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Berlin: (hib/SUK) Bei der Substitutionsbehandlung von Drogensüchtigen sollten die Ziele der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BTMVV) neu formuliert werden. Darin waren sich Experten in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch, 5. Juni 2013, einig. Insbesondere solle vom „Abstinenzparadigma“ abgewichen werden.
Gegenstand der Anhörung waren drei Anträge der Oppositionsfraktionen. Dabei fordert die SPD in ihrem Antrag (17/12181) eine Reform der BtMVV und will, „dass die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte mit einer fachlichen Qualifikation für Substitutionsbehandlungen insgesamt erhöht wird“. Die Linksfraktion spricht sich dafür aus (17/12825), die „fachlich-medizinischen Festlegungen aus der BtMVV zu streichen und der Selbstverwaltung zu übergeben“. Dies solle insbesondere das Behandlungsziel, die Therapievoraussetzungen und die Festlegung auf bestimmte Applikationsformen oder Wirkstoffe der Substitutionsmittel betreffen. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will das BtMVV so reformieren, dass die darin enthaltenen Vorgaben „zukünftig durch eine dem aktuellen Stand der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft entsprechenden Behandlungsrichtlinie der Bundesärztekammer geregelt werden“ (17/13230).
Mehrere Sachverständige unterstrichen, dass das Ziel der Abstinenz in den meisten Fällen nicht zu erreichen sei. So betonte Hans-Günther Meyer-Thompson von der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, dass Erfahrungen aus allen Ländern, in denen Substitionsbehandlungen stattfinden würden, belegten, dass Patienten zusätzliche Substanzen einnehmen würden. Darauf gebe es „keine allgemeingültige Antwort“. Kollegen, die den so genannten Beikonsum im Sinne ihrer Patienten tolerieren müssten, dürften nicht befürchten müssen, nach dem Strafgesetz verurteilt zu werden oder ihre Zulassung zu verlieren.
Auch Heino Stöver von der Fachhochschule Frankfurt unterstrich, dass das Abstinenzparadigma aus den rechtlichen Rahmenbedingungen „gestrichen“ werden müsse, weil dies ein „unrealistisches Ziel“ wäre. Die Behandlung könne auch dazu beitragen, Patienten psychisch und sozial zu stabilisieren. Es seien „positive Outcomes“. wenn Ärzte wegen Beikonsums mit einem Behandlungsabbruch drohen müssten, um sich nicht strafbar zu machen. Dies sei „kontraproduktiv“.
Auch Wilfried Kunstmann von der Bundesärztekammer sagte, Abstinenz sei ein wichtiges Ziel, in vielen Fällen aber unrealistisch. Es entspreche der „medizinisch-ärztlichen Weisheit“, Ziele „auf dem Niveau des Patienten“ und an seiner aktuellen Situation ausgerichtet zu definieren. Beispiele aus Bayern aber zeigten, dass die Strafverfolgungsbehörden die Abstinenz als Primärziel begriffen - daher müsse ein Konzept her, dass „Klarheit für alle Beteiligten“ bieten könne. Für Jürgen Vieten, Psychiater und Psychotherapeut aus Mönchengladbach, ist neben finanziellen Problemen die rechtliche Situation Grund dafür, dass viele Ärzte die Substitutionsbehandlung nicht anböten.
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