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Die hochkomplexe Neujustierung des nationalen Räderwerks bei der Abwicklung maroder Banken nach den aktuellen EU-Vorgaben ist der Bundesregierung offenbar weitgehend gelungen. Jedenfalls bekam der entsprechende Gesetzentwurf zum Abwicklungsmechanismusgesetz (18/5009) bei einigen kritischen Anmerkungen überwiegend gute Noten, als am Mittwoch, 1. Juli 2015, Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss dazu Stellung nahmen.
Der Entwurf sei „durchweg zu begrüßen“, befand etwa die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der Sitzung unter Vorsitz von Ingrid Arndt-Brauer (SPD). Die Regelungen würden „mit dazu beitragen, den Bankensektor weiter zu stärken und die Finanzmarktstabilität zu sichern“. Und die Deutsche Bundesbank versicherte, dass sie die Zielsetzung des Gesetzentwurfs „unterstützt“.
Bei der Umsetzung in deutsches Recht sind das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Restrukturierungsfondsgesetz, das Pfandbriefgesetz und das Kreditwesengesetz betroffen. Die sogenannte SRM-Verordnung (Single Resolution Mechanism – SRM) der EU vom 15. Juli 2014 legt einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Banken und bestimmten Wertpapierfirmen fest. Sie schafft einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus, in dem die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) als nationale Abwicklungsbehörde einbezogen ist.
Die frühere BaFin-Chefin Dr. Elke König rief den Ausgangspunkt in Erinnerung: „Seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 wurde ein langer Weg zurückgelegt, hin zum Aufbau eines robusten Bankabwicklungsregimes mit dem Ziel, das ,Too-big-to-fail' und steuerfinanzierte Bankenrettung zu verhindern.“ König hat dabei inzwischen eine Schlüsselrolle übernommen. Sie leitet jetzt auf europäischer Ebene den „einheitlichen Ausschuss zur Abwicklung“ (Single Resolution Board – SRB) in Brüssel. Er ist das zentrale Entscheidungsgremium.
Der Ausschuss wird auch für die Verwaltung des einheitlichen Abwicklungsfonds zuständig sein. Bis zum 1. Januar 2024 sollen dazu von Geldinstituten in den 18 Staaten der Eurozone 55 Milliarden Euro eingesammelt werden. Dessen Ausstattung werde indes zunächst noch „sehr übersichtlich“ sein, merkte König an – deutlich zu wenig, um eine Abwicklung vornehmen zu können. Wobei sie die „äußerste Hoffnung“ hege, „den Fonds nie benutzen zu müssen“.
Sie verwies darauf, dass „Elemente des Rechtsrahmens, wie zum Beispiel das Insolvenzrecht, große Unterschiede in den Mitgliedsstaaten aufweisen und eine einheitliche europäische Lösung unter Umständen erschweren oder sogar zu Abwicklungshindernissen führen können“. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung maß sie zu, er könne die Diskussion „anregen“, wie denn weitere nationale Ansätze unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten ausgestaltet werden können.
Der größte Teil der Erörterungen bezog sich auf die Beteiligung von Gläubigern, wenn ihre Bank in Schieflage gerät („Bail-in“). Europaweit einheitliche Regelungen gibt es nicht, wie deutlich wurde. Allerdings handelt es sich offenkundig um eine zentrale Frage, wenn es darum geht, dass nicht länger der Steuerzahler die Abwicklung einer Bank finanziert. Die Experten vertraten zum möglichen Vorgehen unterschiedliche Ansichten.
Im Detail wurden bei der Anhörung weitere durchaus Einwände laut. So wies der Bundesrechnungshof darauf hin, dass er nicht mehr Maßnahmen prüfen kann, wenn künftig deutsche Kreditinstitute Hilfen aus dem europäischen Abwicklungsfonds benötigten. Auch dem Europäischen Rechnungshof sei es, bis auf die Betrugsbekämpfung, nicht möglich, bei Kreditinstituten vor Ort zu prüfen. Fazit: „Dies stellt eine Verschlechterung der Rechtslage dar.“
Die Europäische Zentralbank mahnte: Nationale Gesetze sollten „möglichst nicht in das Ermessen der Aufsichtsbehörden eingreifen, die das Unionsrecht diesen vorbehält, auch wenn dies in der Vergangenheit in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der nationalen Aufsichtsbehörden fiel“. (fla/01.07.2015)