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Berlin: (hib/AW) Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge können zukünftig bundesweit auf alle Jugendämter verteilt werden. Dies sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/5921), den der Familienausschuss am Mittwoch in einer geänderten Fassung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Linksfraktion verabschiedete. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich der Stimme. Der Bundestag wird morgen abschließend über die Gesetzesvorlage beraten und abstimmen. Das Gesetz soll bereits zum 1. November dieses Jahres in Kraft treten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise hatte sich die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer für ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren ausgesprochen.
Durch die bundesweite Aufnahmepflicht der Länder soll gewährleistet werden, dass unbegleitete Flüchtlingskinder dort untergebracht werden können, wo Kapazitäten für eine dem Kindeswohl entsprechende Versorgung und Betreuung vorhanden sind. Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage ist dies nicht möglich. Zuständig für die Inobhutnahme von unbegleiteten Flüchtlingskindern ist bislang stets jenes Jugendamt, bei dem das Kind nach seiner Einreise nach Deutschland erstmals registriert wird. Diese Regelung führte jedoch zu einer Überforderung vieler Jugendämter in den Grenzregionen und Ballungsgebieten.
Gemäß eines Änderungsantrages von Union und SPD zum Gesetzentwurf, den der Familienausschuss gegen die Stimmen der Linken und Grünen annahm, wird der Passus, dass die Verteilung der Flüchtlingskinder nur auf "geeignete" Jugendämter zu erfolgen habe, ersatzlos gestrichen. Dies hatte auch der Bundesrat gefordert. Die Koalitionsfraktionen verwiesen darauf, dass prinzipiell jedes Jugendamt in der Lage sein muss, den Kindern eine angemessene Unterbringung, Verpflegung und Betreuung zu gewährleisten. Zuständig für die Verteilung der Flüchtlingskinder seien die Bundesländer, die auch am besten beurteilen könnten, welche Jugendämter über entsprechende Kapazitäten verfügen. Dies stieß auf Kritik der Oppositionsfraktionen. Zehn bis 20 Prozent der Jugendämter in Deutschland hätten keine Erfahrungen mit der Inobhutnahme unbegleiteter Flüchtlingskinder, hieß es aus den Reihen der Linksfraktion.
Linke und Grüne bemängelten zudem, dass den Flüchtlingskindern bei der vorläufigen Inobhutnahme kein unabhängiger, rechtlicher Vormund gestellt werde. Ebenso würde ihnen bei der Frage, wo sie in Deutschland untergebracht werden wollen, kein Mitspracherecht eingeräumt. Linke und Grünen verwiesen darauf, dass dies auch in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses zum Gesetzentwurf mehrheitlich von den Sachverständigen gefordert worden sei. Die entsprechenden Anträge der beiden Oppositionsfraktionen (18/4185, 18/5932) lehnte der Familienausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen jedoch ab. Union und SPD bezeichneten die Gesetzesvorlage als ausgewogenen Kompromiss, bei dem das Kindeswohl aber im Fordergrund stehe.
Geregelt wird durch den angenommen Änderungsantrag jetzt auch die Altersfeststellung. So soll das Alter von Jugendlichen, wenn keine gültigen Ausweispapiere vorliegen, durch eine "qualifizierte Inaugenscheinnahme" oder durch eine medizinische Untersuchung erfolgen.
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