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Ein Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Ausforschungsaffäre um den US-Geheimdienst NSA, die durch Berichte über das Abhören von Ex-Kanzler Gerhard Schröder 2002 im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg zusätzlich Brisanz gewonnen hat, rückt näher. Einen Antrag von Linksfraktion und Grünen (18/420), ein solches Gremium einzusetzen, erörtert der Bundestag am Donnerstag, 13. Februar 2014, ab etwa 16.50 Uhr 45 Minuten lang. Zugleich haben auch CDU/CSU und SPD einen Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (18/483) vorgelegt. Beide Anträge sollen im Geschäftsordnungsausschuss weiterberaten werden.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Opposition wie Koalition üben deutliche Kritik am Vorgehen der NSA. Aus Sicht von Union und SPD hat die Abhöraffäre viele Deutsche verunsichert. Die Bürger würden drängende Fragen nach der Sicherheit und Integrität elektronischer Kommunikation stellen, Firmen befürchteten die Ausspähung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Die massenhafte und verdachtsunabhängige Erfassung und Speicherung persönlicher Daten stelle einen schweren Eingriff in die Freiheitsrechte dar.
Für die Oppositionsfraktionen ist das Ausspionieren von Daten unbescholtener Bürger in großem Stil durch die NSA völlig indiskutabel. Im Blick auf die Ausforschungspraxis des US-Geheimdienstes ist von einem der größten Datenschutzskandale und einem fundamentalen Angriff auf die Grundrechte die Rede. Es dürfe keine massenhafte Überwachung der Bürger ohne konkreten Anlass stattfinden. Im Detail haben Opposition wie Koalition zahlreiche Fragen ausgearbeitet. Linke und Grüne wollen herausfinden, inwiefern ausländische Geheimdienste die elektronische Kommunikation in der Bundesrepublik ausspähen, also etwa SMS, E-Mails oder Telefonate.
Großen Wert legen beide Fraktionen auch auf die Rolle der hiesigen Sicherheitsbehörden und der Bundesregierung. Was haben deutsche Regierungen über die NSA-Aktivitäten gewusst? Haben hiesige Stellen an den US-Maßnahmen mitgewirkt, diese Aktionen unterstützt oder von diesen Ausforschungen profitiert?
Wissen will die Opposition, ob deutsche Instanzen eventuell Teil eines Ringtauschs geheimdienstlicher Informationen sind, bei dem der jeweils anderen Seite Daten und Erkenntnisse übermittelt werden. Welche rechtlichen und technischen Vorkehrungen seien ergriffen worden, um das Abhören durch die NSA und andere Geheimdienste zu unterbinden? Habe die Regierung völkerrechtswidrige Handlungen auf deutschem Territorium ausdrücklich oder stillschweigend geduldet, lautet eine der vielen Fragen der Linken und Grünen.
Die Koalition ihrerseits fordert, der Untersuchungsausschuss müsse eine umfassende Aufklärung der Spähaffäre gewährleisten. Aufzuarbeiten sei etwa, seit wann, auf welcher rechtlichen Basis und in welchem Umfang der globale Datenverkehr durch die NSA überwacht werde. Inwieweit sind diplomatische Vertretungen und militärische Standorte der USA und Großbritanniens in Deutschland für die Ausforschung des Datenverkehrs genutzt worden?
Durchleuchten will man, ob und in welchem Maße hiesige Stellen über das Vorgehen des US-Geheimdienstes unterrichtet waren und welche Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden. Ermitteln wollen Union und SPD, inwiefern die Bundesregierung Teil der Überwachung war.
Der Untersuchungsausschuss soll sich auch damit beschäftigen, mit welchen Reformen die Privatheit der elektronischen Kommunikation effektiver geschützt werden kann. Zu prüfen sei, wie man garantieren könne, dass die Nachrichtendienste nicht alles, was technisch möglich ist, auch tatsächlich umsetzen.
Linke und Grüne kritisieren am Fragenkatalog der Koalition beispielsweise, Union und SPD wollten die Rolle der deutschen Regierungen und der hiesigen Geheimdienste in der Spähaffäre nicht konsequent durchleuchten. Die Koalition wiederum moniert mit Blick auf den Antrag der Opposition, es genüge nicht, nur nach Überwachungsaktivitäten zu fragen, wo doch bereits die massenhafte und verdachtsunabhängige Erfassung und Speicherung persönlicher Daten als Verletzung der Freiheitsrechte einzustufen sei. (kos/13.02.2014)