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Berlin: (hib/HAU) Der Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Doping von 1950 bis heute“ kann möglicherweise doch wie geplant bis zum 31. März dieses Jahres fertiggestellt werden. In der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag zeigte sich Jürgen Fischer, Direktor des Bundesinstitutes für Sportwissenschaften (BISp) zuversichtlich, dieses Ziel erreichen zu können. Grundlage dafür sei, dass nun wieder „alle Beteiligten an einem Tisch sitzen“. Zuletzt war das von Forscherteams der Universität Münster sowie der Humboldt Universität (HU) Berlin gemeinsam durchgeführte Projekt in Schwierigkeiten geraten. Nach den erfolgreich abgeschlossenen Forschungen der ersten beiden Projektphasen, konnten die Berliner Wissenschaftler um den Historiker Giselher Spitzer seit März 2012 wegen fehlender Gelder nicht weiterforschen.
Konsequenz davon war, dass im November 2012 lediglich die Forscher der Universität Münster um den Sportwissenschaftler Michael Krüger Ergebnisse für den Zeitraum seit 1990 präsentieren konnten, die von weiten Teilen der Medien als enttäuschend bewertet wurden. Wie der Leiter der Forschungsabteilung der HU Berlin, Ingmar Schmidt, vor dem Sportausschuss mitteilte, habe man nun Professor Spitzer mit einem Werksvertrag ausgestattet, so dass dieser an dem Abschlussbericht mitarbeiten könne. Wieso es zu dem Abbruch der Forschungsarbeiten kam, konnte auch vor dem Ausschuss nicht eindeutig geklärt werden. BISp-Direktor Fischer, dessen Institut der Auftraggeber der Studie ist, sagte vor den Abgeordneten, er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass es möglich sei, weitere Forschungsgelder zur Verfügung zu stellen. Ein Antrag der HU Berlin sei ihm aber nicht zugegangen. HU-Forschungsleiter Schmidt sagte hingegen, man habe die befristeten Arbeitsverträge der Wissenschaftler nicht aufgrund von Zusagen „unter vier Augen“ verlängern können, sondern hätte „bindende Geldzusagen“ benötigt.
Aus Sicht des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), auf dessen Anregung hin die Studie in Auftrag gegeben wurde, hat es mehrere Gründe für die Probleme im Verlauf des Forschungsprojektes gegeben, wie DOSB-Generaldirektor Michael Vesper sagte. So sei die Verteilung der Aufgabe an zwei Teams nicht optimal gewesen. Es habe sich aber kein Team gefunden, das die beiden – unterschiedlich gelagerten - Forschungsaufträge aus einer Hand hätte übernehmen können. Zudem sei die Struktur an der HU problematisch gewesen. So habe nicht Professor Spitzer als Projektleiter agiert sondern Professor Hanno Strang, „den ich persönlich nie kennengelernt habe“, sagte Vesper. Außerdem seien durch die Berliner Forscher die „üblichen Verfahrensweisen“ in Frage gestellt worden. Das betreffe den Datenschutz, ebenso wie die interne Beratung von Zwischenergebnissen. Stattdessen seien diese in den Medien gelandet, kritisierte Vesper.
Die angesprochene Veröffentlichung sei weder in seinem Interesse noch von ihm autorisiert gewesen, entgegnete Giselher Spitzer. Zudem habe Professor Strang bis zu seinem Ausscheiden aus der HU Berlin die Arbeiten „intensiv begleitet“. Was den Datenschutz angeht, so habe es bei diesem Projekt deutlich höhere Anforderungen gegeben als bei der Studie zur Aufarbeitung des Dopings in der ehemaligen DDR, wo „ganz normale wissenschaftliche Regeln gegolten haben“, sagte Spitzer. „Das hat das Arbeiten nicht gerade einfacher gemacht.“ BISp-Direktor Fischer verteidigte die hohen Datenschutzanforderungen. Als Auftraggeber habe das BISp die Pflicht, den Datenschutz durchzusetzen. Man habe daher Kontakt zum Bundesdatenschutzbeauftragten aufgenommen, der die Regelungen positiv bewertet habe und deutlich gemacht habe, dass dies keinerlei Zensur gleich komme.
Sowohl Fischer als auch Spitzer erklärten, dass trotz aller Probleme von Chaos und Zerstrittenheit sowohl unter den Forscherteams als auch im Verhältnis zum BISp keine Rede sein könne. Auch Professor Krüger von der Universität Münster betonte, dass das Projekt keineswegs gescheitert sei. Insbesondere international würden die Forschungen mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Die Enttäuschung der Medien über die vorgelegten Ergebnisse, so Krüger, habe mit falschen Erwartungen zu tun. „Wir sollten eine historisch-soziologische Studie vorlegen. Und keine kriminalistische Studie über Einzelfälle“, sagte der Sportwissenschaftler.
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