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Die Mängel bei Ausrüstung und Material in der Bundeswehr einerseits und das Vorhaben von Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen, die Attraktivität des Soldatenberufs zu steigern, haben am Donnerstag, 25. September 2014, die abschließende Debatte des Bundestages zum Jahresbericht 2013 (18/300) des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus dominiert. 5.095 Soldatinnen und Soldaten hatten sich im vergangenen Jahr mit ihren Anliegen an den Wehrbeauftragten gewandt.
Christine Buchholz von der Linksfraktion erkannte dabei nicht nur Defizite beim Material der Bundeswehr, sondern auch bei der Fürsorgepflicht für die Soldaten. So seien für die in Mali stationierten Soldaten trotz dortiger Malariagefahr Moskitonetze erst mit Verspätung geliefert worden. Den Vorschlag des Wehrbeauftragten, das Vorhandensein von Kindern unter drei Jahren zum "Einsatzhinderungsgrund" für Soldatinnen und Soldaten zu erklären, habe das Ministerium damit beschieden, dass dies "nicht notwendig" sei.
"Viele Maßnahmen sind vor allem Fassade", urteilte die verteidigungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. An Zynismus grenze der Umgang mit einsatzbedingten psychischen Erkrankungen in der Truppe. Die Ministerin wolle auch psychisch bereits vorbelastete Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätze schicken. Buchholz riet zu einem Kurswechsel: Da immer mehr Auslandseinsätze die Kapazitäten der Bundeswehr überdehnt hätten, sollten die Auslandseinsätze beendet werden.
Heidtrud Henn (SPD) sagte unter dem Eindruck der am 24. September im Bundestag eröffneten Ausstellung "Operation Heimkehr" mit Fotos und Biografien von 74 von Auslandseinsätzen zurückgekehrten Soldatinnen und Soldaten, sie wünsche sich eine andere, objektive Berichterstattung über die Zustände in der Bundeswehr. "Wir können es nicht zulassen, dass jedes Jahr Millionen zurückgegeben werden", sagte sie mit Blick auf nicht ausgegebene Haushaltsmittel des Verteidigungsministeriums.
Henn setzt auf das Attraktivitätsprogramm der Ministerin, damit die Zahl der Eingaben beim Wehrbeauftragten zurückgehen kann. Bundeswehr und Sicherheitspolitik dürften als Thema nicht einer kleinen Elite überlassen bleiben. Man müsse darüber reden, was die Bundeswehr leisten könne und solle. Die 3.470 Soldatinnen und Soldaten, die sich derzeit in Einsätzen befinden, verdienten die Anerkennung und den Einsatz der Abgeordneten, damit sie ihre Arbeit gut und sicher erledigen könnten, sagte Henn.
Doris Wagner (Bündnis 90/DieGrünen) führte einen großen Teil der "Missstände" in der Bundeswehr auf den Personalmangel zurück. Im Streit um das angekündigte Artikelgesetz zur Attraktivitätssteigerung, auf das sich die Koalition im Koalitionsvertrag verständigt habe, verhedderten sich die Ministerien, sagte die Grünen-Abgeordnete. Manche Soldaten heuerten im Urlaub bei privaten Sicherheitsfirmen an, um ihr Gehalt aufzubessern: "Das darf doch nicht wahr sein", fand Wagner.
Sie empfahl der Ministerin, über eine Erhöhung der Stellenzulage für alle Bundeswehrangehörigen nachzudenken. Auch über Versorgungsanwartschaften oder eine betriebliche Rentenabsicherung hätte man aus ihrer Sicht nachdenken können. Das Gesetz werde nicht der große Wurf, den die Ministerin versprochen habe.
"Eine gute Ausrüstung ist auch eine sicherheitspolitische Notwendigkeit", stelle der CSU-Abgeordneten Dr. Reinhard Brandl klar. Er erinnerte an die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Krisen in der Welt und daran, dass die Bundeswehr schon reduziert worden sei. Dass die Ausrüstung funktioniere, sei aber unerlässlich. Die Soldatinnen und Soldaten seien "hervorragende Botschafter unseres Landes", auch im Ausland, stellte der Abgeordnete aus Ingolstadt fest. "Wir wollen eine gut ausgerüstete Bundeswehr, die jederzeit einsatzbereit ist. Dafür kämpft der Wehrbeauftragte, dafür kämpfen wir!"
Seine CDU-Fraktionskollegin Anita Schäfer unterstrich, dass das Parlament die Soldaten nicht ohne verlässliche Ausrüstung in die Einsätze schicken könne. Und ohne einen attraktiven Dienst "können wir sie nicht in der Truppe halten". Ein großer Schritt sei es, die Häufigkeit von Versetzungen zu reduzieren. Ab 2016 würden Versetzungen nur noch zweimal jährlich, zum Jahresbeginn und zu den Sommerferien, vorgenommen.
Zuvor hatte der Wehrbeauftragte festgestellt, dass die Bundeswehr in weiten Bereichen in einem beklagenswerten Zustand sei. Das gelte sowohl für die militärischen Großgeräte als auch für die Infrastruktur, besonders die bauliche Infrastruktur. Die Technikpannen und -defizite in der Ausrüstung belegten die Richtigkeit seiner damaligen Hinweise, die das Ministerium als "maßlose Übertreibung" zurückgewiesen habe.
Beispielsweise habe sich der durchschnittliche Instandhaltungsaufwand für eine Flugstunde bei den Marinefliegern von 50 auf 120 Stunden erhöhte. Königshaus wertete dies als "nicht hinnehmbare Überlastung für das vorhandene Personal". Königshaus wies ferner auf die bis an die Grenze gehende Einsatzbelastung von Personal mit Schlüsselqualifikationen hin. Viele Soldatinnen und Soldaten seien seit Langem mehr als 250 Tage pro Jahr einsatzbedingt von zu Hause abwesend. "Das ist langfristig unzumutbar, das ist für die Zukunft unzumutbar", urteilte der Wehrbeauftragte.
Der Bundestag nahm auf Empfehlung des Verteidigungsausschusses (18/1917) bei Enthaltung der Linksfraktion eine Entschließung zum Wehrbericht an. Damit werden die Empfehlungen des Wehrbeauftragten der Bundesregierung zur Prüfung, Erwägung und Beachtung zur Kenntnis gegeben.
Die Regierung wird gebeten, den Jahresbericht, die Stellungnahme des Verteidigungsministeriums dazu und die Beratungsergebnisse im Bundestag der Truppe zugänglich zu machen. Der Bundestag dankt zugleich dem Wehrbeauftragten und seinem Team für die 2013 geleistete Arbeit. (vom/25.09.2014)