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Das Recht der Kinder auf Bildung ist in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen verankert. © picture alliance / ZB
Deutschland hat bisher zu wenig in sein Bildungssystem investiert, um allen Kindern und Jugendlichen ihr Recht auf Bildung und beruflicher Ausbildung zu ermöglichen. Deshalb muss die Ausbildung attraktiver werden, so die einhellige Meinung der Experten in einem öffentlichen Fachgespräch der Kinderkommission (Kiko) unter Vorsitz von Susann Rüthrich (SPD) am Mittwoch, 6. Mai 2015. Insbesondere fehle es im Bereich des Handwerks an jungen, interessierten Auszubildenden.
Das hochdifferenzierte Schulsystem Deutschlands stelle im Hinblick auf Chancengleichheit oft unüberwindbare Barrieren für benachteiligte Kinder und Jugendliche dar, so Nuri Kiefer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der auch aus der Praxiserfahrung als Schulleiter einer Gemeinschaftsschule in Berlin-Reinickendorf berichtete.
Durch die derzeit steigende Zahl an Flüchtlingskindern werde die systemische Benachteiligung deutlich, aufgrund von Sprachbarrieren oder dem nicht geregelten Recht für Flüchtlingskinder auf Schulbildung.
Kiefer hob zudem hervor, dass Kinder in dieser besonderen Situation einen großen Bedarf an Schulpsychologen hätten. Die Relation von Schülern zu Psychologen sei aber in Deutschland zu niedrig. Derzeit liege der Wert bei eins zu 1200 - was im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder in Europa unterdurchschnittlich sei.
"Schulbildung ist nur auf dem Papier unentgeltlich", monierte Kiefer, weil viele Eltern monatlich das Essensgeld oder den Nachhilfeunterricht finanzieren müssen. "Die finanzielle Situation sollte über ein gerechteres Steuersystem geregelt werden", schlug Kiefer vor. Oft aber würden Familien an den bürokratischen Hürden scheitern, um finanzielle Unterstützung für ihr Kind beantragen zu können.
"Das Durchschnittsalter der Auszubildenden im Handwerk ist in den letzten Jahren von 16 auf 21 Jahre gestiegen", sagte Katharina Schumann von der Handwerkskammer Berlin. Nach der Schule würden viele Schüler in sogenannten Übergangssystemen hängen bleiben, anstatt direkt eine Ausbildung zu beginnen.
Einen Grund sehe sie in der Überhöhung des Abiturs und des Studiums im Hinblick auf das zu erwartende höhere Einkommen. Deutschland sei in der Hinsicht zu abschlussorientiert, so Schumann. "Am Abitur wird viel festgemacht". Den Eltern müsse die Angst genommen werden, denn die führe dazu, dass Kinder bereits in der Grundschule in die gymnasiale Laufbahn gedrängt würden, kritisierte Kiko-Mitglied Beate Walter-Rosenheimer (Bündnis 90/Die Grünen).
Die Arbeitstätigkeit und die damit verbundene Ausbildung müssen ein positives Bild erhalten, meinte Schumann. Ihr Vorschlag: Duale Studiengänge, Schulpraktika, Wirtschafts- und Arbeitsthemen schon in die Grundschulen zu integrieren und so die Arbeitstätigkeit attraktiver zu machen.(abb/07.05.2015)