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"Heute noch Büroarbeit: Post von heute durchgehen und Mails beantworten." Es ist halb elf am Donnerstagabend, als Sebastian Körber seinen 287 "followers" des Internet-Kurznachrichtendienstes Twitter diese Nachricht schickt. Das Versenden von Kurznachrichten gehört auch für einige Abgeordnete zum Büroalltag. Gegen sechs Uhr ist Körber aufgestanden. Ab neun Uhr hat er im Plenum gesessen, sich erst die Debatte zur Gleichstellungspolitik angehört. Es folgten eine Aktuelle Stunde und die Einsetzung einer Enquete-Kommission. "Und wieder einmal billige Versuche der Opposition 'Spenden & Sponsoring'- sie sitzen alle im Glashaus... Und kassieren dicke Spenden...", kommentiert der jüngste bayerische Abgeordnete das Geschehen.
Zwischen 14 und 15 Uhr ein Pressegespräch, dann wieder ins Plenum. Diesmal aber auf den Sitz rechts von der Bundestagsvizepräsidentin, die gerade die Sitzung leitet. Denn Körber ist einer der Schriftführer, bis 17 Uhr protokolliert er die Redezeiten der Sprecher. Als er seinen Platz einnimmt, läuft noch eine Debatte zum Arbeitslosengeld I, bald folgt eine zum Bologna-Prozess. Auch das kündigt er seinen Kontakten via Twitter an: "Schriftführertätigkeit hat begonnen ... Gerade geht es um Bologna ... Werde jetzt aber noch 1,5 Stunden gemäß Amt neutral sein:-)."
Koerber ist Architekt, hat mehrere Jahre als Selbstständiger unter anderem Gutachten für die Sanierung alter Gebäude erstellt. Der gebürtige Oberfranke ist baupolitscher Sprecher der Freien Demokraten und ist erst seit wenigen Monaten im Bundestag. Der 29-Jährige ist begeisterter Nutzer der neuen Medien. Seine Arbeitswoche lässt sich anhand seiner Einträge bei Twitter und dem sozialen Netzwerk "Facebook" recht gut nachvollziehen.
Auch Bärbel Bas hat vor allem Twitter und Facebook für sich entdeckt - "gehe jetzt ins Plenum zu Gleichstellungsdebatte. Mal sehen, wie viele Männer der Debatte folgen", "zwitschert" die SPD-Abgeordnete zum Beispiel am Donnerstag morgen um neun Uhr ihren 237 "followers" zu. Um dann eine Stunde später einen Seitenhieb auf eine FDP-Abgeordnete hinterher zu schieben: "Miriam Gruß #FDP hält Frauentag für 'Gedenktag'. Unglaublich!" Für Bärbel Bas aus Duisburg ist es ebenfalls die erste Wahlperiode im Bundestag.
"Ich habe im Wahlkampf festgestellt, dass ich im Internet Leute ansprechen kann, die ich an den Straßenständen nicht treffe", sagt Bas. Zu ihren Kontakten zählen vor allem Menschen aus ihrem Wahlkreis, viele davon natürlich SPD-Anhänger. "Gerade bei Twitter zählt auch der Spaßfaktor für mich", erklärt die ehemalige Mitarbeiterin einer Betriebskrankenkasse und heutige Gesundheitspolitikerin.
Doch nicht jedes private Detail schickt sie ungefiltert in die Welt hinaus. "Als ich vor einigen Monaten einmal im Krankenhaus war und von dort aus alles Mögliche getwittert habe, landete ich in einem Fernsehbeitrag über sinnlose Twitter-Einträge von Abgeordneten gleich auf dem dritten Platz", sagt die 41-Jährige und lacht. Seitdem ist sie ein wenig vorsichtiger.
Diese Woche gestaltet sich für Bas und Körber vergleichsweise ruhig. Nach Arbeitskreisen, Arbeitsgruppen und der Fraktionssitzung am Dienstag geht der richtige Terminmarathon erst am Mittwoch gegen neun Uhr morgens mit den Ausschusssitzungen los.Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Körber angehört, beschäftigt sich unter anderem mit den "Auswirkungen der neuen Lenk- und Ruhezeiten für das deutsche Omnibusgewerbe" und der Sicherheit der Bahn. Zu diesem Tagesordnungspunkt haben sich die Abgeordneten fünf Experten eingeladen, das Gespräch ist öffentlich.
Danach folgen weitere Termine, für Körber ein Presseinterview und am Abend ein Gespräch zu Kirchenfinanzen außerhalb des Bundestages, für Bas zwei Hintergrundgespräche mit Vertretern von Krankenkassen - "gesetzliche Krankenkassen ist eines meiner Schwerpunktthemen" - und ein Bürgergespräch. Um halb fünf treffen zwei Veranstalter eines Tanztheaters in ihrem Büro ein. Sie haben schon ein Projekt in Ostdeutschland umgesetzt, jetzt sind sie auf der Suche nach einem zweiten Standort, diesmal im Ruhrgebiet.
Von Bärbel Bas erhoffen sie sich Informationen über mögliche ehemalige Industrieflächen, die jetzt für Kulturvorhaben verwendet werden könnten, und Wirtschaftsförderung. "Dafür sind eigentlich Kommunalpolitiker zuständig", sagt die SPD-Abgeordnete. Doch sie verspricht, sich nach möglichen Ansprechpartnern zu erkundigen und sie weiterzuvermitteln: "In Duisburg können wir eigentlich jeden gebrauchen, der Arbeitsplätze schafft." Der Abend endet für Bas mit einem Treffen mit den SPD-Kollegen des Berliner Senates.
Am Donnerstag sind beide zunächst im Plenum. Doch während Körber wegen seines Amtes als Schriftführer und aufgrund der Themen, die in seinen Bereich fallen, weiter im Plenum bleibt, trifft sich Bas mit ihren SPD-Kolleginnen zum Austausch über fraktionsinterne Fragen. Später kommen dann noch 13 Schülerinnen aus ihrem Wahlkreis vorbei und löchern sie mit Fragen zur Bundespolitik und zum Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen.
Da ist Körber schon wieder auf dem Weg zum nächsten Treffen: Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat die Mitglieder des FDP-Verkehr-Arbeitskreises zu einem Gespräch über Öffentlich-Private-Partnerschaften eingeladen. "Hoffentlich gibt es da etwas zu essen", sagt Körber zu seinem Mitarbeiter, der ihn auf dem Weg dahin noch über neue Termine informiert. "Ich habe seit sechs Stunden nichts mehr gegessen."
Auch Bärbel Bas kommt in solchen Wochen selten zum Essen. Doch Freitag früh, vor Beginn der Plenarsitzungen, hat sie Glück: "'Gesund und fit in den Tag' mit einem Frühstück beim Kneipp-Bund", twittert sie fröhlich. Nein, fit sei sie noch nicht, sagt die bekennende Spätaufsteherin, als sie pünktlich um halb acht im Abgeordnetenrestaurant des Bundestages eintrifft. "Aber ich habe ja versprochen zu kommen."
Der Kneipp- und der Heilbäderverband haben Abgeordnete verschiedener Fraktionen zu einem kurzen Frühstück eingeladen, auch die Presse ist dabei. Bei Müsli, Joghurt und dem ein oder anderen Kaffee wollen sie den Parlamentariern die Prävention ans Herz legen.
Am frühen Nachmittag fliegen Bas und Körber zurück in ihre Wahlkreise. Doch damit ist die Woche noch nicht vorbei: Bas hat versprochen, neuen Mitgliedern der Duisburger SPD etwas über die Partei zu erzählen, Körber hat die Klausurtagung der FDP-Oberfranken im Terminkalender stehen.
Nur der Sonntag ist frei. Dann haben sie vielleicht auch mal Zeit für ein wenig Privates: "Heute Auszeit: Mittagessen mit Familie, DVD gucken, Wohnung aufräumen, Koffer packen für Sitzungswoche und Abendessen mit Freunden ...", wie Körber einen Sonntag ein paar Wochen zuvor beschrieben hat.