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Berlin: (hib/KOS) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) auflösen und neu gründen, den Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene beenden sowie die parlamentarische Kontrolle von Geheimdiensten und Polizei verbessern: So lauten die zentralen Forderungen, die von den Grünen als Konsequenz aus Fehlgriffen und Pannen der Sicherheitsbehörden bei den jahrelang erfolglosen Ermittlungen zu der dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angelasteten Mordserie erhoben werden. In einem Antrag (18/776) macht sich die Fraktion zudem für eine neue Personalwerbung und -auswahl bei Polizei und Nachrichtendiensten sowie für eine höhere Kompetenz bei den Bediensteten der Sicherheitsinstanzen im Umgang mit Rechtsextremismus stark. Angesichts des „eklatanten und dramatischen Versagens“ der Behörden im Fall NSU bedürfe es „auch eines personellen Neustarts bei Polizei, Justiz und Geheimdiensten“, heißt es in dem Antrag.
Mit ihrem Vorstoß gehen die Grünen über die fast 50 Vorschläge hinaus, die von dem in der vergangenen Legislaturperiode zur Aufklärung der NSU-Affäre eingesetzten Untersuchungsausschuss fraktionsübergreifend erarbeitet worden waren und die im Februar dieses Jahres vom Bundestag einstimmig bekräftigt wurden. Zu diesen Reformideen gehören etwa eine intensivere Zusammenarbeit der Sicherheitsinstanzen, die Schaffung einer „zentralen ermittlungsführenden Dienststelle“ bei Fällen von länderübergreifender Bedeutung und mehr Kompetenzen für den Generalbundesanwalt. Die bei den Verfassungsschutzämtern von Bund und Ländern vorliegenden Informationen müssten „zentral zusammengeführt und auch tatsächlich gründlich ausgewertet werden“. Weitere Empfehlungen des Ausschusses und des Parlaments zielen auf eine Neuregelung des Einsatzes von V-Leuten, auf eine bessere parlamentarische Aufsicht über die Geheimdienste, auf eine Stärkung der „interkulturellen Kompetenz“ bei Nachrichtendiensten und Polizei sowie auf einen Ausbau gesellschaftlicher Präventionsbemühungen.
Die Grünen sehen in diesem Katalog einen „fraktionsübergreifenden Minimalkonsens“, der nun konsequent umgesetzt werden müsse. Für eine wirksame Bekämpfung des Rechtsextremismus reiche dieses Konzept aber nicht aus, führt der Antrag aus.
Aus Sicht der Fraktion ist es vielmehr nötig, das BfV aufzulösen und eine Inlandsaufklärung mit reduzierten Aufgaben und Befugnissen, mit neuem Personal sowie effektiven internen und externen Kontrollstrukturen neu zu gründen. Diese neue Instanz soll nur für die Aufklärung von „genau bestimmten Bestrebungen mit tatsächlichem Gewaltbezug zuständig sein“. Die dem bisherigen BfV obliegenden Beobachtungs- und Analyseaufgaben sollen einem unabhängigen Institut übertragen werden, das ohne hoheitliche Befugnisse und ohne Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel arbeiten soll. Die Grünen verlangen, die Kontrolle der Geheimdienste „entschieden zu verbessern“ und die Kompetenzen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz im Bereich der Nachrichtendienste zu erweitern. Beendet werden müsse der Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene, „der sich als desaströs, nutzlos und kontraproduktiv erwiesen hat“.
Der Antrag plädiert für eine „neue Polizeikultur“. Geschaffen werden soll eine unabhängige Beschwerdestelle, die u. a. Klagen über Polizeigewalt prüfen soll und bei der auch Polizisten Kritik an Ermittlungen oder an Vorgesetzten äußern können. Nach dem Willen der Fraktion soll bei allen Bundespolizisten eine zumindest anonymisierte Kennzeichnung eingeführt werden. Die polizeiliche Aus- und Fortbildung soll dazu beitragen, die Sensibilität und Kompetenz bei Polizei und Geheimdiensten im Umgang mit Rechtsextremismus zu erhöhen. Zur Aufklärung mutmaßlich rechtsextremistisch motivierter Straftaten dürften nur hinreichend qualifizierte und spezialisierte Beamten eingesetzt werden.
Schließlich fordern die Grünen, zivilgesellschaftliche Initiativen nachhaltig zu fördern. Die entsprechenden Bundesmittel sollen auf jährlich mindestens 50 Millionen Euro aufgestockt werden.
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