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Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) hat ein weiterer Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) erklärt, dass seine Behörde im Umgang mit Daten deutscher Grundrechtsträger bei Abhörmaßnahmen äußerste Sorgfalt walten lasse. Ihm sei auch nicht bekannt, dass Daten unkontrolliert und massenhaft an die amerikanischen National Security Agency (NSA) weitergegeben worden seien, betonte der Zeuge H.K. am Donnerstag. Der ausgebildete Luft- und Raumfahrtingenieur ist seit 1985 beim BND tätig. Er leitete von 2003 bis 2009 das Referat T2c, das Nachrichten zu den Themen Terrorismus und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen bearbeitet. Anschließend führte er bis September 2011 das Referat T1e, zuständig für die Überwachung kabelgestützter Kommunikation in Deutschland.
Als Referatsleiter T2c habe er auch sogenannten G10-Anträge zu stellen gehabt, berichtete der Zeuge. Dabei geht es um die Genehmigung, in Einzelfällen Verdächtige zu überwachen, die als deutsche Staatsbürger den grundgesetzlichen Schutz des Fernmeldegeheimnisses genießen. Der Anteil aus solchen Quellen stammender Erkenntnisse am Gesamtumfang des von seinem Referat täglich bearbeiteten Materials sei jedoch "vernachlässigbar" gewesen.
Der Zeuge beschrieb die Verfahrensregeln, an die sich der BND gebunden habe, bevor es zur Überwachung eines verdächtigen deutschen Bürgers kommt. Der erste Schritt sei stets, die Hausjuristen zu Rate zu ziehen. Diese leiteten dann das Antragsverfahren bei der G10-Kommission ein, die die erforderliche Genehmigung zu erteilen hat. Erst wenn diese vorliege, werde in der Erfassungsstelle das gegen den Betroffenen gerichtete Suchmerkmal freigeschaltet: "Kein Nachrichtenbearbeiter wird von sich aus einen Selektor einstellen, von dem er weiß, dass er zu einem Deutschen gehört." Am Ende werde jede so gewonnene Nachricht noch einmal von einem zum Richteramt befähigten Juristen auf die Unbedenklichkeit ihrer Entstehung geprüft.
Es komme gelegentlich auch vor, dass BND-Juristen der Meinung seien, für eine bestimmte Abhörmaßnahme sei keine Genehmigung der G10-Kommission erforderlich, die zuständigen Nachrichtenbearbeiter aber dennoch sicherheitshalber darauf bestünden, berichtete der Zeuge. Er selbst könne sich nicht erinnern, jemals eine Meldung auf dem Tisch gehabt zu haben, von der er den Eindruck gehabt habe, sie sei möglicherweise auf unrechtmäßige Art zustandegekommen. Das liege aber daran, dass er nie unbearbeitete Rohdaten gesehen habe. Das Rohmaterial werde bereits in den Erfassungsstellen aufbereitet, und dabei würden auch Erkenntnisse ausgefiltert, die bei weiterer Verwendung rechtliche Probleme aufwerfen könnten.
Für die Vertreter der Opposition im Ausschuss war der Zeuge in gewissem Sinne eine Enttäuschung. Sie verfolgen nach wie vor die Hypothese, aus der BND-Zentrale in Pullach könnten Roh- und Metadaten, die in verschiedenen Abhöranlagen erfasst wurden, in gewaltiger Menge automatisch an die NSA weitergeleitet worden sein, und suchen den dafür Zuständigen. Nachdem bereits in der Vorwoche ein ehemaliger BND-Referatsleiter erklärt hatte, er habe mit der Weitergabe von Daten nichts zu tun gehabt und könne dazu keine Angaben machen, sagte H.K. dazu am Donnerstag dasselbe. Aus seiner Tätigkeit habe er keine Kenntnis davon, dass Daten unkontrolliert an die NSA abgeflossen seien: "Es gibt Situationen, wo Meldungen im Rahmen von Kooperationen an andere Staaten weitergegeben werden, aber immer individuell, nicht automatisch", betonte der Zeuge. Dabei handele sich auch nicht um Roh- oder Metadaten, sondern um fertig bearbeitete Nachrichten.
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