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Kleinstaaterei, uneinheitliche Regelungen oder sogar einen Flickenteppich, wenn nicht alle Bundesländer den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) verbieten sollten, befürchtet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei der geplanten Regelung eines flächendeckenden Anbauverbots für Gen-Pflanzen in ganz Deutschland. Aus diesem Grund verlangte die Fraktion eine Aktuelle Stunde zum Thema „Haltung der Bundesregierung zu einem bundeseinheitlichen Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen“ am Mittwoch, 23. Februar 2015, im Bundestag.
Zuvor war am Wochenende der Gesetzentwurf von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) zur sogenannten Opt-out-Regelung bekannt geworden. Opt-out meint eine Ausnahmeregelung für EU-Mitgliedstaaten, nationale Anbauverbote oder Beschränkungen für GVO-Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet oder in Teilen davon beschließen zu dürfen. Schmidt plädiert in dem Entwurf dafür, statt auf Bundesebene die Anbauverbote auf der Ebene der Länder beschließen zu lassen.
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) regte auf, dass Minister Schmidt mit seinem Entwurf die Verantwortung für den Anbau für GVO an die Bundesländer abschiebe. Die Regierung betrüge die deutsche Öffentlichkeit, weil sie noch ein Jahr zuvor behauptet habe, ein flächendeckendes Anbauverbot für ganz Deutschland durchsetzen zu wollen. „Doch nun rücken sie davon ab.“
Das habe einen rechtlichen Flickenteppich zur Folge, der der Anfang vom Ende der Gentechnikfreiheit in Deutschland sei, prophezeite Ebner. Niemand könne garantieren, dass jedes Land ein Gesetz einführen werde. Ebner fragte, wofür in Brüssel verhandelt worden sei, wenn auf Bundesebene ein entsprechendes Gesetz nicht rechtssicher beschlossen werden könne. „Dann hätten Sie in Brüssel nie zustimmen dürfen.“ Er forderte: „Sorgen Sie dafür, dass es ein umfassendes Gentechnikverbot in ganz Deutschland gibt.“
„Weg vom Eifer und Hinwendung zur Realität“, forderte hingegen Minister Schmidt. Selbst im Koalitionsvertrag stehe, dass die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber GVO anerkannt würden. „Mein Auftrag ist das Ziel des flächendeckenden Verbots“, sagte er. Deshalb schöpfe er alle Möglichkeiten aus, einen nationalen Ausstieg rechtssicher zu verankern.
Der Aufregung der Opposition mochte der Minister nicht folgen, denn der Gesetzentwurf stehe am Anfang und habe noch nicht die Ressortabstimmung durchlaufen. Selbst der EU-Richtlinienentwurf, der den Rahmen für die Opt-out-Regelung setze, werde erst Anfang März erwartet.
Schmidt machte aber deutlich, dass es Rechtssicherheit nur auf Länderebene geben könne, denn Anbauverbote von GVO würden zum Beispiel die Berufsfreiheit betreffen. „Die Länder müssen mit in die Pflicht genommen werden“, sagte er, denn es sei zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht ein strenges Augenmerk auf die Regelung richten werde. „Deshalb muss ein Opt-out auf die Besonderheiten vor Ort abstellen.“ Schmidt versprach, den Gesetzentwurf dem Parlament zügig vorzulegen.
„Die Mehrheit in diesem Land will keine gentechnisch veränderten Pflanzen“, betonte Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) in ihrer Rede. Doch eine große Mehrheit in der Volksvertretung werde von einer Minderheit im Parlament ausgebremst, monierte sie. Tackmann unterstellte den Unionsabgeordneten, nicht entschlossen genug nach einer umfassenden Regelung zu suchen, weil diese das Verbot eigentlich nicht wollen.
Gegen die ausdrücklichen Beschlüsse der Landesagrarminister und des Bundesrates sei Schmidt mit seinem Regelungsvorschlag auf Länderebene nun unerwartet ausgeschert. „Dabei ist ein großflächiges Anbauverbot der einzige Schutz der Gentechnikfreiheit“, sagte sie. Die Möglichkeit GVO-Pflanzen und konventionelle Pflanzen gleichzeitig anzubauen, sah Tackmann nicht. Die Trennung während des Anbau- und Verarbeitungsprozesses sei weder zu gewährleisten noch zu bezahlen.
Ute Vogt (SPD) hob hervor, dass der Minister den Entwurf zu einem sehr frühen Zeitpunkt vorgelegt habe: „Deshalb sind wir nun in der guten Lage, von Anfang an unsere Kompetenz einbringen zu können und zu sammeln.“ Vogt forderte für die Sozialdemokraten, dass Anbauverbote immer ausgesprochen werden, sobald Zulassungsanträge vorgelegt werden.
Vogt schlug zudem vor, dass von der Bundesebene aus die regionalen Gegebenheiten beschrieben werden könnten, um ein deutschlandweites Verbot rechtssicher zu formulieren. „Denn der Bund muss das Heft des Handelns in den Händen halten.“ Doch seien auch die Länder gefragt, falls eine spätere Bundesregierung vielleicht einmal kein Interesse an der Opt-out-Regelung haben sollte.
Dass das deutsche Gentechnikgesetz zu den schärfsten der Welt gehöre, schrieb Gitta Connemann (CDU/CSU) dem Einsatz der Union zugute. Zur Wahrheit gehöre außerdem, dass derzeit kein Landwirt in Deutschland GVO-Pflanzen anbaue, betonte sie. Obwohl der Gesetzentwurf am Anfang stehe, würden aber die Grünen Horrorszenarien entwerfen, kritisierte sie.
Die Unionsabgeordnete äußerte sich zudem verwundert über die frühe und breite Ablehnung des Ministervorschlags, denn der Entwurf sei im Interesse der Länder, die immer wieder nach Öffnungsklauseln und Mitbestimmung rufen würden. „Doch in diesem Fall sollen die Länder außen vor gelassen werden“, fragte Connemann. „Die Bundesländer können gemeinsame Wege gehen, das nennt sich Föderalismus“, erwiderte sie auf die Forderungen der Opposition. (eis/25.02.2015)