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Berlin: (hib/CHE) Der Mindestlohn von 8,50 Euro soll ein Jahr früher als ursprünglich geplant angehoben werden. Das sieht die geänderte Fassung des Tarifautonomiestärkungsgesetzes (18/1558, 18(11)183) der Bundesregierung vor, das der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Mittwochmittag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen hat. Die Linke enthielt sich. Am morgigen Donnerstag berät der Bundestag in abschließender Lesung über den Entwurf.
Das Tarifpaket sieht vor, erstmals in Deutschland einen flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro ab 2015 einzuführen. Tarifverträge mit einem niedrigeren Brutto-Stundenlohn sollen in einer Übergangsphase jedoch bis Ende 2016 gültig bleiben können, so dass der Mindestlohn erst ab 2017 voll greift. Über die geplanten Ausnahmeregelungen und andere Detailfragen wie die Arbeit der Mindestlohnkommission hatte es jedoch bis zuletzt Diskussionen gegeben. Erst am Montag fand dazu eine Expertenanhörung im Bundestag statt.
Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sieht nun vor, dass die Mindestlohnkommission nicht jährlich, sondern alle zwei Jahre über eine Anpassung des Mindestlohns, orientiert an der nachlaufenden Tarifentwicklung, entscheidet. Der Zeitpunkt der erstmaligen Erhöhung des Mindestlohns wird jedoch von 2018 auf 2017 vorverlegt. Neu sind auch separate Übergangslösungen für die Zeitungsbranche: So sollen Zeitungszusteller ab nächsten Jahr einen Anspruch auf 75 Prozent, ab 2016 auf 85 Prozent und ab 2017 dann auf 8,50 Euro pro Stunde haben. Für alle anderen Branchen sind Übergangslösungen nur aufgrund von Tarifverträgen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz möglich. Geändert wurden außerdem die Ausnahmeregeln für Praktikanten: Zwar sind verpflichtende Praktika im Rahmen einer Ausbildung weiter grundsätzlich vom Mindestlohn ausgenommen. Bei Orientierungspraktika vor oder während einer Ausbildung gilt jedoch, dass erst nach drei Monaten und nicht wie bisher nach sechs Wochen der Mindestlohn gezahlt werden muss. Neu definiert wird darüber hinaus die geringfügige, sozialversicherungsfreie Beschäftigung im Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Demnach liegt diese nun vor, wenn „die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt“. Bisher waren dies zwei Monate beziehungsweise 50 Arbeitstage. Kost und Logis von Saisonarbeitern können auf den Mindestlohn angerechnet werden. Laut Änderungsantrag soll diese Regelungen möglichen „Problemen bei der Saisonarbeit durch Einführung des Mindestlohns Rechnung tragen“.
Einig waren sich in der Sitzung alle Fraktionen darin, dass es sich um eine mit „historischer Dimension“ handelt. Die Unionsfraktion sprach gar von einer „Operation am offenen Herzen“, um die Dimension der Beschlüsse zu charakterisieren. Sie trügen zweifellos die Züge eines „großen Kompromisses“ und seien keineswegs eine Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft sondern deren Erweiterung, hieß es von CDU/CSU. Die SPD-Fraktion betonte, mit dem Gesetz werde nicht nur eine „untere Haltelinie“ gezogen, sondern die Tarifautonomie insgesamt gestärkt. Die Linke bezeichnete die Ausnahmeregelungen für Unter-18-Jährige als „Altersdiskriminierung“ und für Langzeitarbeitslose als „entwürdigend“. Die Grünen fragten, wie man angesichts der Ausnahmen von einem flächendeckenden Mindestlohn reden könne. In keinem anderen Land mit Mindestlöhnen gebe es eine solche Benachteiligung von Langzeitarbeitslosen und Jugendlichen, hieß es aus der Fraktion.
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