Nein zu direkter Vernehmung von V-Leute durch die Polizei
Hätte die Staatsanwaltschaft nur einen von T. geführten V-Mann aus dem rechtsextremen Spektrum befragen wollen, „hätte ich die Genehmigung erteilt“, so Bouffier. Die Ermittler hätten damals jedoch auch vier weitere V-Leute des Verfassungsschützers aus der islamistischen Szene vernehmen wollen, die dann aber infolge ihrer Enttarnung „verbrannt“ gewesen wären, sagte der Zeuge. In einem solchen Fall hätte das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) für lange Zeit keinen Zugang mehr zu islamistischen Kreisen in Nordhessen gehabt, und dies, wo 2006 die von diesem Spektrum ausgehenden terroristischen Gefahren in der Bundesrepublik sehr groß gewesen seien. Bouffier sprach von „unabsehbaren Risiken für die Sicherheit“.
Der Zeuge betonte, seinerzeit habe nicht zur Debatte gestanden, ob Staatsanwaltschaft und Polizei die fünf V-Leute überhaupt befragen können. Es sei nur darum gegangen, ob sie bei einer direkten Vernehmung oder mittelbar über das Einreichen von schriftlichen Anfragen an das LfV angehört werden, wie es dann auch geschah. Die Frage, ob der Quellenschutz oder die Ermittlungen in einem Mordfall Vorrang hätten, habe sich deshalb nicht gestellt, so der einstige Innenminister. Seinerzeit habe er vor der Frage gestanden, wie man die Aufklärungsarbeit der Staatsanwaltschaft in einem möglichst hohen Maße unterstützen könne ohne die hessischen Sicherheitsinteressen zu beeinträchtigen. Zu bedenken sei zudem, dass nach der Einschätzung von 2006 und auch aus der Rückschau eine direkte Vernehmung der V-Leute die Ermittlungen gegen ihren Führer T., die schließlich eingestellt und 2012 nach einer erneuten Prüfung durch den Generalbundesanwalt mangels Verdacht nicht wieder aufgenommen wurden, nicht durch zusätzliche Erkenntnisse vorangebracht hätte. T. war unmittelbar vor der Erschießung Yozgats in dem Kasseler Geschäft.
Der Beginn von Bouffiers Vernehmung war von einer persönlichen Kontroverse zwischen dem Zeugen und dem Ausschussvorsitzenden Sebastian Edathy geprägt. Dem SPD-Abgeordneten warf der CDU-Politiker vor, ihn bei einem TV-Auftritt im Juli dieses Jahres „falsch und ehrenrührig“ bezichtigt zu haben, er habe die Ermittlungen im Kasseler Mordfall aus dem Amt heraus behindert. Edathy verwahrte sich energisch gegen diese Kritik und verwies auf die im Ausschuss gemachte Aussage Gerald Hoffmanns, des Leiters der Kasseler Mordkommission, wonach 2006 die direkte Vernehmung der von T. geführten Quellen „essentiell“ gewesen sei und dass dies der Polizei verwehrt worden sei.
Vor Bouffiers Anhörung bezeichnete es Binninger als „absolut nachvollziehbar“, dass der Innenminister aus Gründen des Quellenschutzes keine direkte, sondern nur eine indirekte Befragung der V-Leute erlaubt hat. Für den Unions-Obmann ist der Vorwurf, Bouffier habe die Ermittlungen behindert, „absurd“. Eva Högl hingegen kritisierte den hessischen Politiker als „eiskalten Bürokraten“, was sich in der abgelehnten Vernehmung der Quellen, aber auch darin zeige, dass er den Eltern des Mordopfers Yozgat ein persönliches Gespräch verweigert habe. Das Nein zu einer direkten Befragung der V-Leute habe die Ermittlungen lange Zeit in eine falsche Richtung gelenkt, so die SPD-Obfrau. Aus Sicht von FDP-Sprecher Hartfrid Wolff wirft der hessische Streitfall erneut die Frage auf, „wie die Sicherheitsbehörden aufgestellt sind“. Für Linken-Obfrau Petra Pau zeigt sich im Fall Kassel zum wiederholten Mal, dass offenbar der Quellenschutz vor der Aufklärung eines Mords rangiere. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland kritisierte, seinerzeit habe in Hessen ein „kalter Krieg“ zwischen Polizei und LfV geherrscht, wobei sich Bouffier einseitig auf die Seite des Verfassungsschutzes geschlagen habe.
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