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Berliner bewerfen am 17. Juni 1953 einen sowjetischen Panzer mit Steinen nahe des Potsdamer Platzes in Berlin. © pa/dpa
Vor 60 Jahren, ein Jahr nach der gewaltsamen Niederschlagung des Volksaufstandes in der DDR, wird in der Bundesrepublik am 17. Juni 1954 der erste Staatsfeiertag, der „Tag der deutschen Einheit“, gefeiert. Nur wenige Wochen nach dem blutig niedergeschlagenen Volksaufstand in der DDR hat der Bundestag am 3. Juli 1953 den 17. Juni als „Symbol der deutschen Einheit in Freiheit“ mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der KPD zum gesetzlichen Feiertag bestimmt.
Der zentrale Staatsakt zu den Feierlichkeiten findet bereits einen Tag zuvor am 16. Juni im Plenarsaal des Bonner Bundeshauses statt, weil der 17. Juni 1954 mit dem Fronleichnamstag zusammenfällt. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) bezeichnet bei diesem Anlass die Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit als Gewissenspflicht und unverzichtbares Recht und forderte zu privater Hilfe für die unterdrückte Sowjetzonenbevölkerung auf.
In dem mit den Flaggen aller Bundesländer geschmückten Saal mahnt Adenauer zur inneren Einheit in den Lebensfragen des Volkes ohne Rücksicht auf Beruf und Parteizugehörigkeit.
Auch die Bundesländer veranstalten zentrale Festakte zum Tag der deutschen Einheit. In einem Schreiben an die Länder hatte der damalige Bundesinnenminister Gerhard Schröder (CDU) angeregt, Feiern durchzuführen.
"Im Hinblick auf die gesamtdeutsche Bedeutung, die dem Tag der deutschen Einheit zukommt, bitte ich die Herren Ministerpräsidenten, in den Ländern entsprechende Feiern zu veranstalten", heißt es in dem Schreiben. In zahlreichen Städten und Gemeinden finden verschiedene Gedenkfeiern und Veranstaltungen statt.
Im Jahr 1963 erhebt Bundespräsident Heinrich Lübke den 17. Juni zusätzlich zum „Nationalen Gedenktag des Deutschen Volkes“. Bis 1967 veranstaltet die Bundesregierung zum 17. Juni Gedenksitzungen, Feierstunden oder Staatsakte im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, an denen die Mitglieder des Bundestages als Gäste teilnehmen.
1968 gibt es erstmals keine Gedenkstunde im Bundestag. Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) beschränkt sich auf eine Rundfunk- und Fernsehansprache. Es gibt sogar Überlegungen, den 17. Juni als Feiertag abzuschaffen. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand verliert das Gedenken an den 17. Juni 1953 in der Bevölkerung immer mehr an Bedeutung. Die Erinnerung an den Volksaufstand und die Hoffnung auf Überwindung der deutschen Teilung treten immer mehr in den Hintergrund.
Zwischen 1969 und 1980 gedenkt der Bundestag der Ereignisse des 17. Juni 1953 im Rahmen einer regulären Arbeitssitzung. 1969 debattiert das Parlament den ersten "Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland", der zu einer festen Institution wird.
Erst 1978 zum 25. Jahrestag des Aufstandes findet wieder eine offizielle Gedenkstunde statt. Ab 1981 wird der 17. Juni wieder mit einer gesonderten Gedenksitzung des Bundestages begangen.
Nach dem Mauerfall im Herbst 1989 erinnern am 17. Juni 1990 zum ersten Mal Vertreter aus West und Ost gemeinsam an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Auf Einladung der Präsidentin der DDR-Volkskammer, Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU), kommen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR im Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt zum Gedenken zusammen.
36 Jahre lang ist der 17. Juni der Nationalfeiertag der Bundesrepublik Deutschland, als sich mit der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 schließlich die Hoffnung auf Überwindung der deutschen Teilung erfüllt. Gleichzeitig verliert der 17. Juni durch den Einigungsvertrag seinen Status als gesetzlicher Feiertag.
An die Stelle des 17. Juni als „Tag der deutschen Einheit“ tritt der Tag der Deutschen Einheit, der 3. Oktober. Der 17. Juni bleibt jedoch ein nationaler Gedenktag. Heute wird der 17. Juni vor allem als herausragendes Ereignis der deutschen Einheitsgeschichte sowie der europäischen Freiheitsgeschichte gewürdigt. (klz/10.06.2014)