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Berlin: (hib/AW) Die Rechtswissenschaftler Karl-Eberhard Hain und Christian von Coelln von der Universität Köln haben die zeitliche Vorgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts über den ZDF-Staatsvertrag als „sehr ambitioniert“ bezeichnet. Die Auflage, bis zum Sommer nächsten Jahres einen neuen Staatsvertrag zwischen den 16 Bundesländern auszuhandeln, sei ungewöhnlich knapp bemessen, befanden die beiden Experten am Mittwoch Nachmittag vor dem Kultur- und Medienausschuss. Dieser hatte Hain und von Coelln geladen, um sich über die Auswirkungen des Karlsruher Richterspruch informieren zu lassen. Es sei zudem „rigide“, wenn das Gericht mit einer Vollstreckung des Urteils drohe, wenn diese Vorgabe nicht eingehalten werde, sagte von Coelln. Karl-Eberhard Hain hatte die Länder Hamburg und Rheinland-Pfalz, die gegen den Staatsvertrag einen Normenkontrollantrag gestellt hatten, beraten. Christian von Coelln hatte hingegen Sachsen, Bayern, Hessen und das Saarland als Prozessbevollmächtigter vor dem Verfassungsgericht vertreten.
Einig waren sich die beiden Experten in der Bewertung des Urteils. Dieses habe die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jetzt auch höchstrichterlich bestätigt. Das ZDF-Urteil müsse auch auf die ARD übertragen werde. Hain und von Coelln verwiesen zudem übereinstimmend darauf, dass das Urteil die Politik vor eine schwierige Aufgabe stelle. Die Vorgabe, dass die Fernsehgremien nur noch bis zu einem Drittel mit Staatsvertretern und staatsnahen Vertretern besetzt werden dürfen, werfe die Frage nach dem konkreten Personenkreis auf. Letztlich seien Regierungsvertreter ebenso davon betroffen wie gewählte Parlamentarier und Funktionsträger der Parteien ab Bezirksebene. Bei Vertretern der CDU/CSU-Fraktion brachte dies Unmut auf. Es müsse doch ein Unterschied zwischen gewählten Volksvertretern und Regierungsmitgliedern bestehen. Hain und Coelln waren sich hingegen einig in der Einschätzung, dass das Urteil an dieser Stelle keinen Unterschied macht.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte das Urteil ausdrücklich als „gut“. Es ermögliche dem ZDF, die durch die „Causa Brender“ verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Aus der SPD-Fraktion wurde angemahnt, dass das Urteil nicht dazu dienen dürfe, Politikern allgemein ein Negativ-Image auszustellen. Allerdings wäre eine Änderung der Gremienbesetzung ohne Urteil aus Karlsruhe besser gewesen. Hessens damaliger Ministerpräsident Roland Koch (CDU), Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat, hatte im Jahr 2009 seine Ablehnung für eine Vertragsverlängerung von Chefredakteur Nikolaus Brender vorab öffentlich erklärt. Dies war der Auslöser für die Normenkontrollklage gewesen.
Das Karlsruher Urteil biete der Politik aber auch Gestaltungsspielraum, führten Hain und von Coelln aus. Bei der Umsetzung der Vorgabe, dass alle relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen und auch Minderheiten in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertreten sein müssen, habe die Politik gewisse Freiheiten. Klar sei, dass die „Zeit der Erbhöfe“ in den Gremien abgelaufen sei. Zudem stelle sich durch das Urteil verstärkt die Frage, ob neben den christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften in Zukunft nicht auch die islamischen vertreten sein müssen, sagte Hain.
Auswirkungen auf die Deutsche Welle, für das im Gegensatz zu den übrigen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten der Bund verantwortlich ist, werden hingegen von den Experten nicht gesehen. Das Deutsche-Welle-Gesetz entspreche schon jetzt weitestgehend den Vorgaben des Urteils, befand von Coelln. Kultur-Staatsministerin Monika Grütters (CDU) verwies vor dem Ausschuss darauf, dass die Politik im Fall des deutschen Auslandssenders in jedem Fall seiner Kontrollaufsicht auch personell nachkommen müssen, weil dieser aus Steuergeldern und nicht aus den Rundfunkgebühren finanziert werde.
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