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Die Regierungskoalition sieht sich beim nationalen Klimaschutz auf einem guten Weg, die Opposition hingegen erheblichen Nachbesserungsbedarf. Hintergrund der Debatte am Donnerstag, 3. Dezember 2015, war das im vergangenen Jahr von der Bundesregierung beschlossene „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“. Zu dessen Umsetzung lagen eine Antwort der Bundesregierung (18/6763) auf eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5489) sowie der Klimaschutzbericht 2015 der Bundesregierung (18/6840) vor. Mit dem Programm soll eine Lücke von fünf bis acht Prozentpunkten beim nationalen Klimaziel für 2020 geschlossen werden. Bis dahin will die Bundesrepublik 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 produzieren.
Die Umsetzung des Aktionsprogramms schreite voran, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD). Die Umsetzung fast aller über 100 Maßnahmen sei in Gang gebracht worden und werde kontinuierlich und transparent begleitet. Man müsse aber auch die Wirkung abwarten, konterte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Kritik der Opposition. Eine Einhaltung des nationalen Klimaschutzzieles sei von erheblicher Bedeutung.
„Wenn wir international ambitionierte Ziele wollen und uns dafür einsetzen, dann müssen wir daheim auch unsere Hausaufgaben machen. Und das tun wir“, sagte Schwarzelühr-Sutter mit Blick auf die aktuell in Paris stattfindende UN-Klimakonferenz. Die Sozialdemokratin bekräftigte zudem, dass eine Dekarbonisierung in Deutschland bis zum Ende des Jahrhunderts angestrebt werde. Diese müsse aber auch sozialverträglich gestaltet werden.
Carsten Müller (CDU/CSU) lobte die Klimapolitik der Bundesregierung und Koalition ebenfalls. Der Klimaschutz sie bei ihnen „bestens aufgehoben“. Er mahnte aber mehr Geschwindigkeit beim „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ an, einem wichtigen Bestandteil des Aktionsprogramms. Enttäuscht zeigte sich Müller über die Umsetzung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Hier stünden vor allem die Bundesländer auf der Bremse, sagte der Christdemokrat.
Josef Göppel (CDU/CSU) betonte die Bedeutung des Ausbaus der erneuerbaren Energien für die Klimapolitik. In Hinblick darauf warnte er davor, die Beteiligung der Bevölkerung durch ein zu konzernfreundliches Ausschreibungsverfahren einzuschränken. Zwar sei es richtig, dass die Energiekonzerne sich neue Geschäftsfelder erschließen, aber dadurch dürften Klein-Initiativen nicht „abgewürgt“ werden. Die EU-Beihilferichtlinie sehe etwa Freigrenzen bei der Förderung von Windradanlagen vor. Diese müssten in Deutschland auch angewandt werden. Grundsätzlich müssten auch die Ausbaukorridore für erneuerbare Energien überprüft werden, sagte Göppel.
Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) forderte wesentlich mehr Anstrengungen von der Regierung. Die Erreichung des Klimaschutzziels sei erheblich gefährdet. „Schöne Worte allein reichen nicht“, sagte Höhn. Schon bei der Verabschiedung des Aktionsprogramms habe ihre Fraktion angemahnt, dreimal so viel zu machen – und sei dafür von der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) scharf kritisiert worden.
Nun hätten auch Experten die Einschätzung der Grünen bestätigt. Außer im Verkehrsbereich müsse auch im Energiebereich nachgesteuert werden, die Bundesregierung tue dies aber nicht. Stattdessen werde der Ausbau von Fotovoltaik blockiert und gleichzeitig würden Braunkohlekonzerne subventioniert. Dabei trete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) international als „Klimaqueen“ auf. „Wenn sie international lächeln und national schwächeln, dann ist das die falsche Politik“, sagte die Vorsitzende des Umweltausschusses.
Eva Bulling-Schröter (Die Linke) stellte der Bundesregierung bei der Umsetzung des Aktionsprogramms ein Zwischenzeugnis mit der Note „sehr mangelhaft“ aus. Auch sie forderte eine Vervielfachung der Anstrengungen. Schlimmste Versäumnisse seien etwa im Verkehrsbereich zu verzeichnen. Aber auch das Scheitern der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung sei ein Rückschlag. In diesem Bereich hätte eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden müssen.
Das Anreizprogramm der Bundesregierung in Höhe von 145 Millionen Euro sei im Vergleich dazu „ein Witz“, sagte die klimapolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sie warf der Bundesregierung zudem vor, den Energiekonzernen Geld für die Abschaltung ihrer Kraftwerke zu schenken. Das sei „Politik für die Konzerne“, sagte die Linke-Abgeordnete.
Umstritten zwischen Opposition und Koalition war zudem die Förderpolitik der KfW-Bankengruppe. Höhn und Bulling-Schröter kritisierten, dass die KfW international Kredite in Höhe von 3,3 Milliarden Euro für Kohleprojekte vergeben habe. Schwarzelühr-Sutter und Müller hielten dagegen, dass die KfW im selben Zeitraum 173 Milliarden Euro für Klimaprojekte und grüne Technologien zur Verfügung gestellt habe.
Ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6900), der die Bundesregierung aufforderte, eine Verständigung darüber herbeizuführen, wie das Land in den nächsten 20 bis 25 Jahren aus der Kohle aussteigen könne, wurde in namentlicher Abstimmung abgelehnt. 460 Abgeordnete stimmten gegen die Vorlage, 118 dafür. (scr/03.12.2015)