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Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat den am 16. Februar im Alter von 93 Jahren verstorbenen ehemaligen CDU-Abgeordneten und Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Dr. h.c. Heinrich Windelen als "Parlamentarier aus Leidenschaft" gewürdigt. Zu Beginn der Plenarsitzung am Donnerstag, 26. Februar 2015, erhoben sich die Abgeordneten zu Ehren Windelens von ihren Plätzen. Windelen habe über Jahrzehnte die Landes- wie die Bundespolitik mitgestaltet. Dem Bundestag habe er mehr als drei Jahrzehnte lang angehört: "Bei seinem Abschied 1990 war er längst eine parlamentarische Instanz."
Heinrich Windelen habe zu der im wörtlichen Sinne "aussterbenden" Generation gehört, mit deren Biografie die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert eng verbunden sei. 1921 geboren und in den schwierigen Anfangsjahren der Weimarer Republik aufgewachsen, sei sein Lebensweg nachhaltig vom Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen gekennzeichnet gewesen.
"Er erlebte den Krieg an der Front, er wurde aus der niederschlesischen Heimat vertrieben, er war gezwungen, eine völlig andere berufliche Richtung einzuschlagen als er zuvor geplant und begonnen hatte", sagte der Bundestagspräsident. Die Erfahrungen von Diktatur, Krieg und Vertreibung hätten Windelens politische Überzeugungen und Werte geprägt.
Bereits 1946 sei Windelen in die CDU eingetreten und habe sich kommunalpolitisch engagiert. 1957 sei er erstmals in den Bundestag eingezogen. In acht aufeinanderfolgenden Bundestagswahlen sei er als Direktkandidat in seinem westfälischen Wahlkreis Warendorf gewählt worden. In der Unionsfraktion und in der nordrhein-westfälischen Landesgruppe der Fraktion habe er früh auf sich aufmerksam gemacht, viele Jahre sei er stellvertretender Fraktionsvorsitzender gewesen.
1969 war Windelen in der ersten Großen Koalition kurzzeitig Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, in den siebziger Jahren habe er sich parlamentarisch vor allem als einflussreicher Vorsitzender des Haushaltsausschuss einen Namen gemacht, rief Lammert in Erinnerung.
1981 sei er schließlich als Nachfolger des kürzlich verstorbenen Richard von Weizsäcker, der als Regierender Bürgermeister nach Berlin gewechselt war, zum Vizepräsidenten des Bundestages gewählt worden. "In diesem hohen parlamentarischen Amt, das er souverän und überparteilich ausübte, blieb er bis 1983, dann wechselte er erneut in die Bundesregierung und übernahm das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen", sagte der Bundestagspräsident.
Besonders am Herzen seien ihm, der seine Heimat selbst verloren habe, die Interessen der Vertriebenen gelegen, betonte Lammert. "Es spricht für seine Gradlinigkeit, dass er sich zu der Gültigkeit der Ostverträge bekannte, die er persönlich bekämpft und abgelehnt hatte, weil sie von einem demokratisch gewählte Parlament beschlossen worden waren. In seiner Amtszeit setzte er sich pragmatisch dafür ein, die Folgen der Teilung für die Menschen zu mildern. Das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes war ihm dabei immer die maßgebliche Orientierung."
Windelen habe seine deutschlandpolitischen Überzeugungen auch dann unbeirrt vertreten, als sie "quer zum Zeitgeist" lagen, sagte Lammert. Doch zu seiner Persönlichkeit habe auch gehört, dass er sich nach dem Abschied vom Parlament als Vorsitzender der Stiftung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit intensiv für die Aussöhnung mit dem östlichen Nachbarn engagierte.
"Wir sind Heinrich Windelen dankbar für alles, was er für den Aufbau einer stabilen parlamentarischen Demokratie in unserem Lande über viele Jahre hinweg geleistet hat. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Seinen Kindern und allen Angehörigen spreche ich im Namen des ganzen Hauses unsere Anteilnahme aus", schloss der Bundestagspräsident. (vom/26.02.2015)