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Berlin: (hib/HAU) Der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegte Gesetzentwurf „zur Klarstellung des assoziationsrechtlichen Rechtsstatus Staatsangehöriger der Türkei im Aufenthalts-, Beschäftigungserlaubnis und Beamtenrecht“ (17/12193) stößt bei Experten auf Ablehnung und Zustimmung gleichermaßen. Bei einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montagnachmittag wurde der Entwurf mit dem Ziel, „die sich aus dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei unmittelbar ergebenden Rechte“ explizit im deutschen Recht zu verankern, teils als sinnvoll begrüßt sowie auch als nicht zielführend abgelehnt.
Zu den Befürwortern des Gesetzentwurfes zählte Professor Jürgen Bast von der Radboud University Nijmegen. Ebenso wie der von der Linksfraktion zum gleichen Thema vorgelegte Antrag (17/7373) sei er „rechtspolitisch sinnvoll und geboten“, sagte Bast. Es gebe eine Diskrepanz zwischen den europarechtlichen Regelungen und dem deutschen Recht in dieser Frage. Diese Diskrepanz müsse bereinigt werden, machte er deutlich. Weite Teile der vorgeschlagenen Regelungen reagierten auf einen europarechtliche zwingenden Änderungsbedarf, indem sie Fehldeutungen des deutschen Gesetzgebers korrigieren und Fortentwicklungen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aufnehmen würden. Unterstützung erhielt Bast durch Klaus Dienelt, Richter am Verwaltungsgericht Darmstadt. Der Entwurf könne dazu beitragen, die Rechte türkischer Staatsangehöriger transparenter zu machen. „Viele kennen ihre Rechte gar nicht“, sagte Dienelt. Zudem würden diese sowohl von den Ausländerbehörden als auch den Sozialgerichten nicht angewendet. „Es muss sich etwas tun“, forderte der Verwaltungsrichter und kritisierte das Bundesinnenministerium (BMI), welches nichts unternommen habe, um die Anwendungshinweise zu aktualisieren.
Anders als seine Vorredner sah Professor Kay Hailbronner von der Universität Konstanz keine Verbesserung der Transparenz durch den Entwurf. Die assoziationsrechtlichen Vorschriften seien in ständiger Fortentwicklung begriffen, sagte Hailbronner und sprach von einem durch das EuGH geprägte „Richterrecht“. Es bringe daher nichts, einzelne Urteile in ein Gesetz einzubringen. Auch die von der Grünen-Fraktion festgestellte Pflicht zur Umsetzung der europarechtlichen Vorschriften konnte er nicht erkennen. Diese ergebe sich höchstens, wenn die nationalen Regelungen im Widerspruch zum EU-Recht stünden, was aber nicht gegeben sei. Dem stimmte der ebenfalls von der Universität Konstanz kommende Professor Daniel Thym zu. „Es handelt sich beim Assoziationsrecht nicht um eine Richtlinie, für die ein Umsetzungsgesetz erlassen werden müsste“, sagte er. Thym vertrat die Auffassung, dass der Bundestag politische Entscheidungen treffen und die Gesetzesauslegung vorrangig den Gerichten überantworten sollte.
Es sei nicht sinnvoll, jedes Urteil in ein Gesetz zu überführen, da es auf europäischer Ebene „hin und her geht“, sagte auch Hans-Eckhard Sommer vom Bayrischen Staatsministerium des Innern. Der Entwurf bringe „keinen sachlichen Fortschritt für die Anwendung des Assoziationsrechts“. Stattdessen, so Sommer, müsse der Bund die Anwendungshinweise überarbeiten, was derzeit auch geschehe. Der Vertreter Bayerns machte zudem deutlich, dass die über die Vorgaben des EuGH hinausgehende Privilegierung türkischer Staatsangehöriger gegenüber anderen Ausländern „in der Sache kaum zu begründen und politisch fragwürdig ist“.
Der in Hamburg arbeitende Rechtsanwalt Ünal Zeran zeigte sich erstaunt über die Ansicht, dass es keinen Regelungsbedarf gebe. Die fehlende Transparenz führe zu einer Entrechtung der Betroffenen, sagte er. Auch der Verweis auf das sich ständig anders entwickelnde „Richterrecht“ überzeugte Zeran nicht. Das sei auch in vielen anderen Rechtsbereichen der Fall, ohne dass sich der Gesetzgeber davon abhalten lasse, dort zu regeln. Seiner Einschätzung nach gebe es vielmehr einen „Unwillen“, eine EuGH-Rechtsprechung anzuerkennen, wenn diese über die deutsche Handhabung hinausgeht.
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