Zitat Zitat von Andrea Kamphuis Beitrag anzeigen
In der schwachen Hoffnung, dass vielleicht eine Handvoll Entscheider diese Diskussionen zumindest überfliegt, sollten wir m. E. konkret herausarbeiten, welche Interessen verschiedene Bevölkerungsgruppen an der gesetzlichen Ermöglichung einer weiteren Verbreitung von (hier: wissenschaftlichen) Informationen haben
Ein einfacher Grundsatz, konsequent beachtet, könnte hier schon hilfreich sein:

Was mit öffentlichen Mitteln im Forschungsbereich finanziert und/oder subventioniert wurde, muss im Ergebnis auch öffentlich frei verfügbar sein (und bleiben!). Wenn man sich schon einmal darauf einigen könnte, wäre wohl bereits viel gewonnen.

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- also: An welchen Stellen in ihrer beruflichen Praxis (oder Lernpraxis, was Schüler und Studenten angeht) treten heute Probleme auf, die durch die derzeitige Ausgestaltung des Urheberrechts bedingt sind, und welche negativen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen hat das?
Ich sehe da erstmal einen indirekten (Neben-)Aspekt, der aber durchaus auch auf das Urheberrecht rekurriert. In der schulischen Bildung sollte nicht nur verstärkt, sondern konsequent freie, quelloffene Software zum Einsatz kommen. Das hat gleich mehrere gravierende Vorteile vom bildungspolitischen Standpunkt aus gesehen.

Zum einen entspricht es dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die für die Ausbildung benötigte Software kostenneutral und ohne Einschränkungen bei der Verwendung verfügbar ist. Zum anderen bietet freie bzw. quelloffene Software alle Möglichkeiten zum Vermittlung und Vertiefung von Hintergründen, ohne dass hier irgendwelche Geschäftsgeheimnisse "geschützt" werden müssen. Man kann somit überall hinein sehen (Quellcode, Schnittstellendesign, Protokolle) und es bietet sich damit ein quasi unerschöpflicher Raum für interessierte Schüler, dort selbst weiter zu machen, wo der Unterricht aufhört.

Ausserdem - davon ausgehend, dass ein gewisser Software-Konzern qua seiner marktbeherrschenden Stellung sowieso schon die Wohnstuben und Kinderzimmer "beherrscht" - lernen Kinder auf diesem Wege plattformneutral mit Computertechnik umzugehen, ohne auf ein bestimmtes System festgelegt zu werden.

Sicherlich ist es für chronisch unterfinanzierte Bildungseinrichtungen sehr attraktiv, in diesem Sektor wohlmeinend angebotene Unterstützung namhafter Software-Hersteller anzunehmen, nur sollte man nicht übersehen, dass diese dies ausschliesslich im Eigeninteresse tun.

Zitat Zitat von Andrea Kamphuis Beitrag anzeigen
Nachdem beispielsweise die Verlage ihre Interessen bereits recht lautstark und hartnäckig artikuliert haben, sollten nun auch die Studenten/-innen, Journalisten/-innen, Wissenschaftler/-innen, Übersetzer/-innen usw. verdeutlichen, dass allzu eng definierte Urheberrechtsschranken (beispielsweise die verheerend enge Auslegung des Begriffes "elektronischer Leseplatz" in den Bibliotheken) die ohnehin nicht so berauschende Produktivität ihrer Arbeit Tag für Tag beschneiden und somit sowohl volkswirtschaftlich schädlich sind als auch die soziale und kulturelle Entwicklung hemmen.
Bevor man wieder (nur) einmal an irgendwelchen Schranken herumjustiert, sollte man lieber die sich rasant verändernde Situation grundlegend analysieren und darauf aufbauend eine grundsätzliche Neubewertung der gewünschten (und auch der unerwünschten) Zielsetzungen und Nebenwirkungen des Urheberrechts vornehmen. Man kann auf eine so grundlegende technologische Umwälzung, die praktisch alle Lebensbereiche tangiert, nicht mit einer entschlossenen Feinjustierung an leicht angerosteten Stellschrauben reagieren. Dann steht man schon bald vor den nächsten Problemen und der Spielraum für Anpassungen wird immer enger.