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Berlin: (hib/wid) Eine leitende Mitarbeiterin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA") über die Kooperation ihrer Behörde mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) berichtet. Nach ihrer Schätzung habe das Bundesamt dem Geheimdienst jährlich etwa 300 bis 400 Asylbewerber zur Befragung vermittelt, sagte Renate Leistner-Rocca in ihrer Vernehmung am Donnerstag. Die 62-jährige Juristin ist nach eigenen Angaben seit drei Jahrzehnten in der Nürnberger Behörde tätig und leitete dort von 2002 bis 2013 die Gruppe 43, zuständig für Querschnittsaufgaben und Sicherheitsfragen. Heute steht sie an der Spitze des Forschungzentrums des BAMF.
Der BND unterhielt bis zum Sommer 2014 eine getarnte "Hauptstelle für das Befragungswesen" (HBW), deren Aufgabe es war, Asylbewerber nach nachrichtendienstlich verwertbaren Informationen aus ihren Heimatländern auszuforschen. In der HBW arbeiteten deutsche Geheimdienstler mit Agenten der Defense Intelligence Agency (DIA), des Militärgeheimdienstes der USA, zusammen. Wie die letzte Leiterin der HBW dem Ausschuss vor einigen Wochen berichtete, kam es dabei gelegentlich auch vor, dass DIA-Agenten allein, ohne Anwesenheit eines deutschen Kollegen, Flüchtlinge befragten. Dass Mitarbeiter eines ausländischen Nachrichtendienstes bei den Befragungen zugegen waren, geschweige denn, dass sie dabei gelegentlich sogar allein agierten, davon habe sie keine Ahnung gehabt, betonte die Zeugin.
Den Entscheidern in den Außenstellen des BAMF lag ein zwei- bis dreiseitiger, in Stichworten kurz gefasster Kriterienkatalog des BND vor. Wenn in der Anhörung eines Flüchtlings Begriffe aus diesem Katalog fielen, etwa zu Themen wie Drogenhandel, Terrorismus, Organisierter Kriminalität, schickte der Sachbearbeiter das Anhörungsprotokoll an das Sicherheitsreferat in Nürnberg, das der von Leistner-Rocca geführten Gruppe unterstellt war. Dort seien die Unterlagen geprüft und, wenn sich Hinweise auf nachrichtendienstlich relevante Aspekte erhärteten, der Kontaktperson des BND beim BAMF übergeben worden. Ihre Behörde habe der HBW dann vier Wochen eingeräumt, um zu entscheiden, ob ein Flüchtling für sie von Interesse war. In dieser Zeit habe das jeweilige Asylverfahren geruht, sagte Leistner-Rocca.
Die Zeugin betonte, dass die HBW in keinem Fall Einfluss auf den Verlauf eines Asylverfahrens genommen habe. Gelegentlich hätten die Geheimdienstler Ungeduld geäußerte, wenn das Verfahren eines Bewerbers, an dem sie interessiert waren, sich in die Länge zog. Ihre eiserne Devise sei jedoch gewesen. "Erst müssen wir anhören." Das BAMF habe zum Teil ja auch andere Prioritäten gehabt: "Die HBW musste sich gedulden." Neben dem Kriterienkatalog habe es als Grundlage für die Kandidatenauswahl auch die sogenannten "Montagslisten" gegeben. Dabei habe es sich um ein Verzeichnis angehörter Asylbewerber aus bestimmten, den Geheimdienst besonders interessierenden Herkunftsländern gehandelt. Das Statistikreferat habe die Listen jeweils zu Wochenbeginn aktualisiert, daher der Name.
Als Rechtsgrundlage der Kooperation nannte die Zeugin Paragraph 8, Absatz 3 des BND-Gesetzes, das den Geheimdienst ermächtige, von anderen Behörden auch personenbezogene Auskünfte einzuholen, und diese Behörden zugleich verpflichte, die Auskünfte zu gewähren. Dass Thema sei im BAMF mehrfach zur Sprache gekommen, aber immer mit dem Ergebnis, dass die Datenübermittlung "rechtlich einwandfrei" sei, betonte Leistner-Rocca.
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