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Zwei Anträge der Opposition zur Freigabe der sogenannten „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) stehen am Donnerstag, 25. September 2014, zur Beschlussfassung auf der Tagesordnung des Parlaments. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern, die Notfallverhütung aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Die Bundesregierung lehnt dies bislang ab und verweist dabei auch auf kritische Stellungnahmen von Ärzten, die zwischenzeitlich bei einer Expertenanhörung nochmals deutlich wurden. Sozialverbände hingegen plädieren dafür, das Hormonmittel, mit dessen Hilfe eine Schwangerschaft noch Tage nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr verhindert werden kann, den betroffenen Frauen und Mädchen ohne Umweg über den Arzt zur Verfügung zu stellen. Die 45-minütige Debatte beginnt voraussichtlich gegen 16.05 Uhr.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Linksfraktion weist in ihrem Antrag (18/1617) darauf hin, dass ein schneller Zugang zu dem Präparat dazu beitragen könnte, ungewollte Schwangerschaften sowie Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden. Die Verschreibungspflicht sei aus gesundheitspolitischer Sicht nicht zu begründen und sollte daher aufgehoben werden.
In dem Antrag der Grünen (18/492) heißt es, die Selbstbestimmung der Frauen bei der Notfallverhütung müsse gestärkt werden. Die Verschreibungspflicht nehme zu viel Zeit in Anspruch, was im Widerspruch stehe zur pharmakologisch notwendigen möglichst schnellen Einnahme des Medikaments. Eine zeitnahe ärztliche Versorgung sei insbesondere in ländlichen Regionen und am Wochenende schwierig und stelle eine vermeidbare Hürde dar.
Junge Frauen müssten die Möglichkeit haben, das Medikament „entweder selbstbestimmt gegen Übernahme der Kosten, oder aufgrund einer ärztlichen Verschreibung kostenfrei/mit der gesetzlichen Zuzahlung zu erhalten“, fordern die Grünen.
In den meisten europäischen Ländern kann die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff LNG rezeptfrei in Apotheken gekauft werden. Neben LNG steht als Wirkstoff auch Ulipristalacetat zur Verfügung, der noch effektiver ist, aber auch in anderen Ländern nur nach vorheriger ärztlicher Beratung ausgegeben wird.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt, LNG aus der Rezeptpflicht zu entlassen, da das Hormonmittel ausreichend getestet sei und praktisch keine unerwünschten Nebenwirkungen entfalte. Ärzte argumentieren hingegen, die wichtige Beratung der Frauen in einer solchen Notlage könne nur von Medizinern so umfassend und vertraulich wie nötig geleistet werden.
Nach Ansicht des Berufsverbandes der Frauenärzte ist die Abgabe der Pille nicht unproblematisch, weil zum Beispiel ab einem Körpergewicht von 75 Kilogramm die Wirkung infrage gestellt sei. Von dieser Einschränkung seien rund ein Drittel der Frauen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren betroffen.
Wäre die Pille freigegeben, würden sich Frauen und Mädchen auf deren Wirksamkeit verlassen, was ungewollte Schwangerschaften und Abtreibungen zur Folge hätte. Überdies gebe es ausreichend Ärzte und Bereitschaftsärzte, um die nötige Beratung auch zeitnah sicherzustellen. In vielen Fällen sei die Verordnung der Pille beispielsweise gar nicht nötig.
Von guten Erfahrungen mit LNG berichtete in der Anhörung ein Vertreter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Es habe vor der Freigabe der Pille auch in Österreich kontroverse Debatten gegeben, nun sei jedoch eine „Erfolgsgeschichte“ daraus geworden, da sich alle Befürchtungen nicht bewahrheitet hätten.
So könne von einem sorglosen Umgang mit dem Hormonmittel nicht die Rede sein, auch Nebenwirkungen habe das Präparat nicht. Umfragen hätten zudem ergeben, dass in vielen Fällen Frauen aus festen Beziehungen die Pille nachfragten. Über die Beratungsqualität in Apotheken gebe es keine Beschwerden. (pk/17.09.2014)