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Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) will bei zukünftigen Rüstungsprojekten nicht mehr zwangsläufig auf Produkte der deutschen Rüstungsindustrie zurückgreifen. Dies kündigte sie am Mittwoch, 8. Oktober 2014, in einer Aktuellen Stunde des Bundestages zu den Ergebnissen einer Studie über neun große Rüstungsvorhaben der Bundeswehr an. Die Studie hatte sie bei der Unternehmensberatung KPMG in Auftrag gegeben. Sie war ihr am 6. Oktober übergeben worden.
Ministerin von der Leyen nannte die rund 1.500 Seiten starke Studie „schonungslos“, aber „notwendig“. Es gebe einen Stau bei der Beschaffung von Großgerät, das zu spät und überteuert geliefert werde. Zudem „knirscht es bei Wartung, Instandhaltung und Ersatzteilen“, räumte sie ein. Diese Probleme seien zwar alle „nicht neu“, kämen jetzt „aber geballt“ auf die Truppe zu.
Um die großen Probleme beim Lufttransport in den Griff zu bekommen, habe sie zwei Task Forces für die Flugzeug- und Hubschrauberflotte eingesetzt. Zugleich kündigte sie an, dass vorerst „bewährtes, aber betagtes“ Gerät länger genutzt werden müsse. Im Ministerium und in der Bundeswehr müsse zudem eine neue „Fehlerkultur“ etabliert werden. Es dürfe nicht sein, dass Meldungen über Probleme die Führung des Hauses nicht erreichen.
Unter Berufung auf den Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und CSU forderte die Ministerin, für die Bundeswehr dürfe nur das Gerät angeschafft werden, „was sie benötigt und nicht, was ihr angeboten wird“. Von der Leyen argumentierte, Beschaffungsaufträge an die deutsche Rüstungsindustrie müssten sich auf deren Kernkompetenzen konzentrieren.
Dazu gehörten unter anderem die Bereiche Verschlüsselungs-, Führungs- und Aufklärungstechnologie. Darüber müsse aber ein ressortübergreifender Konsens in der Regierung hergestellt werden, sagte sie mit Blick auf das Wirtschaftsministerium.
Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen kritisierten, dass bei den Beschaffungen zu sehr die Interessen der Industrie berücksichtigt würden.
Der verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Christine Buchholz und ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Wolfgang Gehrcke sprachen in diesem Zusammenhang „vom Filz zwischen Industrie und Militär“. Gehrcke forderte zudem, die Bundeswehr nicht weiter aufzurüsten, sondern abzurüsten. „Wir wollen Sicherheit durch Abrüstung“, sagte er.
Die Verschwendung von Steuergeldern bei den Beschaffungen sei „nicht nur ein Ausdruck von Inkompetenz“, sagte Grünen-Fraktionschef Dr. Anton Hofreiter, sondern auch dem zu geringen Abstand zwischen Industrie und Bundeswehr geschuldet.
Hofreiter griff in der Debatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf an. Während Verteidigungsminister in den vergangenen Jahren ständig gekommen und gegangen seien, trage die Kanzlerin letztlich die Verantwortung für die Versäumnisse der Vergangenheit. Rund 40 Milliarden Euro seien seit ihrem Amtsantritt in Rüstungsprojekte geflossen. Und trotzdem könne die Bundeswehr ihren internationalen Verpflichtungen nicht nachkommen.
Vertreter der Koalitionsfraktionen stellten sich vor die Verteidigungsministerin. „Frau Ministerin, Sie haben die Probleme nicht verursacht“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold. Die Industrie habe „nicht verlässlich gearbeitet und geliefert“. Zudem seien die Strukturen im Ministerium den komplexen Beschaffungsprozessen nicht gewachsen. Es sei die Aufgabe der Ministerin, dies zu ändern.
Allerdings erhob Arnold Vorwürfe gegen von der Leyens Amtsvorgänger Thomas de Maizère (CDU). Er habe mit seiner Politik die Probleme in der Truppe noch verschärft. Die Kritiker an Rüstungsprojekten seien im Ministerium als „Störenfriede“ abgeschoben worden.
Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, forderte, dass die Bundeswehr gemäß der sicherheitspolitischen Lage ausgerüstet werden müsse. „Und die sicherheitspolitische Lage ist angespannt“, sagte er. Otte begrüßte es ausdrücklich, dass die Ministerin die Probleme im Beschaffungswesen angehe. Vor allem bei der Vertragsgestaltung bei den Rüstungsprojekten müsse das Ministerium „sattelfest“ werden.
Otte wies die Kritik der Grünen an Kanzlerin Merkel zurück. Er verwies darauf, dass die Grünen mit dem damaligen Außenminister Joschka Fischer an der Entsendung der Bundeswehr in den Afghanistan-Einsatz beteiligt gewesen sein. Dann müsse die Truppe aber auch mit dem benötigten Material ausgestattet werden. (aw/08.10.2014)