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Das Potenzial der Digitalisierung in der Wirtschaft ist enorm. Nicht nur Gründer, auch große Konzerne können von der Entwicklung profitieren. Selbst in der Automobilbranche ist keine Ende des Fortschritts in Sicht: So sei die Vernetzung des Autos mit unterschiedlichen Internet-Diensten zentrales Thema auf dem Genfer Autosalon gewesen, sagte Hansjörg Durz (CDU/CSU) in der Debatte zu den Potenzialen der digitalen Wirtschaft am Donnerstag, 13. März 2014. Und Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, das Auto der Zukunft werde ein "rollendes Rechenzentrum" sein. Auch die Bundesregierung setzt voll auf diesen Wirtschaftsbereich: "Deutschland soll digitales Wachstumsland Nummer eins werden", erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Brigitte Zypries SPD).
Die Ausgangslage in Deutschland sei gut, sagte Zypries. Und die Bundesregierung befinde sich im Gespräch mit allen relevanten Akteuren – von Gewerkschaften bis zu Nichtregierungsorganisationen (NGO). Man werde gemeinsam "innovative wie gesellschaftlich akzeptierte Lösungsansätze für die Datenwirtschaft und die private Online-Kommunikation erarbeiten".
Das hohe IT-Sicherheitsniveau solle weiter ausgebaut werden: "Sichere Informationstechnologie Made in Germany soll eines der Markenzeichen werden", sagte Zypries. Bei der Unterstützung der jungen und innovativen Unternehmen und des Mittelstandes sollten die jungen Kreativen und Kulturschaffenden mit ihren Start-ups einbezogen werden.
Herbert Behrens (Die Linke) sagte, der Wert einer digital geprägten Welt werde daran zu messen sein, wie die Lebensbedingungen der Menschen verbessert werden: "Gute Ausbildung, gute Arbeit und ein gutes Leben sind unsere Maßstäbe für eine digital geprägte Welt von morgen – und zwar nicht nur im eigenen Land und Europa."
Junge Menschen müssten anders ausgebildet werden, und ältere Menschen müssten Chancen auf Qualifizierung erhalten. Daher sei eine Bildungsoffensive notwendig: "Die Menschen sollen die digitalen Instrumente beherrschen und nicht von ihnen beherrscht werden", sagte Behrens, der sich für eine bessere Förderung von Gründern und jungen Unternehmen aussprach.
Für die leichtere Bereitstellung von Risikokapital setzte sich Axel Knoerig (CDU/CSU) ein. Andere Länder seien in diesem Bereich weiter. Daher bestehe Handlungsbedarf. Private Finanzierungsformen wie das Crowdfunding sollten größere Bedeutung erhalten und könnten zu einer alternativen Finanzierungsmöglichkeit werden.
Beim Crowdfunding werden Gelder für Projekte über das Internet eingeworben. Vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen müsse Deutschland bis 2017 digitales Wachstumsland Nummer eins werden, forderte Knoerig. Die Schlüsselbranche dafür sei die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT).
Auf ein Problem machte Janecek aufmerksam: Die großen Internetfirmen hätten ihren Sitz in USA oder China. Deutschland habe aber wesentliche Standortvorteile, die für die weitere Entwicklung des freien Internets von großer Bedeutung sein würden: Es handele sich um Sicherheit, Daten- und Vertrauensschutz sowie die Technologieführerschaft bei Energieeffizienz und Ressorurcenwende.
Daraus würden sich zahlreiche neue Geschäftschancen ergeben. Zur immer stärker werdenden Vernetzung sagte Janecek: "So funktioniert die Energiewende 2.0."
Christian Flisek (SPD) erklärte, die digitale Agenda sei in der Politik angekommen. Das sei die Botschaft, die von der Koalition ausgesendet werde. Wenn über Wachstumspotenziale der digitalen Wirtschaft gesprochen werde, dann sollten vor allem die Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden. Es müsse gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung geben. Auch in einer digitalen Arbeitswelt mit ihrer permanenten Erreichbarkeit dürfe das Prinzip der Kernarbeitszeit nicht ausgehöhlt werden.
Zur Gründerszene sagte Flisek, hier gebe es "viel Licht und Schatten". Die Gründerzahlen seien in den letzten fünf Jahren rückläufig gewesen. Zu wenig junge Menschen seien bereit, sich selbstständig zu machen: "Diesen Trend müssen wir umdrehen." Gebraucht werde ein neuer Gründergeist. "Wir brauchen eine Kultur der zweiten und dritten Chance und keine Stigmatisierung des Scheiterns." Flisek verlangte auch einen Abbau der Bürokratie. Aus Lustgründungen konnten sonst Frustgründungen werden.
In dem vom Bundestag an die Ausschüsse überwiesenen Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD (18/764 neu) wird die Bundesregierung aufgefordert, eine digitale Agenda 2014 bis 2017 zu erarbeiten, die auch die Potenziale der digitalen Wirtschaft für Wachstum und nachhaltige Beschäftigung ausschöpft und im Dialog mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Tarifpartnern und Wissenschaft umgesetzt wird.
Nach den Vorstellungen der beiden Fraktionen soll der nationale IT-Gipfel breiter ausgerichtet werden und als eine Plattform aller beteiligten Akteure die Umsetzung der digitalen Agenda begleiten. Die Fraktionen fordern eine Weiterentwicklung der Breitbandstrategie im Rahmen der "Netzallianz Digitales Deutschland". Zur Wahrung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sollen bis spätestens 2018 flächendeckend in allen Teilen Deutschlands leistungsfähige Breitbandanschlüsse mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügbar sein.
Beide Fraktionen bekennen sich zum offenen und freien Internet und verlangen, dass Teilhabe, Meinungsvielfalt, Innovation, Diskriminierungsfreiheit und fairer Wettbewerb durch eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben sichergestellt werden. Auch die Voraussetzungen für drahtlose lokale Netzwerke (WLAN) sollen durch klare Haftungsregelungen für WLAN-Betreiber verbessert werden.
Weitere Forderungen betreffen die Unterstützung der Digitalisierung der Wirtschaft ("Industrie 4.0"), die Nutzung von Chancen der Digitalisierung in Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Stärkung der Gründerkultur. Dazu sollen die Finanzierungsbedingungen für Start-ups in allen Phasen verbessert werden.
Außerdem regen die Koalitionsfraktionen die Schaffung eines Börsensegments "Markt 2.0" an. Damit sollen Börsengänge junger, innovativer und wachstumsstarker Unternehmen erleichtert werden. Die Sicherheit von Kommunikation und Daten in den Netzen soll unter anderem durch ein IT-Sicherheitsgesetz vorangebracht werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für das Recht auf Privatsphäre stark zu machen.
"Nur durch eine dynamische, effiziente und innovative Hightech-Branche sowie durch moderne und sichere Infrastrukturen kann Deutschland zum Wachstumsland Nr. 1 in Europa werden", schreiben die Fraktionen in ihrem Antrag. Deutschlands IKT-Branche sei mit über 86.000 Unternehmen, 900.000 Beschäftigten und 228 Milliarden Euro Umsatz ein bedeutender Industriezweig der deutschen Wirtschaft.
Die IKT-Branche trage mit 85 Milliarden Euro aktuell 4,7 Prozent zur gewerblichen Wertschöpfung bei. Sie investiere 18,2 Milliaden Euro und damit etwa 4,5 Prozent der gesamten Bruttoanlageinvestitionen. Im internationalen Vergleich habe sich die deutsche digitale Wirtschaft im Ranking der führenden 15 Standorte auf Platz fünf verbessert.
Nach Umsätzen sei die deutsche IKT-Wirtschaft mit 4,6 Prozent Anteil am Weltmarkt die viertgrößte der Welt. "Die digitale Wirtschaft bietet Chancen für Gründungen, die kreative und innovative Ideen in neue Techniken, Dienstleistungen und Produkte auf den Markt bringen und erfolgreich umsetzen können", schreiben die Fraktionen. Die IKT-Branche habe zudem mit 80 Prozent eine enorme Innovationsquote.
Ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/771) wurde ebenfalls an die Ausschüsse überwiesen. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, den Bestand an Studienplätzen in Informatik und angrenzenden Disziplinen zusammen mit den Bundesländern auszubauen und ein Förderprogramm für digitales Lernen in Schulen vorzulegen.
Zudem soll der Breitbandausbau mit einer Milliarde Euro jährlich und einem Kreditprogramm unterstützt werden. Zum Forderungskatalog der Fraktion gehören auch ein Gesetzentwurf zur Sicherung der Netzneutralität und eine Öffnung der öffentlichen Datenbestände. Das "innovationsfeindliche Leistungsschutzrecht" für Presseverlage solle abgeschafft werden. Nach Ansicht der Linksfraktion kann die Digitalisierung als "Revolutionierung gesellschaftlicher und auch ökonomischer Verhältnisse" bezeichnet werden. (hle/13.03.2014)