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Berlin: (hib/HLE) Mehrere Sachverständige haben die Absicht der Bundesregierung begrüßt, die Steuerfreiheit der Auszahlungen nach einem Verkauf von Lebensversicherungen bei Eintritt des Versicherungsfalls aufzuheben.
So nannte Professor Frank Hechtner (Freie Universität Berlin) am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses die geplante Regelung sachgerecht. Es handele sich um eine „ökonomisch nicht mehr gerechtfertigte Steuerbegünstigung“. Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als „nachvollziehbar“. Diese und andere Änderungen sind in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/1529) enthalten, der Grundlage der öffentlichen Anhörung war.
Die Bundesregierung begründet die Aufhebung der Steuerfreiheit damit, dass Kapital- und Rentenversicherungen der Absicherung wirtschaftlicher Risiken dienen, die aus der Ungewissheit und Unberechenbarkeit des menschlichen Lebens erwachsen würden. Bisher sei die ausbezahlte Versicherungssumme bei Eintritt des versicherten Risikos (Todesfall) nicht steuerpflichtig. Steuerpflichtig sei die Versicherungsleistung im Erlebnisfall. Durch den Verkauf einer Lebensversicherung verliere die Versicherung jedoch den Zweck der Risikovorsorge bei Eintritt des Versicherungsfalls. „Denn für den Erwerber einer gebrauchten Lebensversicherung ist die Absicherung des versicherten Risikos nicht von Bedeutung“, heißt es. Es gebe inzwischen regelrechte Anlagemodelle bei gekauften Lebensversicherungen. „Diese Anlagemodelle zeigen, dass beim entgeltlichen Erwerb gebrauchter Versicherungen die Grundlage für den steuerfreien Bezug der Versicherungssumme entfällt, da für den Erwerber ausschließlich die Renditeerwartungen aus der Kapitalanlage relevant sind.“
Diese Änderung bei verkauften Lebensversicherungen wurde von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft als Schließung einer Besteuerungslücke ausdrücklich begrüßt. Auch Hechtner nannte in seiner Stellungnahme die Befreiung von der Besteuerung „systemwidrig“. Änderungen an dem Entwurf verlangte Jürgen Brandt, der Präsident des Finanzgerichtstages. Er wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass Angehörige sich veranlasst sehen könnten, eine Versicherung zu übernehmen, um die Risikovorsorge des Versicherten aufrecht zu erhalten. Diese Fälle sollten nicht von der Steuerpflicht erfasst werden. Ähnlich argumentierte die Versicherungswirtschaft und verwies auf Fälle der vorweggenommenen Erbfolge sowie Scheidungsfolgenregelungen, die von der Neuregelung negativ betroffen sein könnten. Darauf wiesen auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft hin.
Die von den Koalitionsfraktionen per Änderungsantrag noch geplante Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hörbücher von 19 auf sieben Prozent missfiel der Deutschen Steuergewerkschaft, die sich für einen einheitliche Umsatzsteuersatz aussprach und sich strikt dagegen wandte, neue Sachverhalte in den ermäßigten Steuersatz hineinzunehmen. Es gebe Abgrenzungsprobleme zum Beispiel bei Downloads. Diese Abgrenzungsprobleme sah auch die Bundessteuerberaterkammer. Angesichts unterschiedlicher Regelungen in den EU-Ländern drohten zudem Wettbewerbsverzerrungen. Für Hechtner war „nicht erkennbar, welche positiven ökonomischen Maßnahmen sich aus einer solchen Maßnahme ergeben sollen“.
Unterschiedliche Auffassungen gab es zu einer Neureglung, die die Finanzämter verpflichtet, den Steuerberaterkammern in bestimmten Fällen Informationen über Bußgeldverfahren wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen zu geben. Während die Steuerberaterkammer ihr „berechtigtes Interesse“ an diesen Informationen darlegte, warnte der Verband der Bilanzbuchhalter und Controller vor einer „Instrumentalisierung der Finanzbehörden für wettbewerbsrechtliche Belange“.
Mehrere Sachverständige befassten sich auch mit der Steuerschuld bei Bauleistungen, die in bestimmten Fällen auf den Leistungsempfänger übergeht (Reverse-Charge-Verfahren). Ein Urteil des Bundesfinanzhofes hatte für Verunsicherung in der Bauwirtschaft gesorgt, so dass der Gesetzgeber jetzt Klarheit schaffen will. Der Zentralverband des deutschen Handwerks sah „Handlungsbedarf so zeitnah wie möglich“.
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