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Die Opposition hat der Bundesregierung vorgeworfen, in der Wirtschaftspolitik „staatsnahe Monopolisten“ zu pflegen und kleine und mittlere Unternehmen zu vernachlässigen. In der Debatte des Deutschen Bundestages über den Etat des Wirtschaftministeriums (Einzelplan 09) am Donnerstag, 26. Juni 2014, sagte Roland Claus (Die Linke), große Unternehmen zum Beispiel aus der Luft- und Raumfahrt mit ihren guten Verbindungen zur Politik hätten kein Problem, die wenigen Monate der Gültigkeit des Haushalts 2014 zu nutzen, die Mittel bis zum Monat November abzugreifen. „Aber gerade der Mittelstand und die Kleinunternehmen werden große Probleme haben, in diesen vier Monaten an die Mittel zu kommen.“
Claus kritisierte, für die Subventionierung von Luft- und Raumfahrt seien rund 1,5 Milliarden Euro vorgesehen, während der Mittelstand nur ein Drittel dieser Summe bekomme. Besorgt zeigte sich Claus auch über den Zustand der Wirtschaft in Ostdeutschland und den geringen Anteil der Industrie in den neuen Bundesländern.
Bei allen wesentlichen wirtschaftlichen Fakten bilde sich weiterhin die DDR-Landkarte ab: „Es gibt keine einzige Konzernzentrale im Osten, wir haben einen hohen Anteil von Niedriglohn, wir haben einen hohen Anteil von Zeit- und Leiharbeit, und wir haben unzureichendes Potenzial in Forschung und Entwicklung.“Die Notwendigkeit einer auf Ostdeutschland ausgerichteten Industriepolitik sei zwar von der Parlamentarischen Staatssekretärin im Wirtschaftministerium, Iris Gleicke (SPDFraktion), betont worden. Im Wirtschaftsetat finde sich jedoch davon nichts wieder, kritisierte Claus.
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die positive Reallohnentwicklung, auf den positiven Geschäftsklimaindex, hohe Steuereinnahmen und das gute Beschäftigungsniveau. Doch die Regierung nutze diese Potenziale nicht: „Auf die unmittelbar vor uns liegende demografische Veränderung, die sich leider schon im Fachkräftemangel ausdrückt, reagieren Sie mit einer kontraproduktiven Rente mit 63“, klagte Hajduk.
Außerdem sei die Infrastruktur auf Verschleiß gefahren worden, worauf die Regierung mit einer sinkenden Investitionsquote antworte. „Auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen reagiert diese Große Koalition nur mit langweiligen Kompromissen, aber nicht mit den Möglichkeiten, die Potenziale dieser Gesellschaft zu nutzen.“ Kleine und mittlere Unternehmen in der zivilen Luft- und Raumfahrt und in den neuen Verkehrstechnologien würden zu wenig gefördert, kritisierte Hajduk, die sich für eine zielgenauere Wirtschaftsförderung aussprach. Mitnahmeeffekte für Großunternehmen dürfe es nicht geben. Besonders kritisierte Hajduk, dass „der schlafende Riese Energieeffizienz“ ein Zwerg im Haushalt. bleibe.
Redner der Koalition betonten dagegen die Bedeutung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung. In dem Etat seien drei wesentliche Schwerpunkte realisiert worden: „Innovation, Investition und Mittelstand“, erklärte Thomas Jurk (SPD). Öffentliches Kapital stoße private Investitionen an und führe zu einer Hebelwirkung. Das sei die Basis für künftige Steuereinnahmen und auch dafür, dass wir ab 2015 einen Haushalt mit einer schwarzen Null abschließen können“.
Jurk räumte ein, dass trotz aller positiver Entwicklung der Industrieanteil im Osten immer noch geringer sei als im Westen. Er liege derzeit bei 16 Prozent, der gesamtdeutsche Durchschnitt betrage 23 Prozent. „Hier haben wir nach wie vor Handlungsbedarf“, sagte Jurk. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete die Situation der Industrie in Ostdeutschland als nicht zufriedenstellend. Kritik der Opposition an der Förderung von Großunternehmen besonders der Luft- und Raumfahrt wies Gabriel mit dem Hinweis zurück, davon würden auch viele kleine und mittlere Zulieferfirmen profitieren.
„Der deutsche wirtschaftliche Erfolg basiert nicht zuletzt auf einem sehr gut aufgestellten Mittelstand“, sagte Andreas Mattfeldt (CDU/CSU). Der Mittelstand müsse weiter gestärkt werden. Mattfeldt lobte die kontinuierliche Erhöhung des Zentralen Innovationsprogramms (ZIM), durch das forschende Mittelstandsunternehmen unbürokratisch unterstützt würden. Er sprach sich außerdem für die Weiterführung des europäischen Raumfahrtprogramms aus. Europa brauche einen eigenen Zugang zum Weltall.
Mattfeldt verlangte Regelungen für das Fracking genannte Erdgasförderungsverfahren. Dabei gehe es nicht nur um die Förderung von sogenanntem Schiefergas, sondern auch um die konventionelle Förderung mit Fracking, die in Deutschland eine große Rolle spiele. Mittlerweile sei bewiesen, dass die Erdgasförderung Erdbeben auslöse, und daher müsse die Bergschadensvermutung auf die Erdgasförderung und auch auf die Geothermie ausgedehnt werden. Es habe erhebliche Verschmutzungen durch die Erdgasförderung gegeben.
Auch eine Verpressung von giftigem Lagerstättenwasser dürfe es nicht mehr geben. Die Menschen müssten wieder Vertrauen in die heimische Erdgasförderung bekommen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die Energieversorgungssicherheit lehnte Mattfeldt den Verkauf der Ölfirma RWE-DEA an einen russischen Investor ab. Das sei „nicht vereinbar mit deutschem Interesse“.
Der Deutsche Bundestag stimmte dem Einzelplan 09 (18/1009, 18/1023, 18/1024, 18/1025) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen zu. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Etat ab. Einen Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/18549) zur Stärkung der Energieeffizienz lehnte die Koalitionsmehrheit ab.
Insgesamt sollen die Ausgaben des Einzelplans 09 in diesem Jahr rund 7,41 Milliarden Euro betragen. Sie steigen damit im Vergleich zum Vorjahr um rund 1,3 Milliarden Euro. Besonders herausgehoben wird im Etat die technologische Förderung des innovativen Mittelstandes mit einem Gesamtvolumen von 764 Millionen Euro. Ein besonders großer Ausgabenschwerpunkt mit 1,4 Milliarden Euro ist der Bereich Luft-und Raumfahrt. Für die Europäische Weltraumorganisation ESA stehen 634 Millionen Euro zur Verfügung. (hle/26.06.2014)