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Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt (CSU), hat vor dem Bundestag die Pläne für eine Pkw-Maut ebenso verteidigt wie das Festhalten an ÖPP-Projekten (öffentlich-private Partnerschaft). In der ersten Lesung des Haushalts (18/2000; Einzelplan 12) am Freitag, 12. September 2014, nannte er die Pkw-Maut „fair und sinnvoll“. Zugleich betonte er, gute Erfahrungen mit ÖPP-Projekten gemacht zu haben.
Dobrindts Aussagen stießen auf heftige Kritik bei der Opposition. Der Minister lebe in einer Parallelwelt, wenn er glaube, die Bevölkerung wolle die Pkw-Maut, sagte Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen). Roland Claus (Die Linke) zeigte sich erstaunt, dass die Kanzlerin zulasse, dass ein Minister „während der Arbeitszeit seinem Hobby nachgeht“.
Unterstützung fand Dobrindt bei Arnold Vaatz (CDU/CSU). Es könne nicht kritikwürdig sein, über eine Nutzerfinanzierung, wie sie unsere Nachbarländer auch praktizieren würden, nachzudenken. Bettina Hagedorn (SPD) übte wiederum Kritik am Verkehrsminister für die ohne Rücksprache mit den Haushältern vorgenommene Freigabe von 27 Straßen-Neubauprojekten.
Für den Bereich Verkehr und digitale Infrastruktur sind laut Etat Ausgaben von 23,13 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind 269,89 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr (2014: 22,86 Milliarden Euro). Die Investitionen sollen 2015 um 230,73 Millionen Euro auf insgesamt 12,78 Milliarden Euro (12,55 Milliarden Euro) steigen. Damit bleibt der Etat des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur der größte Investitionsetat des Bundes.
„Infrastrukturpolitik ist Wohlstandspolitik“, sagte Minister Dobrindt zu Beginn der Debatte. Jede Milliarde Euro, die in die Infrastruktur investiert werde, schaffe Wachstumsimpulse in Höhe von drei Milliarden Euro. Da der Verkehr auf allen Ebenen weiter wachse, müssten auch alle Verkehrsträger mit einem Investitionshochlauf rechnen können, so Dobrindt.
Der Verkehrsminister sprach sich zugleich auch für eine Stärkung der Nutzerfinanzierung aus. „Das Konzept ,Wer nutzt, der zahlt' ist richtig“, betonte der CSU-Politiker. Daher solle auch die Lkw-Maut ausgeweitet werden. Bis Oktober, so Dobrindt weiter, werde auch ein Gesetzentwurf für eine Infrastrukturabgabe vorgelegt, kündigte er an.
Diese Abgabe, hinter der sich die Pkw-Maut verbirgt, habe eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, sagte der Verkehrsminister der sich auch für die Fortführung der ÖPP-Projekte aussprach. Wer diese ablehne, löse die Stauprobleme in Deutschland nicht, die wiederum großen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten würden.
Für seine Pläne zur Pkw-Maut habe Minister Dobrindt auch Kritik von der Schwesterpartei CDU erfahren, sagte Roland Claus (Die Linke). Zu Recht, wie Claus fand. Käme die Maut, würde diese zwei Prozent des Verkehrsetats ausmachen. „Wieso darf ein Mitglied der Bundesregierung nur zwei Prozent Leistung bringen gegenüber 98 Prozent Arbeitsverweigerung?“, fragte der Linke-Abgeordnete.
Dobrindts Engagement wäre vielmehr bei der Lkw-Maut vonnöten. Noch immer nämlich habe die Bundesregierung die Schadensersatzforderungen an den Maut-Betreiber Toll Collect nicht eingeklagt. Zudem sei die Zukunft der Betreibergesellschaft weiterhin ungeklärt. Auch was die Digitalisierung angeht leiste der Minister für digitale Infrastruktur „keinen Beitrag“.
22 Milliarden Euro habe die Lkw-Maut in den vergangenen fünf Jahren eingebracht, sagte Bettina Hagedorn (SPD). Damit habe man zur Verstetigung der Investitionen im Verkehrsbereich beigetragen. Nicht so optimistisch wie Dobrindt zeigte sich Hagedorn, die auch Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses ist, mit Blick auf ÖPP-Projekte. Man müsse sich genau anschauen, dass diese nicht – wie zuletzt erlebt –- teurer würden als geplant. „Denn das wäre nicht im Sinne unserer Kinder und Enkel, und volkswirtschaftlich klug wäre es schon mal gar nicht.“
Mit Blick auf die Lkw-Maut machte Hagedorn deutlich, dass es wichtig sei, bis 15. Februar 2015 die Call-Option zu ziehen, damit der Bund künftig selber das Maut-System betreiben könne. So sei es auch im Koalitionsvertrag festgehalten. Kein Verständnis zeigte die SPD-Haushälterin für die im Sommer ohne Rücksprache mit dem Bundestag vorgenommene Freigabe von Straßen-Neubauprojekten in Höhe von 1,65 Milliarden Euro. „Wir müssen darüber reden, ob das so richtig war“, sagte Hagedorn.
Aus Sicht des Haushaltsexperten der Grünen, Sven-Christian Kindler, hat dieses Handeln „vorbei am Haushaltsausschuss“ dazu geführt, dass dem Minister keiner mehr glaube, wenn er sagt, Erhalt gehe ihm vor Neubau. Zugleich sagte Kindler, dass die ÖPP keine Lösung für Finanzierungsprobleme seien. Auch der Bundesrechnungshof erkenne in den ÖPP eine Verschwendung von Steuergeldern.
Was die Pkw-Maut angeht, so sprach Kindler von einer Schlagbaummentalität Dobrindts. „Hören Sie auf mit dieser europafeindlichen Stimmungsmache. Hören Sie auf mit dieser geistigen Brandstiftung“, sagte der Grünen-Abgeordnete an den Minister gewandt. Die „CSU-Maut“ habe auf deutschen Straßen nichts zu suchen, urteilte er.
Wenn man feststelle, dass die Infrastruktur unterfinanziert ist, könne man zum einen die Haushaltsmittel effizienter einsetzen, sagte Arnold Vaatz (CDU/CSU). Man müsse sich aber auch nach anderen Finanzierungsquellen umsehen. „Wir müssen bei der Nutzerfinanzierung stärker voranschreiten“, forderte er. Die Pkw-Maut könne dabei auch ein Weg sein. „Es kann nicht kritikwürdig sein, wenn wir das auch versuchen“, so Vaatz.
Positiv bewertete der CDU-Politiker auch die ÖPP. Diese stellten eine ganz wichtige Möglichkeit zur Ergänzung des Finanzierungskomplexes dar. Es sei aber völlig klar, dass die Verkehrsinfrastruktur in öffentlicher Hand bleiben werde, machte er deutlich. (hau/12.09.2014)