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Berlin: (hib/KOS) „Mir kamen damals viele Dinge sehr merkwürdig vor“: Mit diesen Worten kritisierte Jürgen Dressler das Verhalten des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) gegenüber dem Landeskriminalamt (LKA) bei der Suche nach den „Bombenbastlern“, die Anfang 1998 in Jena untertauchten und dann später zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) wurden. Zum Auftakt der Zeugenvernehmungen am Freitag beklagte sich der einstige Leiter der Ermittlungsgruppe Terrorismus/Extremismus beim LKA vor dem Untersuchungsausschuss besonders über die Geheimhaltungspolitik des Geheimdiensts, der auf diese Weise die Arbeit der Polizei verzögert und behindert habe. Dieses Vorgehen des LfV habe sich eingereiht in „viele wundersame Ereignisse“.
Dressler rief in Erinnerung, dass nach dem Fund von drei Bombenattrappen Ende 1997, unter denen sich eine mit Sprengstoff befand, der Verdacht vor allem auf Uwe Böhnhardt fiel, der später mit Uwe Mundlos und Beate Zschäpe den NSU bildete. Da das LKA statt der erwünschten vierwöchigen Observation Böhnhardts mangels personeller Kapazitäten nur eine dreitägige Beobachtung habe bewerkstelligen können, habe diese Aufgabe auf seine Initiative hin im November 1997 der Geheimdienst übernommen.
Es habe ihn „sehr erstaunt“, sagte Dressler, dass ihn das LfV schon nach zwei Wochen telefonisch unterrichtete, als Ort zum Bombenbau kämen möglicherweise drei von Böhnhardt und Zschäpe angemietete Garagen in Jena in Betracht. Nach Dresslers Angaben blieb unklar, wie sich der Geheimdienst in so kurzer Zeit diese Information beschaffen konnte, und dies anscheinend ohne personelle Observation. Da er einen Antrag auf Durchsuchung der Garagen gegenüber der Staatsanwaltschaft habe begründen müssen, habe er nach mehrmaligem Nachhaken vom LfV im Januar 1998 schließlich eine schriftliche Auskunft erhalten, die jedoch als geheim eingestuft und deshalb gegenüber der Staatsanwaltschaft nicht verwendbar gewesen sei. Auch in einem persönlichen Gespräch habe LfV-Vizechef Peter Jörg Nocken auf Geheimhaltung bestanden, kritisierte Dressler. Er habe den Antrag auf Durchsuchung, in deren von der Polizei schlecht organisiertem Verlauf Böhnhardt verschwinden und dann mit Mundlos und Zschäpe abtauchen konnte, dann „anders verpackt“. Unions-Obmann Clemens Binninger äußerte die Vermutung, der Nachrichtendienst könne den Hinweis auf die Garagen von einem V-Mann erhalten haben, was das Geheimhaltungsinteresse erklären könne.
Zu den „Merkwürdigkeiten“ zählte Dressler auch, dass bei der Suche nach der untergetauchten Gruppe Informationen des LfV oft sehr spät zum LKA gelangt seien und dass der Geheimdienst offenbar parallel zur Polizei tätig gewesen sei. Zudem habe ihm der mit der Suche nach dem Trio beauftragte Zielfahnder Sven Wunderlich mitgeteilt, dass der Vater von Mundlos davon ausgehe, einer aus dieser Zelle sei eine Quelle des LfV. Wunderlich habe sich auch beklagt, im Zusammenhang mit geplanten Zugriffen auf die Gruppe komme er immer zu spät. Überdies habe LKA-Präsident Egon Luthardt zu Wunderlich gesagt, er werde das Trio niemals finden, da es unter staatlichem Schutz stehe, erklärte Dressler.
Mehrere Abgeordnete kritisierten, dass eine bei der Durchsuchung der Garagen entdeckte Liste mit zahlreichen Kontaktadressen aus der rechtsextremen Szene, die Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zum Abtauchen hätten nutzen können, Ende der 1990er Jahre nie bei der LKA-Zielfahndung angekommen sei, für die diese Liste ein hervorragendes Instrument gewesen wäre. „Ich habe dafür keine Erklärung“, gab Dressler an, er könne sich an diesen Vorgang nicht mehr erinnern. Er wollte indes nicht ausschließen, die Liste vielleicht deswegen nicht an Wunderlich übermittelt zu haben, weil nach Meinung zweier Beamter des Bundeskriminalamts diese Adressen als Beweismittel im Rahmen der gegen das Jenaer Trio laufenden Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bombenbau ohne Bedeutung seien. Aber auch aus Sicht des Zeugen wäre die Liste für die Fahndung nach der Gruppe natürlich von Belang gewesen.
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