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Berlin: (hib/HAU) Der Multi-Stakeholder-Prozess im Bereich Internet Governance muss weiter gestärkt werden. In dieser Einschätzung herrschte unter den zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda geladenen Experten am Mittwochnachmittag Einigkeit. Staatliche Akteure, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft sollten auch künftig in international zusammengesetzten Foren gemeinschaftlich über die Verwaltung und Regulierung des Internets entscheiden, urteilten die Experten. Zugleich sprachen sie sich für eine stärkere Beteiligung deutscher Vertreter in den Gremien aus.
Parlament und Regierung müssten sich in stärkerem Umfang in Gremien beteiligen, die schlussendlich international verbindliche Richtlinien verabschieden würden, sagte Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft (eco). „Die anderen Stakeholder stehen bereit“, fügte er hinzu. Nur wenn Deutschland adäquat vertreten sei, könne auch Einfluss ausgeübt werden. Ähnlich bewertete dies Wolfgang Kleinwächter, Mitglied des ICANN, jener Institution, die unter anderem das zentrale Verwaltungsorgan zur Vergabe von Internetadressen darstellt. Aus seiner Sicht spielt in Deutschland die Diskussion über Internet Governance fast keine Rolle und wird nur in Expertengremien geführt. Empfehlenswert, so Kleinwächter, sei daher die Schaffung einer nationalen Internet Governance Plattform nach dem Vorbild des Multi-Stakeholder-Modells. „Ein handverlesener ministerieller Beirat reicht nicht“, sagte er.
Das Multi-Stakeholder-Modell müsse erweitert werden, fand der Europarechtler Rolf H. Weber von der Universität Zürich. Wenn aber die „Nutzer“ in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden sollten, stellten sich rechtlich neue Fragen. „Nicht nur in Bezug auf Transparenz sondern auch in Bezug auf die Legitimität, damit die ,Rechtsunterworfenen auch Vertrauen erringen können.“ Schwierig sie dies vor allem, weil sich die Zivilgesellschaft aus ganz verschiedenen Gruppen zusammensetzen würde, die teils auch unterschiedliche Interessen hätten.
Mit Blick auf den NSA-Überwachungsskandal machte Dirk Krischenowski von der deutschen Abteilung der Internet Society deutlich, dass dies nicht mit mangelnder Internet Governance zu tun habe. „Es betrifft die Infrastruktur und damit Bereiche, auf die die Staaten eine weitgehende Kontrolle haben“, sagte er. Angesichts dessen sei auch das angedachte Schengen-Routing verfehlt. Wolle man mehr Datensicherheit, müsse man für eine End-to-End-Verschlüsselung sorgen, forderte er. Eco-Chef Rotert hält die Umsetzung eines Schengen-Routings, bei dem ausschließlich europäische Datenleitungen genutzt werden sollen, zwar technisch für möglich. „Die Frage ist, wer das bezahlen soll“, sagte er. Und auch ICANN-Mitglied Kleinwächter vertrat die Ansicht, dass das Netz nicht daran schuld sei, dass spioniert werde. „Wenn man gegen Überwachung vorgehen will, ist das Netz der falsche Ansatz“, betonte er.
Dirk Brengelmann, Sonderbeauftragter des Auswärtigen Amtes für Cyber-Außenpolitik, machte deutlich, dass die Bundesregierung mit deutlich größerem Interessen an der Debatte teilnehme, als es früher der Fall gewesen sei. Dies geschehe in Zusammenarbeit zwischen dem Auswärtigen Amt und dem für den Internetausbau zuständigen Wirtschaftsministerium. Auf die Diskussion über ein Völkerrecht des Netzes eingehend sagte Brengelmann, man rechne hier nicht mit einem „Big Bang“. Vielmehr sie das ein längerer Prozess. Im Übrigen gelte das Völkerrecht auch im Cyberspace. Wolfgang Kleinwächter äußerte sich skeptisch zu der Idee eines Völkerrecht des Netzes. Es bestehe zu einem das Risiko, dass das bestehende Völkerrecht verwässert werde. Zum anderen könne so das Mulit-Stakeholder-Modell unterlaufen werden.
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