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Das Ende der Milchquote ist für die Milchwirtschaft in Deutschland von besonderer Brisanz. „Richtig zufrieden war man mit der Quote nie“, sagte Alois Gerig (CDU/CSU), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, am Montag, 23. März 2015. Deutschland zähle zu den größten Milchproduzenten in der EU, sodass die Ende März auslaufende Quotenregelung besondere Auswirkungen auf die Milchbranche haben werde. Gerig hob hervor, dass die öffentliche Anhörung des Agrarausschusses über die „Instrumente für Krisenintervention und -management auf dem Milchmarkt“ ein Zeichen setzen soll, die Milcherzeuger bei dem Systemwechsel nicht alleine lassen zu wollen.
Die Festlegung von Produktionsquoten in der Milchwirtschaft wurde im Jahr 1984 eingeführt, weil die Landwirtschaft Anfang der 1980er Jahre vor dem Problem der Überproduktion stand. Erklärtes Ziel der Einführung der sogenannten Milchquote war es, dass die Einkommen der Milcherzeuger gesichert werden. Doch „katastrophale Preistäler“ seien auch durch die Quote nicht abgewendet worden, erinnerte Gerig. Mit der im vergangenen Jahr beschlossenen Reform der gemeinsamen europäischen Agrarreform (GAP) soll von diesem System abgerückt werden. Damit werde der Milchmarkt ab April ohne weitere staatliche Intervention auskommen müssen.
„Gute Preise können zum Strukturwandel führen, schlechte Preise führen in jedem Fall dazu“, beschrieb Romuald Schaber aus der Sicht des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) die Situation der Milchwirtschaft in Deutschland. Schaber warb dafür, dass der Einsatz von Fördermitteln zum Beispiel im Rahmen der Ausgleichszahlungen an die Landwirte differenzierter erfolgen sollte. Würde die Förderung an den erforderlichen Einsatz von Arbeitskräften gebunden werden, könnte dies personalintensiven landwirtschaftlichen Produktionsformen wie der Milchviehhaltung helfen.
Auch für Ottmar Ilchmann von Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) schien klar, dass der Wegfall der Quote den Strukturwandel in der Landwirtschaft befördere, der große Betriebe dazu zwinge, weiter wachsen zu müssen. Kleinere Betriebe, die ihre Produktion an die ihnen zur Verfügung stehende Fläche binden, würden hingegen verdrängt oder es schwerer haben. Deshalb sprach sich auch Ilchmann dafür aus, dass die Verteilung von Förderzahlungen auf die ersten Hektare viel höher ausfallen müsse. Zwar würde dadurch das Prinzip "Wachsen oder weichen" nicht aufgehalten, weil es für große Betriebe notwendig bleibe, mehr Fläche zu erwerben, aber es böte durch höhere Fördermittel eine Perspektive für kleine Betriebe, die ihr Auskommen in den regionalen Märkten suchen.
Ein Aspekt, den Udo Folgart vom Deutscher Bauernverband e.V. (DBV) insofern unterstützte, als eine „Aussteuerung von Benachteiligungen für Betriebe über Fördermittel aus der zweiten Säule“ erfolgen könnte. Aus der sogenannten zweiten Säule werden mit Fördermitteln aus Brüssel von landwirtschaftlichen Betrieben erbrachte Umweltmaßnahmen bezahlt und ländliche Infrastruktur finanziert.
Doch Folgart warnte, dass darüber hinaus nicht die bürokratischen Kosten für die Landwirte vergessen werden dürfen. Gerade die Auflagenflut zum Beispiel durch die derzeit in der Novellierung befindliche Düngemittelverordnung drohe zur großen finanziellen Last zu werden, die kleine Betriebe nicht so einfach Schultern könnten.
In der Diskussion, ob das Ende der Milchquote zu einem konstanten Milchpreis führen werde, machte Heinrich Schmidt vom Deutschen Raiffeisenverband e.V. (DRV) wenig Hoffnung. „Die Preisschwankungen werden erhalten bleiben und auch stärker ausfallen“, sagte er. Der Markt der Warentermingeschäfte, der zu mehr Verlässlichkeit führen könnte, sei derzeit noch klein, aber ein wachsendes Pflänzchen. Deshalb wolle der Raiffeisenverband Schulungsprojekte anbieten, um die Erzeuger zu schulen und bei der Entwicklung des Warenterminmarktes zu helfen.
Prof Dr. Holger Thiele vom Institut für Ernährungswirtschaft e.V. sah in dieser Frage die Politik in der Verantwortung: „Sie kann helfen und die Entwicklung beschleunigen, bis eine Warenterminbörse ihrer Funktion gerecht wird.“ Dazu müsse Know-how entwickelt und verbreitet werden. Auch der Wissenschaftler Dr. Sascha Weber vom Thünen-Institut für Marktanalyse machte sich für mehr Initiative seitens der Politik stark. Der Staat müsse nicht direkt eingreifen und die Börse in Schwung bringen, aber er könne für Aufklärung sorgen, denn das Verständnis der Erzeuger sei dafür noch nicht weit genug entwickelt.
Landwirt und Molkereibetreiber Gunnar Hemme von der Molkerei Hemme bremste indes den Enthusiasmus hinsichtlich einer Warenterminbörse, denn ein langfristiger Vertrag zwischen seiner Molkerei und den Zulieferern, der für Preisstabilität sorgen könnte, wäre bei den gegebenen Marktumständen nicht durchzuhalten.
Deshalb sah Hemme für seine vergleichsweise kleine Molkerei die Hauptchance in der Direktvermarktung. Großen Produzenten räumte er auch vor dem Hintergrund der Verhandlungen um diverse Freihandelsabkommen gute Absatzchancen im Export ein. Eine Möglichkeit, die auch Schmidt hervorhob, denn es könnten vor allem viele veterinärrechtliche Fragen durch solche Abkommen gelöst werden, die im Wesentlichen den Warenverkehr hemmen würden. (eis/23.03.2015)
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