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Besondere Aktualität hatte die von Bündnis 90/Die Grünen verlangte Aktuelle Stunde im Bundestag zu „Äußerungen der EU-Kommission über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zur Pkw-Maut“ am Donnerstag, 18. Juni 2015. Denn einige Stunden vorher wurde aus Brüssel offiziell bekanntgegeben, aufgrund einer Diskriminierung ausländischer Autofahrer ein entsprechendes Verfahren einleiten zu wollen.
Bereits kurz davor, hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bereits angekündigt, die Mauteinführung zeitlich verschieben zu wollen. Grüne und Linke untermauerten bei der Debatte ihre grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben, während SPD und CDU/CSU deutlich machten, dass sie weiterhin dazu stehen. Dobrindt zeigte sich zuversichtlich, sich gegenüber Brüssel durchsetzen zu können.
Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen) forderte Dobrindt dazu auf, von dem Vorhaben abzurücken, denn „Diskriminierung bleibt Diskriminierung“. Es sei offensichtlich, dass die gekoppelte Verknüpfung der Einführung einer Infrastrukturabgabe mit einer gleichzeitig entsprechenden Entlastung der deutschen Autofahrer ausländische Autofahrer diskriminiere und rechtlich nicht europakonform sei.
Auch sei die europäische Rechtssprechung hier sehr klar, wie beispielsweise eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gegen die damaligen deutschen Pläne für eine Lkw-Maut zeigten. “Doch je länger wir uns das Trauerspiel anschauen, umso länger benimmt sich die CSU wie ein Kind“, unterstrich Wilms. „Hören Sie endlich auf mit ihren Angriffen gegen die EU-Kommission“ forderte sie Dobrindt auf.
Herbert Behrens (Die Linke), verwies ebenfalls darauf, dass schon beim Gesetzgebungsverfahren deutlich geworden sei, dass die Pkw-Maut in der jetzigen Form von der EU auf ihre diskriminierende Wirkung gegenüber ausländischen Autofahrern überprüft werden würde. „Doch Sie haben dies nicht akzeptieren wollen und Bedenken nicht ernst genommen“, sagte Behrens gegenüber Dobrindt.
Brüssel stoße sich ja nicht an der Einführung einer Infrastrukturabgabe in Deutschland, sondern an der gleichzeitigen entsprechenden Entlastung deutscher Autofahrer durch die Kfz-Steuer. Nun sei abzusehen, dass Brüssel diese Entlastung kippe und somit die Maut für alle komme, „die eigentlich so nicht durchgehen sollte“ und von den Linken abgelehnt werde.
Sebastian Hartmann (SPD), unterstrich „dass die Pkw-Maut eigentlich keine Herzensangelegenheit der SPD ist“. Doch man stehe zum Koalitionsvertrag, der eine entsprechende Regelung vorsehe, wenn diese nutzergerecht und europakonform sei und die deutschen Autofahrer nicht zusätzlich belastete.
Nun müsse es darum gehen „dass jetzt die kommende Zeit genutzt werden muss, um der EU-Kommission in Gesprächen klar zu machen, dass das Gesetz europakonform ist“. „Wir nehmen das Vertragsverletzungsverfahren ernst“, betonte Hartmann. Doch es müsse weiterhin gelten, dass „wir nicht eine Maut für alle bekommen, ohne eine Entlastung der deutschen Autofahrer“.
Steffen Bilger (CDU/CSU): „Ich kann verstehen, dass Sie als Opposition jetzt jubeln“, sagte Bilger, „doch nach wie vor ist es eine Ungerechtigkeit, dass es im Ausland fast überall eine Maut gibt, aber bei uns nicht.“ Im Übrigen gehe die EU, die „Steuerpolitik in Deutschland und die vorgesehene Entlastung der deutschen Autofahrer Brüssel nichts an“.
Er zeigte sich überzeugt, dass die vorgesehene Pkw-Maut in der jetzigen Form verfassungskonform sei und ein EU-Vertragsverletzungsverfahren deshalb „im Sande“ verlaufe. Doch begrüßte Bilger ausdrücklich die Verschiebung des Vorhabens durch Dobrindt, um die Entscheidung des EuGH abzuwarten, doch anschließend sei eine „zügige Umsetzung nötig“.
Bundesverkehrsminister Dobrindt verteidigte die vorgesehene Pkw-Maut. Doch nehme man „die Entscheidung Brüssels für eine Überprüfung ernst“ und „warte nun ab“. Doch keiner werde durch die vorgesehene Regelung diskriminiert. „Alle müssen die Abgabe zahlen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit“.
Dies komme sogar EU-Forderungen nach Einführung einer Nutzerabgabe nach. Die Entlastung deutscher Autofahrer durch die Kfz-Steuer helfe konsequent „Doppelbelastungen zu vermeiden“ und sei ein originäres nationales Hoheitsrecht. Dobrindt zeigte sich überzeugt, dass die Regelung europarechtskonform ist und entsprechend umgesetzt werden kann. (hcn/18.06.2015)