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Berlin: (hib/pst) Das geplante Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen (18/6446) fand bei einer Anhörung des Rechtsausschusses große grundsätzliche Zustimmung der geladenen Experten. Im Detail gab es aber auch viele Einwände. Vor allem die Abgrenzung von Korruption, die künftig strafbar sein soll, und sinnvoller Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens bereitet Schwierigkeiten. Der Gesetzentwurf sieht Änderungen insbesondere im Strafgesetzbuch sowie im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vor, mit denen der Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen eingeführt wird sowie die Verbände, Kammern und Kassen des Gesundheitswesens zur Mitwirkung bei der Aufdeckung und Verfolgung solcher Straftaten verpflichtet werden. Die Einführung des Straftatbestands war im Koalitionsvertrag vereinbart worden, nachdem der Bundesgerichtshof 2012 entschieden hatte, dass niedergelassene Ärzte weder als Amtsträger noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen angesehen werden können und daher bestehende Straftatbestände ins Leere laufen.
Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) wies den Rechtsausschuss auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzten für die Entwicklung und Erprobung neuer Präparate hin. Deshalb forderte der vfa-Jurist Uwe Broch einen eindeutigen Gesetzestext, um ungerechtfertigte Ermittlungen zu vermeiden. Denn "bereits das Verfolgungsrisiko stellt alle Beteiligten vor große Probleme, nicht erst das Verurteilungsrisiko". Ebenso wie andere Experten kritisierte Broch das Vorhaben, Ärzte- und Zahnärztekammern die genauere Definition des strafbaren Verhaltens zu überlassen. "Normadressaten werden so zu Normgebern", gab Brochs zu bedenken.
Nach Ansicht der Ärztin und Geschäftsführerin der Mediziner-Initiative MEZIS, Christiane Fischer, sollte nicht nur Bestechung und Bestechlichkeit unter Strafe gestellt werden, sondern so wie beim Öffentlichen Dienst auch Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung. Der Bestechung liege eine Vereinbarung über Leistung und Gegenleistung zugrunde. Viel häufiger aber sei, dass Angehörige von Gesundheitsberufen einen Vorteil erhielten, ohne sich konkret zu etwas zu verpflichten. Die Gegenleistung erfolge vielmehr unausgesprochen, etwa indem man nach einer Einladung zu einem Kongress vermehrt das dort vorgestellte Medikament verschreibe.
Der im Medizinbereich tätige Rechtsanwalt Morton Douglas hob die Notwendigkeit hervor, sicherzustellen, "dass Patienten Vertrauen fassen können". Aus Sorge um ihre Versorgung trauten sie sich oft nicht, unlautere Handlungen im Gesundheitswesen, mit denen sie konfrontiert werden, mitzuteilen. Douglas schlägt vor, den Patientenbeauftragten mit der Aufgabe zu betrauen, derartige Beschwerden zu prüfen.
Der Kölner Strafrechtsprofessor Michael Kubiciel empfiehlt, die Passagen im Gesetzestext zu streichen, nach denen für die Einleitung eines Strafverfahrens der Antrag eines Betroffenen oder eines Verbandes, einer Krankenkasse oder einer Kammer erforderlich ist. Auch andere Sachverständige schlugen vor, Korruption im Gesundheitswesen zum Offizialdelikt zu machen, bei dem die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln muss. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf kann sie dies nach eigenem Ermessen, wenn sie es wegen eines "besonderen öffentlichen Interesses" für geboten hält.
Als "großen Wurf mit kleinen Schwächen" bezeichnete Stephan Meseke, Korruptionsbekämpfer im Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung, den Gesetzentwurf. Er bemängelte das Fehlen der Pflegeversicherung im Gesetzestext und wies darauf hin, dass die Pflegebranche in Deutschland bereits mehr Beschäftigte zähle als die Automobilindustrie.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, sprach sich ebenso wie einige andere Teilnehmer der Anhörung dagegen aus, die genaue Definition strafbarer Handlungen den regionalen Kammern zu überlassen. "Korruption ist überall gleich" sagte Montgomery, deshalb solle auch die Definition bundeseinheitlich sein. Außerdem plädierte er dafür, im Gesetzestext auf die Formulierung "Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten" zu verzichten. Vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen werde nicht klar sein, was damit genau gemeint ist, vermutete Montgomery. Er sprach sich stattdessen für die Aufnahme konkreter Tatbestands-Merkmale in den Gesetzestext aus.
Auf die Schwierigkeit, bei Bestechung und Bestechlichkeit den Tatnachweis zu führen, wies der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Peter Schneiderhan, Präsidiumsmitglied des Deutschen Richterbundes, hin. Man müsse dazu eine "Unrechtsvereinbarung" nachweisen, also die Absprache von Leistung und Gegenleistung. Die Staatsanwaltschaften müssten dazu die Möglichkeit verdeckter Ermittlungsverfahren wie der Telefonüberwachung bekommen, forderte Schneiderhan. Er sei sich aber des Problems bewusst, das sich hierbei wegen der ärztlichen Schweigepflicht ergibt.
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