Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat zu Beginn der Plenarsitzung am Mittwoch, 4. Juni 2014, an zwei unterschiedliche Ereignisse vor 25 Jahren erinnert, die nach seinen Worten eines gemeinsam hatten: den Willen der Menschen auf freie Selbstbestimmung. Am 4. Juni 1989 sei der Platz des Himmlischen Friedens in Peking Schauplatz eines blutigen Massakers gewesen, und zugleich hätten an diesem Tag in Polen die ersten Wahlen stattgefunden, die „diesen Namen tatsächlich verdienen“.
Die brutale Gewalt, mit der die chinesische Staatsmacht die friedlichen Kundgebungen zehntausender Demonstranten niederschlagen ließ, habe alle Hoffnungen auf ein demokratisch sich wandelndes China zerstört, sagte der Bundestagspräsident. Die Bilder vom Tiananmen-Platz, „junge Menschen von Panzern niedergewalzt und zusammengeschossen“, seien 1989 um die Welt gegangen, ebenso Nachrichten über Folter und lange Haft, die für viele folgte.
„Sie schockierten all jene im damals noch geteilten Europa, die auf friedlichen Wandel überall in der Welt hofften, nicht zuletzt durch die gleichzeitige Entwicklung in Polen“, sagte Lammert. Dort habe die Solidarność einen überwältigenden Wahlsieg errungen. Erstmals habe ein nichtkommunistischer Ministerpräsident an der Spitze eines Landes des Warschauer Paktes gestanden.
Der friedliche Machtwechsel in Polen haben Bürgerbewegungen in anderen Staaten des Ostblocks, auch in der DDR, Auftrieb gegeben. Er habe einen politischen Prozess befördert, an dessen Ende der Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs in Europa stand.
Während die Polen heute das herausragende Ereignis ihrer eigenen Geschichte und der Europas feierlich würdigten, werde in China jedes Gedenken an das Blutbad vom 4. Juni 1989 rigoros unterbunden. „Doch Erinnerung lässt sich nicht verbieten, auch nicht mehr tilgen: Wir vergessen nicht“, sagte Lammert unter großem Beifall.
„Wir freuen uns mit unseren polnischen Nachbarn, aber unsere Gedanken sind auch bei den 1989 in China Ermordeten und ihren Angehörigen, bei denen, die in Haft leiden mussten und noch immer müssen. Die Polen und wir Europäer haben vor 25 Jahren erfahren, dass sich der Freiheitswille der Menschen auf Dauer nicht unterdrücken lässt“, betonte der Bundestagspräsident.
„Und deshalb gilt unsere Ermutigung und Solidarität all denen, die in diesen Tagen und Stunden, in welchem Land auch immer, mutig für Demokratie und Menschenrechte kämpfen“, schloss der Bundestagspräsident unter großem Beifall. (vom/04.06.2014)