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"Kinder haben ein Recht auf diskriminierungsfreies Leben" so die Vorsitzende der Kinderkommission (Kiko) Susann Rüthrich (SPD) eingangs in der öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 25. Februar 2015. Die Kinderkommission hatte Experten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu einem Fachgespräch eingeladen, um den Status quo der Umsetzung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und Erfahrungen damit darzulegen.
Die Kinderrechte müssen gewahrt werden, betonte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. "Kinder sind ein wichtiges Potenzial für die Gesellschaft, und es darf niemand aus dem Raster fallen." Lüders stellte einen Bericht von 2013 vor und machte klar, dass Diskriminierung in allen Bereichen des Lebens existiert - insbesondere im Bildungsbereich. Der Bericht ergab, dass sich jeder vierte junge Mensch mit Migrationshintergrund an der Schule oder Universität diskriminiert fühlt.
Diskriminierung hänge, so Lüders, nicht nur von Hautfarbe, Alter, Religion, ethnischer Herkunft oder sexueller Orientierung ab, sondern auch von der sozialen Herkunft. "Kinder mit niedriger sozialer Herkunft haben noch immer geringere Bildungschancen", kritisierte Lüders. "Sie verlassen die Schule häufig ohne Schulabschluss oder erlangen selten das Abitur als Kinder aus Akademikerfamilien."
Diskriminierung beginne schon im Kindergarten, erklärte Lüders, denn ein Problem sei die Trennung der Kinder in homogene Gruppen. Das betreffe einerseits Kinder mit Behinderung, Kinder mit Migrationshintergrund oder sozial schwacher Herkunft. "Das ist einfacher für die Erzieher, da heterogene Gruppen meist schwieriger zu betreuen sind."
Dies gefährde jedoch die Teilhabechancen der Kinder, so Lüders: "Wir wissen alle, dass heterogene Gruppen sich positiv auf die Bildungschancen später und die komplette soziale Entwicklung auswirken."
Kindern mit Migrationshintergrund würden oft grundsätzlich mangelnde Leistungsfähigkeit - durch beispielsweise unzureichende Deutschkenntnisse - vorgeworfen. "Noten sind nur scheinbar neutral", so Lüders. Diskriminierung führe zu sinkender Motivation und Selbstwertgefühl bei den Kindern und Jugendlichen und infolgedessen zu einem deutlichen Leistungs- und Entwicklungsnachteil im Vergleich zu den anderen Kindern.
Die Schulen seien oft nicht bereit, die Diskriminierung durch Lehrer oder Schüler zu thematisieren. Lüders fordert mehr Beschwerdestellen in den Ländern und Kommunen und sensibilisierende Aufklärung innerhalb der Schulen und Universitäten. Bei einer Häufung von Beschwerden seien die Schulen gezwungen, Stellung zu nehmen und Diskriminierungen nicht zu tabuisieren.
Dies betonte auch Bernhard Franke, Leiter der Beratungsstelle der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Ihn erreichten viele Beschwerden von Eltern, die aufgrund ihrer Kinder keinen oder erschwerten Zugang zu bestimmten Hotels oder Restaurants der gehobenen Klasse bekommen. Bei der Wohnungssuche gebe es Vermieter, die sich gegen junge Familien mit Kindern entscheiden, um die Ruhe der Hausgemeinschaft zu wahren.
Franke bezeichnet dies als Diskriminierung durch Assoziierung, da die Eltern sich melden und beschweren müssen, weil sie wegen ihrer Kinder diskriminiert werden. Ob der Hotelbesitzer mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müsse, wollte Kiko-Vorsitzende Rüthrich von den Experten wissen. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sehe eine Entschädigungszahlung vor, so Franke, jedoch seien die Betroffenen von einer individuellen Rechtsverfolgung und von der Einzelfallentscheidung abhängig. Sollte der Hotelbesitzer sachliche Argumente aufzeigen wie etwa Sicherheitsinteressen, dann liege keine Diskriminierung im Sinne des Gesetzes vor. (abb/26.02.2015)