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Berlin: (hib/KOS) Eine unabhängige Kommission aus Historikern und Strafrechtlern soll unter Einbeziehung des Justizministeriums das Strafgesetzbuch auf Formulierungen aus der NS-Zeit durchforsten und bis Ende 2015 konkrete Vorschläge für eine Bereinigung der entsprechenden Paragraphen unterbreiten. In einem Antrag der Fraktion Die Linke (18/865) heißt es, bestimmte Gesinnungen von Tätern dürften nicht mehr als Grund für eine Strafverfolgung herhalten, stattdessen müssten die Taten als solche beurteilt werden. Die Fraktion begrüßt zwar die Absicht von Justizminister Heiko Maas (SPD), eine Expertenkommission zu berufen, die eine entsprechende Überarbeitung der Paragraphen 211 und 212 prüfen soll, die Mord und Totschlag zum Thema haben. Dieser Auftrag greife aber zu kurz, es müsse vielmehr beim gesamten Strafgesetzbuch untersucht werden, wo sich noch Formulierungen aus der NS-Zeit finden.
„Das heutige Strafrecht ist nicht nationalsozialistisch“, betont der Antrag. Allerdings habe man nach 1945 nicht auf die Gesetzeslage von vor 1933 zurückgegriffen, sondern habe sämtliche während der NS-Zeit vorgenommenen Änderungen akzeptiert, sofern sie nicht im einzelnen beispielsweise als rassistisch oder völkisch aufgehoben worden seien. Zwar seien „Gesinnungsmerkmale“ im Lauf der Zeit zum Teil bereits aus dem Strafrecht getilgt worden, zum Teil seien sie aber noch vorhanden, kritisiert die Linksfraktion. Die Folge sei, dass manche Paragraphen nach wie vor Gesinnungen und angeblich typische Verhaltensweisen von Tätern und nicht die Tat selbst unter Strafe stellten. So werde bei Mord etwa auf „niedrige Beweggründe“, „Mordlust“, „Habgier“ oder „Heimtücke“ abgehoben. Auch bei anderen Straftatbeständen spiele die Gesinnung der Täter eine Rolle, wird im Antrag ausgeführt – so
sei bei der Misshandlung von Schutzbefohlenen von „böswillig“ und „roh“ oder bei schwerer Körperverletzung von „hinterlistig“ die Rede.
Die Fraktion bezeichnet es als mit dem in Deutschland geltenden Tatstrafrecht unvereinbar, „wenn bei einzelnen Delikten auf die Täterpersönlichkeit und nicht auf die Straftat abgestellt wird“. Der Antrag verweist auf die schleswig-holsteinische Justizministerin Anke Spoorendonk (Südschleswigscher Wählerverband, SSW), die im Herbst 2013 den Anstoß für die jetzt zur Debatte stehende Überarbeitung des Strafgesetzbuchs gegeben hatte. Aus Sicht der Kieler Politikerin ist im Blick auf die Mordparagraphen 211 und 212 das „Ungewöhnliche“ an den Formulierungen aus der NS-Zeit der „Hinweis auf einen vermeintlichen Tätertyp des Mörders … Nach nationalsozialistischer Lesart war ein Mörder schon als solcher geboren und er offenbarte sich sozusagen durch die Tat.“
Aus Sicht der Linken stellt die Orientierung an der Gesinnung von Tätern auch deshalb ein Problem dar, weil moralisch-sittliche Wertungen seitens der Richter zur Grundlage von Verurteilungen werden könnten.
Der Deutsche Anwaltsverein hatte die Initiative aus Schleswig-Holstein begrüßt und ebenfalls für eine Reform der Paragraphen 211 und 212 im Strafgesetzbuch plädiert.
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