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Berlin: (hib/HAU) Um zu einem transparenten Verfahren bei der Suche und Auswahl eines Standorts für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle zu gelangen, sind Nachbesserungen an dem von Union, SPD, FDP und Grünen vorgelegten Standortauswahlgesetz (17/13471) nötig. In dieser Einschätzung herrschte unter den zu einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses am Montagnachmittag geladenen Experten weitgehende Einigkeit. Lediglich die Umweltschutzorganisation Greenpeace forderte die vollständige Rücknahme des Gesetzentwurfes. Es gebe derartig viele Fehler in der Vorlage, dass die Behebung einzelner Unzulänglichkeiten nicht ausreichen würde, die vorgegebenen Ziele zu erreichen, sagte Greenpeace-Vertreter Mathias Edler. Die anderen Sachverständigen teilten diese Einschätzung nicht, mahnten aber gleichwohl Änderungen an. Unter anderen bei der Besetzung der mit der Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens beauftragten Kommission.
Der Bericht der 24-köpfigen Kommission habe eine hohe und richtungsweisende Bedeutung, sagte Professor Wolfgang Renneberg vom Büro für Atomsicherheit. Das hohe Gewicht der Politik mit 12 Mitgliedern bereits in der Phase der Ausarbeitung der Sicherheitsgrundsätze stehe in einem kaum begründbaren Verhältnis zum Gewicht der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft, kritisierte Renneberg. Im Interesse der Legitimation des Verfahrens sollte zudem die unbedingt benötigte Beteiligung der Öffentlichkeit durch eine eigenständige Öffentlichkeitsarbeit der Kommission erreicht werden und nicht - wie im Gesetzentwurf geplant - durch das zu schaffende Bundesamt für kerntechnische Entsorgung.
Unterstützt wurde diese Forderung durch den auf Energie und Klimaschutz spezialisierten Rechtsanwalt Hartmut Gaßner. Es sei zwar zu begrüßen, dass sich in der Frage der Standortauswahl ein Parteienkonsens abzeichnet. „Es steht aber noch der Konsens mit jenen aus, die sich noch nicht ausreichend berücksichtig sehen“, gab er zu bedenken. „Nirgends ist es so geboten wie hier, möglichst viele mit ins Boot zu holen“, sagte Gaßner. Daher sei es wichtig, dass die Kommission die Öffentlichkeitsbeteiligung mitorganisiere. Die Zwischenschaltung eines Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung widerspreche hingegen allen sozialwissenschaftlichen Überlegungen, wie Öffentlichkeitsbeteiligung funktionieren kann.
Glaubwürdigkeit werde auch in der Frage der Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle benötigt, sagte Wolfram König vom Bundesamt für Strahlenschutz. Das Versprechen, die Lager nur 40 Jahre zu nutzen, sei nicht zu halten. „Wir brauchen eine Festschreibung der Wege, wie wir mit dem Problem der begrenzten Laufzeiten der Zwischenlager umgehen“, forderte König. Dabei müssten die Standortgemeinden mit einbezogen werden. Für die Endlagererkundung werde nun eine klare Definition des Zeitbedarfes benötigt. „Die für die untertägige Erkundung bislang im Gesetz angelegten acht Jahre sind nicht realitätsnah“, urteilte er. Hier sei eine Nachjustierung nötig.
Michael Sailer vom Öko-Institut plädierte dafür, in dem Gesetz explizit festzuschreiben, dass es keinen Export von Atommüll geben wird. Ebenso müsse in einem eigenen Paragrafen im Interesse der Nachbarländer geklärt werden, dass „für Ausländer, wenn es um sie betreffende Regionen geht, die gleichen Beteiligungsrechte gelten“. Auch Sailer kritisierte die Zusammensetzung der Kommission, der laut Gesetzentwurf nur vier Wissenschaftler angehören sollen, „obwohl es doch um wissenschaftliche Kriterien gehen soll“. Was die Zwischenlagerproblematik angeht, so verwies Sailer darauf, dass die angelegten 40 Jahre auch ein technisch basierte Wert sei. „Wir können nicht davon ausgehen, dass wir ohne Probleme die Zwischenlagerung mit dieser Technik auf 60 oder 80 Jahre ausdehnen können“, warnte er. Daher, so Sailer, werde ein Zeitplan benötigt, „mit dem man schnellstmöglich zu einem realisierbaren Endlager kommt“.
Professor Bruno Thomauske von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen nannte die Einrichtung einer Bundesbehörde wie dem Bundesamt für kerntechnische Entsorgung „essentiell“. Sowohl in der Phase der Kriterienentwicklung als auch bei der späteren Erkundung sei es zwingend notwendig, „dass alles was vorgeschlagen wird auch im Hinblick auf eine anschließende Genehmigungsfähigkeit bewertet wird“. Es sei zudem notwendig, dass es eine Trennung zwischen dem Vorhabensträger und der späteren Genehmigungsbehörde gebe. In der Vergangenheit, so Thomauske, habe es immer wieder Kritik daran gegeben, dass die Antragsteller an den späteren Kriterien mitgearbeitet haben. Außerdem werde diese Regelung von alle jenen Ländern erfolgt, die auf dem Gebiet erfolgreich sind.
Staat des vorgelegten Gesetzentwurfes bedürfe es des Entwurfes eines kurz gefassten Rahmengesetzes, sagte Mathias Edler von Greenpeace. Ziel dessen müsse die Erarbeitung eines breit in der Gesellschaft verankerten, tragfähigen Konsenses über ein zukünftiges Endlagersuchverfahren sein, forderte er. Es gelte, „die Interessen - auch die unberechtigten - zur Kenntnis zu nehmen und auszutarieren statt sie zu leugnen“. Der Gesetzentwurf könne dies aber nicht leisten. Edler kritisierte zudem, dass das Gesetz keine Mindestanzahl an Standorten verlange. Ein Vergleich auf Augenhöhe von mehreren Standorten sie dadurch nicht rechtssicher vorgeschrieben. Trotz aller gegenteiligen Äußerungen, so der Greenpeace-Vertreter, sei zudem davon auszugehen, dass Gorleben schon aufgrund des Erkundungsvorsprungs zum Referenzstandort werde.
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