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Auch wenn ein Begriff manchmal sperrig ist, kann sich hinter ihm eine große Idee und eine fast geschlossene Einmütigkeit aller Fraktionen im Deutschen Bundestag verbergen. Am Donnerstag, 5. März 2015, debattierte der Bundestag über den Antrag von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur „Bildung für nachhaltige Entwicklung - Mit dem Weltaktionsprogramm in die Zukunft“ (18/4188). Der Antrag, der eine stärkere Unterstützung dieses Bildungsansatzes fordert, wurde von der Mehrheit der Fraktionen angenommen. Zwar kritisierte Dr. Rosemarie Hein (Die Linke) den Antrag als zu ideenlos. Doch auch die Linksfraktion lehnte den Antrag nicht ab, sondern enthielt sich lediglich.
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist ein interdisziplinäres, Bildungsbereiche übergreifendes Lehr- und Lernkonzept. Es soll Menschen ermöglichen, Wissen über nachhaltige Entwicklung anzuwenden und sie befähigen, sowohl die Gegenwart wie die Zukunft vor dem Hintergrund sozialer, ökonomischer und ökologischer Erfordernisse so (mit-)zu gestalten, dass gute Lebensbedingungen für nachfolgende Generationen mindestens genauso gewährleistet sind, wie für die heutige Welt-Gesellschaft, heißt es unter anderem im Antrag.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sybille Benning begrüßte den Vorstoß, die nachhaltige Bildung weiter zu stärken, da alle Experten darauf hinweisen würden, dass in der gerade zu Ende gegangenen Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen (2005 bis 2014) das gesellschaftliche Bewusstsein für die Bedeutung von Nachhaltigkeit national und international deutlich Fortschritte gemacht habe.
„Das ist ein Erfolg“, so Benning. Nun ginge es darum, dass die „hervorragenden Ansätze“ der UN-Dekade festere Verankerung in allen Bereichen des vielschichtigen Bildungssystems fänden. Ziel sei es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, das ein Leben auf Kosten der nächsten Generation keine Option sei. „Wir wollen wirtschaftlichen Fortschritt im Sinne einer Green Economy“, sagte Benning.
Rosemarie Hein beklagte, dass der Wunsch nach Verstetigung nachhaltiger Bildung zwar begrüßenswert sei, sich aber keine konkreten Vorschläge dazu im Antrag fänden. Es gebe viele Möglichkeiten, mit Projekten zu punkten. Sie führte unter anderem aus, wie man Kindern und Jugendlichen im Schulunterricht klar machen könnte, dass billige T-Shirts vom Wühltisch meist unter „dramatisch schlechten Arbeitsbedingungen“ hergestellt worden seien und dass auch die Gesellschaft dafür Verantwortung trage.
Dieses Thema könnte man zeitgleich abgestimmt in Fächern wie Geografie, Geschichte, Mathematik, Chemie, Sozialkunde und Deutsch unterrichten, schlug sie vor: „Es ist sinnvoll, zu komplexen Themen der Nachhaltigkeit auch komplex zu arbeiten.“
Saskia Esken (SPD) erinnerte daran, wie der Club of Rome mit seinem Bericht zu den Grenzen des Wachstums unserer Gesellschaft die Augen geöffnet habe und die Brundtland-Kommission in den achtziger Jahren den Beginn einer internationalen Politik für Umwelt und Entwicklung definiert habe. Der Begriff der Nachhaltigkeit habe seitdem eine „ziemliche Konjunktur aber auch eine stetige Weiterentwicklung“ erfahren.
In den Anfängen sei Nachhaltigkeit vor allem ökologisch definiert worden. Heute denke man den Begriff der Nachhaltigkeit viel weiter, zum Beispiel im Sinn einer sozialen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit, die sich mit Entwicklungen wie dem demografischen Wandel oder dem Zusammenhalt einer Gesellschaft auseinandersetze. Esken zitierte das chinesische Sprichwort: „Planst Du für eine Jahr, dann säe Korn. Planst Du für ein Jahrzehnt, dann pflanze Bäume. Planst Du für ein Jahrhundert, so bilde Menschen.“ Bildung und Nachhaltigkeit würden untrennbar zusammengehören.
Die Rednerin von Bündnis 90/Die Grünen, Beate Walter-Rosenheimer, sagte, Nachhaltigkeit berühre alle Bereiche des Alltags. Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft würden sich gegenseitig beeinflussen: „Alles hängt mit allem zusammen“, sagte die Grüne. Bildung für nachhaltige Entwicklung beschreibe einen Weg, um die Welt im Gleichgewicht zu halten. Sie helfe Kindern und Jugendlichen, Kompetenzen zu entwickeln und ihre Zukunft nachhaltiger zu gestalten.
Beate Walter-Rosenheimer verwahrte sich gegen den Vorwurf von Rosemarie Hein, der Antrag sei zu unkonkret und betonte, dass die Bundesressorts darauf hinwirken sollen, Bildung für nachhaltige Entwicklung in ihren Strategien zu verankern und sich international für ihre Sicherung und Umsetzung einzusetzen. Zu Unterstützung dieser Ziele sei es ratsam, eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten und entsprechend Bericht zu erstatten. (rol/05.03.2015)