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Die Opposition fordert mehr Transparenz bei den Verhandlungen mit den USA. © picture-alliance/dpa-Report
Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA sowie mit Kanada über den Abschluss von Freihandelsabkommen sind Thema einer 105-minütigen Schwerpunktdebatte des Bundestages am Donnerstag, 22. Mai 2014, ab 10.45 Uhr. Die Abgeordneten werden sich mit vier Anträgen der Oppositionsfraktionen auseinandersetzen, die sich kritisch mit der „Transatlantic Trade And Investment Partnership“ (TTIP) mit den USA sowie mit einem ähnlichen Abkommen der EU mit Kanada („Comprehensive Economic and Trade Agreement“, CETA) beschäftigen.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
So fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag für „fairen Handel ohne Demokratie-Outsourcing" (18/1457), die Bundesregierung solle sich im Rat der Europäischen Union (EU) dafür einsetzen, dass weder die Freihandelsabkommen mit Kanada noch mit den USA Regelungen beinhalten, die die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der demokratisch legitimierten Gesetzgeber einschränken.
Gemeinwohlinteressen dürften nicht hinter den Partikularinteressen großer Konzerne zurücktreten oder nationale Rechtssysteme unterlaufen, so die Fraktion.
Außerdem verlangen die Grünen von der Bundesregierung, gegen ein Abkommen zu stimmen, „wenn darin Regelungen zur regulatorischen Kooperation getroffen werden, die kurz- oder langfristig zu einer Absenkung von Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz- oder Sozialstandards führen könnten, die das Vorsorgeprinzip infrage stellen oder in Zukunft gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten, beispielsweise im Urheberrecht, einschränken könnten“.
Im Bereich der Dienstleistungen solle es Positivlisten geben, die zunächst nur den „Marktzugang für wenige, auch unter kommunalen Akteuren unstrittige Bereiche schaffen und explizit nicht für die kommunale Daseinsvorsorge, insbesondere Bereiche wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, Abfall und öffentlicher Personennahverkehr, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich“.
Die Fraktion begründet ihren Antrag damit, es gehe bei den Abkommen in erster Linie nicht um die Senkung von Zöllen. Der Schwerpunkt liege eindeutig bei der Schaffung eines umfassenden Investitionsschutzes und der Angleichung regulatorischer Standards.
„Die Angleichung bestehender Zulassungsverfahren und Standards darf in keinem Fall zu einer Senkung des Schutzniveaus etablierter Standards führen. Dies gilt sowohl für europäische als auch für US-amerikanische und kanadische Schutzstandards. Stattdessen sollten bewährte und hohe Standards auf eine mögliche Übernahme hin geprüft werden, etwa im Bereich der Finanzmarktregulierung oder bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln“, schreiben die Abgeordneten.
Erklärtes Ziel amerikanischer Konzerne wie Monsanto sei die „Aushebelung oder Aufweichung europäischer Standards wie der Nulltoleranz bei Gentechnik in Lebensmitteln“.
In einem weiteren Antrag (18/1458) wenden sich die Grünen gegen Klageprivilegien für Konzerne. Die Bundesregierung solle sich im EU-Rat dafür einsetzen, dass in die geplanten Freihandelsabkommen kein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten aufgenommen wird. Abkommen, die einen solchen Streitbeilegungsmechanismus vorsehen, seien abzulehnen
Die Probleme mit bestehenden Investitionsschutzbestimmungen resultieren nach Angaben der Fraktion insbesondere aus der Verwendung unklar definierter Rechtsbegriffe, die eine weite und oft widersprüchliche Auslegung der Abkommen ermöglichen würden. Zudem gebe es bei den internationalen Verfahren zu wenig Transparenz.
Verhandlungen seien für die Öffentlichkeit im Regelfall nicht nachvollziehbar, und die Option einer Berufung sei auch nicht vorgesehen. Zunehmend würden Konzerne solche Bestimmungen nutzen, um unliebsame Regulierungen zu Fall zu bringen oder hohe Schadenersatzforderungen, teilweise in Milliardenhöhe, geltend zu machen, für die dann die Steuerzahler in Haftung genommen würden.
„Die Klage Vattenfall gegen Deutschland, bei der 3,7 Milliarden Euro aufgrund des demokratisch beschlossenen Atomausstiegs eingefordert werden, ist eines von vielen Beispielen“, erläutern die Abgeordneten,
Die Fraktion verweist auch darauf, dass verschiedene Mitglieder der Bundesregierung bereits ihre Besorgnis hinsichtlich TTIP und CETA geäußert hätten. So habe Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Auffassung vertreten, dass „die USA und Deutschland hinreichenden Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewährleisten“. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks äußere sich sehr kritisch zur Frage von internationalen Schiedsgerichten.
Die Fraktion Die Linke verlangt in einem Antrag (18/1093) den Stopp der Verhandlungen. Die Bundesregierung soll sich im EU-Rat dafür einsetzen, das Verhandlungsmandat der EU-Kommission zu TTIP und CETA aufzuheben.
Die Linksfraktion begründet ihren Antrag damit, dass zahlreiche offizielle Positionen von Bundesregierung und EU-Kommission erhebliche Zweifel aufwerfen würden: „So behauptet die Bundesregierung in Anlehnung an die EU-Kommission stets, über TTIP würden keine Standards, Normen und Regeln gesenkt und es gebe keine qualitativen Verschlechterungen unter anderem im Verbraucher- und Umweltschutz, bei Arbeitnehmerrechten und beim Datenschutz.“
Dazu verweist die Fraktion auf Veröffentlichungen, nach denen „insbesondere das für den europäischen Verbraucher- und Umweltschutz essenzielle Vorsorgeprinzip nur sehr halbherzig verteidigt“ worden sei. Bei der öffentlichen Beschaffung etwa wolle die EU eine weitgehende Liberalisierung, während die USA dies für die Bundesstaaten schon aus Verfassungsgründen nicht anbieten könnten.
In einem weiteren Antrag (18/1455) verlangt die Fraktion Die Linke die Offenlegung des Inhalts des bereits weitgehend ausgehandelten CETA-Abkommens der EU mit Kanada. (hle/21.05.2014)