Mehr als 11000 Bibliotheken vermitteln Medienkompetenz!
Mehr als 11000 Bibliotheken vermitteln Medien- und Informationskompetenz. Bibliotheken erreichen alle Altersgruppen und alle sozialen Schichten. Sie müssen eine wichtigere Stellung in der Diskussion der Enquetekommission erhalten.
Prof. Dr. Claudia Lux Präsidentin BID Bibliothek und Information Deutschland (Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände)
Informationskompetenz als andere Seite der Medaille Medienkompetenz
Unter dem Begriff Informationskompetenz unterstützen wissenschaftliche und öffentliche Bibliotheken schon seit längerer Zeit die Entwicklung von Kompetenzen für lebenslanges Lernens (vgl. das diebezügliche deutsche überegionale Portal).
Eng verbunden mit der anderen Seite der Medaille, Medienkompetenz, lässt sich Informationskompetenz als die Kreativität definieren, den eigenen Informationsprozess bewusst und bedarfsgerecht zu gestalten. Diese umfasst neben kritischer Reflektion des eigenen Informationsprozesses hinsichtlich Informationsbedarf, effektiver Recherche- und Navigationsstrategien sowie Auswahl und Bewertung der erhaltenen Informationen auch die verantwortungsvollen Nutzung und Weitergabe der Informationen, verbunden mit einem Bewusstsein für im Informationsprozess auftretende ethische, rechtliche, sozio-ökonomische und kulturelle Fragestellungen.
Im Rahmen des letzten Punktes ist z.B. auf die Problematik im Umgang mit dem immer komplexer werdenden Urheberrecht hinzuweisen. Beratung erfolgt von Bibliotheken auch zum Umgang mit Veröffentlichungspraktiken unter Berücksichtigung von Open Access, dem gewünschten freien Zugang zu Wissen und Information aus öffentlich geförderter Forschung, sowie zur Problematik der quantitativen Bewertung von Forschungsergebnissen durch Zitat-Analysen. All dies sind Bereiche, die zur modernen Informations- und Medienkompetenz - zumindest auf Hochschulebene - gehören.
Hier noch zwei Hinweise zum Konzept Informationskompetenz, das auch international seinen Ursprung im Bibliotheksbereich hat:
Der Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama hatte den Oktober 2009 sogar zum “National Information Literacy Awareness Month” ausgerufen und damit die Bedeutung von Informationskompetenz für das lebenslange Lernen betont!
Im letzten Jahr hat die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen eine relativ umfangreiche Studie mit dem Titel "Informationskompetenz in Deutschland - Überblick zum Stand der Fachdiskussion und Zusammenstellung von Literaturangaben, Projekten und Materialien zu einzelnen Zielgruppen" veröffentlicht. Die Studie ist deshalb bemerkenswert, weil erstmals eine Gesamtsicht auf das Thema bzgl. verschiedener Bildungsgruppen (Studierende und Schüler(innen)), Berufsgruppen (Lehrende an Schule und Hochschule, Arbeitnehmende - Informationskompetenz in Unternehmen!) und Sozialgruppen (Kinder, Judgendliche, Bürger(innen) und Verbraucher(innen), Menschen mit Migrationshintergrund, Senior(inn)en) erfolgt. Interessant ist weiterhin, dass einer der Autoren aus dem Themenfeld Medienkompetenz kommt und in diesem Bericht nicht versucht wird, das eine als Teil des anderen zu sehen, sondern beides, Informationskompetenz und Medienkompetenz, als unterschiedliche Sichtweise für dieselbe Sache!
Welche Kompetenz wollen wir eigentlich und wie soll diese benannt werden?
Definitionen und Diskussionen um den Begriff Medienkompetenz gibt es vielfältige, genauso wie beim Begriff Informationskompetenz, auch Diskussionen dazu, ob der eine den anderen Begriff umfasst! Vergleiche dazu auch einen Blog-Beitrag von Gabi Reinmann.
In der schon erwähnten Studie Informationskompetenz in Deutschland heisst es dazu:
"Im diskursiven Schnittfeld von technischer, organisatorischer und menschlicher Informations- und Wissensverarbeitung liegen Kompetenzbegriffe, welche die Herausforderungen des Einzelnen an ein reflektiertes und selbstbestimmtes Leben in einer informatisierten Umwelt zum Ausdruck bringen: Begriffe wie „Informationskompetenz“, „Digitalkompetenz“ oder „Medienkompetenz“ betonen jeweils andere Aspekte dieser Herausforderung und zeigen zugleich Bedeutungsüberschneidungen."
Letzlich wären aber auch manche Benenungen aus dem englischen Sprachraum treffend, wie z.B. digital literacy, second-order literacy, Meta-Kompetenz, multi-literacy oder transliteracy. Man muss wahrscheinlich hier eher im Plural sprechen, literacies.
Eine kritische Haltung zur uns umgebenden Informationswelt, verbunden mit einem Hintergrund-Wissen über die Enstehung, Arbeitsweise und gesellschaftlich-soziale Herausforderungen moderner Informations- und Kommunkationsmittel, kann für mich als die wesentliche Essenz aller Bemühungen um Informationskompetenz, Medienkompetenz, Internet-Kompetenz, digitaler Kompetenz – egal wie man dies alles nennen will – gesehen werden.
Schwierig wird das Plädieren für bestimmte Benennungen immer dann, wenn solche Begriffe implizit dazu dienen, die eigene Klientel fuer die Zukunft als wichtig zu legitimieren. 8-) Dies trifft sicher beim Begriff Informationskompetenz auch hinsichtlich der Bibliotheken zu, beim Begriff Medienkompetenz gilt dies aber auch für das gesamte ja eigentlich relativ etablierte Fachgebiet Medienpädagogik. Gleichwohl ist Medienkompetenz, wie man an der Enquete-Kommission sieht, politisch besser eingeführt!