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Wer nahe Angehörige pflegt soll dabei besser als bislang unterstützt werden. Das ist das Ziel des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfes „zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ (18/3124), mit dem das Familienpflegezeit- und das Pflegezeitgesetz weiterentwickelt werden sollen. Am Donnerstag, 4. Dezember 2014, stimmt der Bundestag im Anschluss an die um 14.50 Uhr beginnende 45-minütige Debatte über die Vorlage ab. Dazu hat der Familienausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (18/3449).
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Neben der Einführung eines Rechtsanspruchs auf eine zehntägige Berufsauszeit, um die Pflege eines nahen Angehörigen zu organisieren, in der dem Arbeitnehmer ein Pflegeunterstützungsgeld von etwa 90 Prozent des Nettogehaltes als Lohnersatzleistung gezahlt wird und zugleich auch Kündigungsschutz besteht, sieht die Regierungsvorlage einen Rechtsanspruch auf die bereits existierende Familienpflegezeit von bis zu 24 Monaten vor. In dieser Zeit können Beschäftigte ihre Wochenarbeitszeit auf mindestens 15 Stunden reduzieren, wenn sie einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Nicht gelten soll dies allerdings in Betrieben mit 15 oder weniger Beschäftigten.
Geplant ist auch ein zinsloses Darlehen für die Pflegenden, dass der Bund gewährt. Damit sollen zukünftig auch jene Beschäftigte gefördert werden, die eine sechsmonatige Pflegezeit in Anspruch nehmen, auf die bereits ein Rechtsanspruch besteht. In dieser Zeit können sich Beschäftigte teilweise oder ganz von ihrem Arbeitgeber freistellen lassen, um einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen. Für die Pflege eines minderjährigen Kindes soll der Rechtsanspruch auf Pflege- und Familienpflegezeit auch dann gelten, wenn diese außerhäuslich erfolgt. Während der Familienpflegezeit und der Pflegezeit gilt ein Kündigungsschutz.
Bei einer Expertenanhörung des Familienausschusses in der vergangenen Woche fand die Vorlage durchaus Zuspruch. Vor allem die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf die Familienpflegezeit und die Gewährung eines zinslosen Darlehens während dieser Zeit zur Finanzierung des Lebensunterhaltes sowie die Zahlung einer Lohnersatzleistung während einer zehntägigen beruflichen Auszeit zur Organisation der Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen wurden durchgängig positiv bewertet.
Umstritten - insbesondere zwischen Vertretern von Industrie und Gewerkschaften – war die Festlegung, dass die Regelungen zur Reduzierung der Wochenstunden erst für Unternehmen ab 15 Beschäftigen gelten soll. Während aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) diese Grenze auf 50 Beschäftige hochgesetzt werden sollte, hieß es vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), die Grenze müsse aufgehoben werden.
Der Grenzwert der 15 Beschäftigten führte während der ersten Lesung der Vorlage im Bundestag auch zu Kritik bei der Linksfraktion. Mehr als 5,6 Millionen Beschäftigte, die in solchen kleinen Betrieben arbeiten, würden so ausgegrenzt, bemängelte Pia Zimmermann (Die Linke).
Die Grünen kritisierten vor allem die geplante Beschränkung der Familienpflegezeit auf zwei Jahre. Zudem sei es unrealistisch, davon auszugehen, dass sich die Pflege eines nahen Angehörigen innerhalb von zehn Tagen organisieren lasse, merkte Elisabeth Scharfenberg (Bündnis 90/Die Grünen) an.
Ein positives Fazit zog Marcus Weinberg (CDU/CSU). Mit dem Gesetz werde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Mehrheit der Pflegebedürftigen lieber im familiären Umfeld betreut werden wolle als in einem Heim, sagte er. Zudem helfe das Gesetz, die Beiträge zur Pflegeversicherung stabil zu halten.
Dr. Carola Reimann (SPD) sieht in dem Gesetzentwurf deutliche Verbesserungen gegenüber dem „gut gemeinten, aber schlecht gemachten“ Gesetz der ehemaligen Familienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) aus der vergangenen Legislaturperiode.
Die Linke hat zur dritten Beratung einen Entschließungsantrag (18/3454) vorgelegt, in dem die Bundesregierung unter anderem aufgefordert wird, einen Rechtsanspruch auf bezahlte Freistellung für die Dauer von bis zu sechs Wochen einzuführen, damit die neu eingetretene Pflegesituation und die erste pflegerische Versorgung von Angehörigen oder nahestehenden Personen organisiert werden kann. Dieser Rechtsanspruch solle durch Entgeltfortzahlung der Arbeitgeber finanziert werden. (hau/01.12.2014)