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Breite Mehrheit für Zentralafrika-Einsatz


Deutschland wird sich mit bis zu 80 Bundeswehrangehörigen am europäischen Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik beteiligen. Dafür gab der Bundestag am Donnerstag, 10. April 2014, grünes Licht. Nur die Fraktion Die Linke sprach sich dagegen aus.

Blutiger Konflikt

In dem Land herrscht seit einem Putsch muslimischer Rebellen im März 2013 ein blutiger Konflikt zwischen christlichen und muslimischen Bevölkerungsgruppen. Immer wieder kommt es dabei auch zu Gewalt zwischen Truppen aus dem Tschad und Christen.

Im Juli 2013 begann die Afrikanische Union, eine Stabilisierungsmission mit bis zu 6.000 Soldaten und Polizisten in dem Land aufzubauen, doch diese konnte das Morden ebensowenig stoppen wie die bis zu 2.000 Soldaten, die Frankreich seit Dezember mit UN-Mandat im Einsatz hat.

EU-Einsatz sollte eigentlich schon laufen

Dem französischen Wunsch, ihre Einheiten zum Teil einer EU-Eingreiftruppe (Eufor) zu machen, kamen die europäischen Partner zunächst zögerlich nach. Erst Ende März standen die nötigen Truppenzusagen, sodass die EU am 1. April den Beginn der Mission beschließen konnte. Eigentlich sollte sie zu diesem Zeitpunkt schon im Einsatz sein.

Umso mehr beeilte sich der Deutsche Bundestag nun mit der Billigung. Nachdem das Bundeskabinett am Dienstag, 8. April, die Beteiligung mit bis zu 80 Bundeswehr-Soldaten beantragt hatte, befasste sich das Parlament noch am selben Tag, während der laufenden Haushaltsberatungen, damit. Nach Ausschussberatungen am Mittwoch, 9. April, stimmte das Plenum am Donnerstag darüber ab.

Bundeswehr soll logistische Unterstützung leisten

Die Bundeswehr soll im Rahmen der Mission Eufor RCA keine Kampftruppen stellen, sondern den Verwundetentransport in der Luft übernehmen und an der Luftaufklärung mitwirken. Dazu kommt Personal für das strategische Hauptquartier im griechischen Larissa und das operative Hauptquartier in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui. Zudem will Deutschland über einen zivilen Anbieter, ohne Beteiligung von Soldaten, Transportleistungen nach Bangui bereitstellen.

Die Europäische Union nennt Eufor RCA eine Überbrückungsmission, weil sie gemeinsam mit den Streitkräften der Afrikanischen Union Sicherheit schaffen soll, bis gegen Ende des Jahres eine UN-Friedenstruppe die weitere Stabilisierung übernehmen kann. Das Mandat für diese hat der UN-Sicherheitsrat in New York nur Minuten vor der abschließenden Debatte im Bundestag erteilt.

Linke warnt vor Verstrickung in Stellvertreterkrieg

Warum die Fraktion Die Linke diesen Bundeswehreinsatz ablehnt, begründete Christine Buchholz damit, dass er ihrer Meinung nach "keinen Beitrag zur Beseitigung des Elends leisten wird". Denn Frankreich, dessen Truppen die Eufor-Mission führen sollten, sei nicht neutral.

Mit dem französischen Eingreifen hätten christliche Milizen die Oberhand gewonnen und "machen nun Jagd auf Muslime". Die Truppen der Afrikanischen Union wiederum unterstützten, je nachdem von welchem Staat sie gestellt sind, unterschiedliche Seiten in dem Konflikt.

Die geplante EU-Mission laufe damit Gefahr, "sich in einen innerafrikanischen Stellvertreterkonflikt zu verstricken", warnte Buchholz und fragte die Abgeordneten der anderen Fraktionen: "Warum ignorieren Sie das?"

Grüne: Richtig, trotz Unübersichtlichkeit zu helfen

Mit dieser Analyse stand Buchholz allerdings alleine. "Kriminelle Banden und örtliche Warlords terrorisieren weite Teile des Landes", hielt ihr Dr. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) entgegen. Es gebe meistens "keine klaren Frontlinien und keine klar erkennbaren Gegner". Es sei "richtig, dass Deutschland trotz der unübersichtlichen Lage hilft", um humanitäre Nothilfe für die Bevölkerung erst möglich zu machen.

Schmidt forderte aber: "Die Stabilisierung der Sicherheitslage muss mit einem Konzept des Wiederaufbaus verbunden werden. Die vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Stefan Müller, unlängst in Zentralafrika angekündigte Soforthilfe von zehn Millionen Euro könne "nur ein erster Schritt sein".

SPD: Das sind wir auch uns schuldig

Besonders eindringlich schilderte Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) die verzweifelte Lage der Zivilbevölkerung in der Zentralafrikanischen Republik. "Bewaffnete Truppen, nein Horden von Christen und Muslimen stehen sich mit nur einem Ziel gegenüber: die jeweils anderen zu vernichten." Es werde auf alle geschossen, "die nicht um ihr Leben laufen können, Kinder, Alte, Behinderte, Schwangere".

"Wenn wir unsere Werte ernst nehmen, braucht es unseren Einsatz", folgerte Brunner. "Das sind wir aber auch uns schuldig, wenn wir Worte wie: nie wieder Auschwitz, nie wieder Ruanda, nie wieder Srebrenica, nicht leere Worthülsen sein lassen wollen."

Union will schnellere Reaktionsfähigkeit der EU

Auch die anderen Redner der Koalitionsfraktionen betonten die humanitäre Motivation des Eufor-Einsatzes. In Zentralafrika würden "Menschen getötet, weil sie zur falschen Volksgruppe gehören, die angeblich Unrecht an der anderen begangen hat", sagte Anita Schäfer (CDU/CSU).

Sie sieht in dem Land "Voraussetzungen für einen weiteren gescheiterten Staat", der grenzüberschreitende Instabilität verursacht. "Das darf uns in Europa nicht egal sein, nicht aus humanitären und nicht aus sicherheitspolitischen Gründen."

Schäfer forderte dafür zu sorgen, dass künftig die im Aufbau befindlichen EU-Battlegroups für solche Einsätze zur verfügen stehen, um Verzögerungen wie jetzt zu vermeiden. Diese seien entstanden, weil osteuropäische EU-Mitglieder wegen der Situation in der Ukraine Truppenzusagen zurückgezogen hätten.

Überwältigende Zustimmung

Der Bundestag folgte schließlich mit breiter Mehrheit der Beschlussempfehlung des federführenden Auswärtigen Ausschusses (18/1095) und stimmte dem Antrag der Bundesregierung auf Truppenentsendung (18/1081) zu. In der namentlichen Abstimmung votierten 514 Abgeordnete mit Ja, 59 mit Nein und drei enthielten sich. (pst/10.04.2014)