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Berlin: (hib/SUK) Möglichkeit und Wünschbarkeit der Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung werden von Experten höchst unterschiedlich bewertet. Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch, 5. Juni 2013, deutlich.
Grundlage der Diskussion war ein Antrag der Linksfraktion (17/7197) zur solidarischen Finanzierung von Gesundheit und Pflege. Nach dem Willen der Parlamentarier sollen dabei alle Menschen, die in Deutschland leben, Mitglied der „solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung“ werden und nach ihrer „individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit“ in diese einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze sei „perspektivisch abzuschaffen“.
Insbesondere die von der Union benannten Experten halten dies für nicht umsetzbar und zudem verfassungsrechtlich bedenklich. So betonte der Journalist und Berater im Gesundheitswesen Robert Paquet, im Antrag der Linken würden die Einnahmen der Versicherung „schöngerechnet“. Zudem würde mit einer Aufgabe der Beitragsbemessungsgrenze „das Sozialversicherungsprinzip aufgegeben“ und „eine Art Flat-tax“ eingeführt werden. Zudem würde die geforderte Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKV) rund 60.000 bis 67.000 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter und tausende selbständige Versicherungsvermittler treffen. Sie umstandslos in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu überführen sei nicht möglich, da die Geschäftsprozesse von GKV und PKV „weit auseinander“ liegen würden.
Auch der Bonner Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing betonte, die Beitragsbemessungsgrenze sei „nicht Ausdruck gesetzgeberischer Beliebigkeit“, sondern als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung konstitutiv für die Sozialversicherung und „nicht verzichtbar“. Der Antrag der Linken suggeriere, mit den Forderungen werde ein Mehr an Solidarität erreicht, allerdings sei der Begriff der Solidarität darin „reichlich undifferenziert und leichtfüßig“. Gerade durch den Antrag würden bestehende solidarische Elemente in der Sozialversicherung verschwinden, etwa durch die Forderung eines Rücklagenverbotes. Diese seien aber solidarisch gegenüber nachfolgenden Generationen.
Für den Beamtenbund unterstrich Klaus Dauderstädt, die Abschaffung der Beihilfe könne unter Umständen eine „massive Verletzung der Fürsorgepflicht“ sein und müsse gegebenenfalls in Karlsruhe geklärt werden.
Für die Dienstleistungsgewerkschaft verdi erklärte dagegen Herbert Weisbrod-Frey, seine Organisation spreche sich deutlich für eine Bürgerversicherung aus. Das System, nachdem sich Einzelne abhängig von ihrem Einkommen aus der GKV „ausklinken“ könnten, sei „überholungsbedürftig“. Mit der derzeitigen Weichenstellung, die in Zukunft über Kopfpauschalen die Versicherten zusätzlich belasten werde, werde ein ungerechtes Gesundheitssystem erhalten. Ebenfalls für eine Bürgerversicherung sprachen sich Vertreter der BAG Selbsthilfe, des AWO Bundesverbandes und des Sozialverbands VdK aus.
Der Berliner Jurist Franz Knieps führte aus, er könne derzeit keinen Systemwettbewerb erkennen: Der Weg in die PKV stehe ohnehin nur einem sehr eingeschränkten Personenkreis offen und werde für viele zur „Entscheidung auf Lebenszeit“. Der Wettbewerb innerhalb der GKV sei „intensiver“, weil Versicherte hier innerhalb bestimmter Fristen bei Unzufriedenheit ihre Krankenkassen neu wählen könnten. Zudem sei die „Mär vom größeren Leistungskatalog“ der PKV einer der „großen Mythen“: Insbesondere für Familien, Ältere und Menschen mit seltenen Erkrankungen sei der Leistungskatalog der GKV „wesentlich präziser“ und „zum Teil umfassender“ formuliert.
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