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Auch in der laufenden Wahlperiode wird es den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung geben. Mit den Stimmen aller Fraktionen entschied sich der Bundestag am Donnerstag, 20. Februar 2014, für die Einsetzung dieses Gremiums, welches es auch schon in den vergangenen drei Wahlperioden gegeben hat. Der Beirat setzt sich aus 17 Abgeordneten zusammen und soll laut Einsetzungsbeschluss (18/559) die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung auf parlamentarischer Ebene fachübergreifend begleiten. Im Verlauf der Debatte begrüßten Redner aller Fraktionen die Einsetzung des Gremiums. Unterstützung für den Einsetzungsbeschluss gab es auch von Regierungsseite.
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, betonte, die Fortsetzung der Arbeit des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung sei der Bundesregierung sehr wichtig. Seit mehr als zwölf Jahren verfüge die Bundesregierung mit der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie über eine "bewährte und sich ständig weiterentwickelnde Strategie für eine Politik, die darauf abzielt, heute, aber auch morgen allen Menschen die Chance auf ein Leben in Wohlstand, Gerechtigkeit und in einer intakten Umwelt zu ermöglichen", sagte Schwarzelühr-Sutter.
Das Parlament, so die Staatssekretärin weiter, sei für die Umsetzung der Strategie "von großer Bedeutung". Der Beirat habe der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie wichtige Impulse gegeben.
Wolle man sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, müsse man sich "wohl oder übel mit unseren kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem auseinandersetzen", befand Annette Groth (Die Linke). So sei festzustellen, dass trotz fortschreitendem Klimawandel die Kohlelobby auf die Verbrennung von Kohle zur Stromproduktion setze, der Spritverbrauch bei Autos nicht abgesenkt und eine Wachstumsstrategie für den Flugverkehr verfolgt werde. "Wider besseren Wissens", wie Groth sagte.
Erfreulich sei es hingegen, dass sich immer mehr Menschen gegen umweltschädliche Projekte zur Wehr setzten. So etwa im Falle Stuttgart 21. Der Bahnhofsneubau, so Groth, habe nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Für die Arbeit im Beirat kündigte die Abgeordnete der Linken an, "immer wieder die soziale Dimension in die Nachhaltigkeitsdebatte einzubringen".
"Der Beirat hat einen festen Platz im parlamentarischen Gefüge", sagte Andreas Jung (CDU/CSU), Vorsitzender des Beirats in der vergangenen Wahlperiode. Für das Querschnittsthema Nachhaltigkeit werde ein solches Querschnittsgremium benötigt, urteilte er und zeigte sich erfreut, dass die Einsetzung von allen Fraktionen befürwortet wird. "Wir prüfen jedes einzelne Gesetz auf Nachhaltigkeit", so Jung weiter.
Als "Wachhund im Parlament" werde der Beirat auch deshalb benötig, da Politik oft in die Versuchung gerate, "mehr an die nächsten Tage als an die nächsten Jahrzehnte zu denken". Nachhaltigkeit sollte nach den Vorstellungen des Unionsabgeordneten auch die Leitlinie deutscher Außenpolitik sein. Dafür müsse man jedoch glaubwürdig sein, sagte Jung. So müsse es gelingen, in der Finanzpolitik zu einer Null-Verschuldung zu gelangen. Zudem müsse die Energiewende in Deutschland zum Erfolg geführt und der Anstieg der Treibhausgase gestoppt werden, forderte er.
Nachhaltigkeit sei nicht das Gegenteil von Wachstum, betonte Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen). Es gehe vielmehr um die "ökologische und soziale Flankierung des Wachstums". Davon, so kritisierte Wilms, sei allerdings bei der Aussprache zu dem von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegten Jahreswirtschaftsbericht in der vergangenen Woche nichts zu hören gewesen. Und das, obwohl doch die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" in der vergangenen Legislaturperiode verlangt habe, dass bei jeder Wachstumsdebatte auch über soziale und ökologische Fort- oder auch Rückschritte gesprochen werden müsse.
Wilms warnte auch davor, den Begriff der Nachhaltigkeit zu missbrauchen. "Bei einer nachhaltigen Entwicklung geht es darum, eine in sich geschlossene Wirtschafts- und Lebensweise zu finden, die die Würde des Menschen als Arbeitnehmer achtet sowie die ökologischen Grenzen unseres Planeten respektiert", machte die Grünen-Abgeordnete deutlich.
Auch Carsten Träger (SPD) warnte vor dem "inflationären" Gebrauch des Begriffs Nachhaltigkeit. "Der Begriff läuft Gefahr, alles zu meinen und auch wieder nichts", sagte er. Daher forderte Träger, "verbal abzurüsten und dem Begriff Trennschärfe zu geben". Weniger Straßenbau sei nicht gleich nachhaltiger Straßenbau, so Träger. Ebenso seien weniger Schulden nicht gleichbedeutend mit einer nachhaltigen Haushaltspolitik.
Vielmehr bedeute Nachhaltigkeit, dass wirtschaftliches Handeln erlaubt sei. "Aber bitte mit dem Blick auf Zukunftsfähigkeit und das Gemeinwohl." Der SPD-Abgeordnete plädierte zudem dafür, den sozialen Faktor künftig mehr in den Mittelpunkt zu rücken. "Nachhaltigkeit kann es nur da geben, wo soziale Interessen, Umweltinteressen und wirtschaftliche Interessen gleichermaßen berücksichtigt werden", betonte er. (hau/20.02.2014)