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Ob eine Mietrechtsänderung die Energiewende begünstigen würde, darüber gingen die Meinungen von Experten auseinander. Neun Fachleute diskutierten über den Entwurf der Bundesregierung für ein Mietrechtsänderungsgesetz (17/10485) in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am Montag, 15. Oktober 2012. Themen der Anhörung unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU) waren zudem der Antrag der SPD-Fraktion "Soziales Mietrecht erhalten und klimagerecht verbessern" (17/9559), der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "Mietrechtsnovelle nutzen – Klimafreundlich und bezahlbar wohnen" (17/10120) sowie der Antrag der Fraktion Die Linke "Mietrecht sozial gerecht weiterentwickeln" (17/4837).
Bereits Ende September war der Gesetzentwurf der Bundesregierung in erster Lesung im Bundestagsplenum debattiert worden. Ein zentraler Punkt der Debatte – so auch in der Anhörung – war die Umsetzung der energetischen Gebäudesanierung. Der Regierungsentwurf schließt eine Mietminderung für energetische Modernisierungen in einem Zeitraum von drei Monaten aus. Das soll für die Vermieter Anreiz sein, eine solche Sanierung vorzunehmen.
Dr. Kai Warnecke, stellvertretender Generalsekretär von Haus & Grund Deutschland, stellte die Wirksamkeit einer solchen Regelung infrage. Auch der Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, äußerte Bedenken: Das Mietrecht würde eingeschränkt, die Regelung für Vermieter keinerlei Vorteile bringen.
Werner Hinz, Vorsitzender Richter am Landgericht Itzehoe, gab zu bedenken, dass geregelt werden müsse, ob die Dreimonatsfrist mit den Vorbereitungen – etwa dem Gerüstaufbau – oder dem Beginn der Bauarbeiten einsetzen solle. Er hält diese Frist deshalb für strittig. Hinz nannte den Gesetzentwurf insgesamt jedoch "praxistauglich".
Die Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm warf die Frage auf, wer die Qualität der Sanierung überprüfe. Schließlich sei entscheidend, ob die Häuser und Wohnungen nach der Sanierung auch wirklich energieeffizienter seien. Die Kosten würden laut Gesetzentwurf schließlich mit bis zu elf Prozent auf die Miete umgelegt werden können, sagte Ziehm.
Die SPD will mit einem Antrag verhindern, dass Mieterhöhungen mit zusätzlichen Kosten durch Wohnungsmodernisierungen zusammenfallen. Auch solle den Kommunen ein Interventionsrecht gegen Maßnahmen zur Steigerung des Wohnwerts eingeräumt werden, um prekäre Mietsituationen zu vermeiden.
Schließlich will die SPD, dass nur neun statt elf Prozent der Modernisierungskosten auf den Mieter umgelegt werden können.
Die Linke verlangt in ihrem Antrag, dass im Bundesgebiet qualifizierte Mietspiegel sowie Betriebs- und Heizkostenspiegel flächendeckend eingeführt werden. Die Erhöhung der Nettokaltmiete solle an die Verbesserung des bisherigen Wohnstandards gekoppelt werden.
Die Höhe der Wohnkosten soll nach dem Willen der Fraktion höchstens 30 Prozent des Nettoeinkommens eines Mieterhaushalts betragen.
Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag, dass die Kosten für die energetische Gebäudesanierung gerecht zwischen der Allgemeinheit, Eigentümern und Mietern verteilt werden. Durch Änderungen des Mietrechts wollen die Abgeordneten die finanzielle Belastung von Mietern begrenzen.
Beim Begriff des "Mietnomaden" solle die Regierung differenzieren, so die Grünen. Ohne betrügerische Absicht zahlungsunfähige Mieter sollen nicht darunter fallen. (ver/vom/15.10.2012)