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Ab 2018 gelten neue Regeln für die betriebliche Altersvorsorge beim Arbeitsplatzwechsel. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie hat das Bundeskabinett beschlossen. „Damit geben wir ein Signal zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge“, sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 1. Juli 2015, die Umsetzung der geplanten Neuregelungen erläuterte.
„Ich bin zuversichtlich, dass wir damit nicht nur für mehr Mobilität in Europa sorgen, sondern dass künftig auch mehr Arbeitnehmer unverfallbare Rentenansprüche erwerben können“, so Nahles. Weniger hoffnungsvoll zeigten sich hingegen Abgeordnete von CDU/CSU und Bündnis 90/ Die Grünen: Sie befürchteten einen „Mehraufwand für Unternehmen“ und zeigten sich besorgt, dass die geplanten Änderungen das „bewährte System der betrieblichen Altersvorsorge“ gefährden könnten.
Die Umsetzung der Richtlinie habe das Ziel, so die Arbeitsministerin, Mobilitätshindernisse für Arbeitnehmer abzubauen, die sich aus Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung ergeben können. So sollen arbeitgeberfinanzierte Betriebsrentenanwartschaften künftig bereits dann „unverfallbar“ sein, wenn die Zusage drei Jahre bestanden hat. Bislang war die Frist fünf Jahre.
„Darüber hinaus wird das Lebensalter, zu dem man dabei frühestens den Arbeitgeber verlassen darf, ohne dass die Anwartschaft verfällt, vom 25. auf das 21. Lebensjahr abgesenkt“, kündigte Nahles an. Insbesondere junge mobile Beschäftigte wären damit künftig schneller und früher als bisher in der Lage, unverfallbare Betriebsrentenanwartschaften erwerben, was zur besseren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung beitragen könne.
„Außerdem sorgen wir für eine Gleichbehandlung von Betriebsrentenanwartschaften ausgeschiedener und beim Arbeitgeber verbliebener Beschäftigter“, führte die Ministerin weiter aus. Beschäftigte müssten nicht mehr befürchten, dass ein Arbeitgeberwechsel ihrer Betriebsrente schadet. Zusätzlich sei geplant, die Abfindungs- und Auskunftsrechte zugunsten der Beschäftigten zu erweitern.
„Wir setzen die Richtlinie eins zu eins um“, betonte Nahles. „In einem Punkt jedoch tun wir mehr: Wir haben bewusst darauf verzichtet, die EU-Vorgaben nur bei grenzüberschreitenden Arbeitgeberwechseln anzuwenden.“ Die neuen Regelungen sollten künftig für alle Beschäftigten gelten. „Wo wir Spielräume hatten“, erklärte die Ministerin, haben wir sie zugunsten unseres deutschen Systems genutzt.“ Deshalb solle das Vorhaben auch erst 2018 in Kraft treten. So sei der Vorlauf groß genug, um sich auf die Änderungen im Betriebsrenten-System einzustellen.
Peter Weiß (CDU/CSU), Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, erinnerte daran, dass die „Portabilität von Rentenansprüchen“ lange sehr umstritten gewesen sei und erkundigte sich, wie nun Unternehmer und Gewerkschaften auf das Gesetzesvorhaben reagierten.
Nahles erklärte, die Sozialpartner begrüßten, dass die Bundesregierung ihren Spielraum voll ausnütze und die Neuregelungen erst 2018 in Kraft treten sollten. Insgesamt sei die Reaktion eher „gedämpft“, räumte Nahles ein. Die EU-Richtlinie müsse jedoch umgesetzt werden.
Markus Kurth, Rentenexperte von Bündnis 90/Die Grünen, wies darauf hin, dass die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände die Befürchtung geäußert habe, die geplanten Neuregelungen könnten dazu führen, dass es für Unternehmen künftig unattraktiv werde, Betriebsrenten für ihre Mitarbeiter einzurichten. Von der Ministerin wollte Kurth wissen, ob nicht Pläne des Arbeits- und Sozialministeriums, Betriebsrenten obligatorisch vorzuschreiben, das „bewährte System“ außerdem in Gefahr brächten. „Sehen Sie die Risiken, die Sie damit auslösen?“
Nahles widersprach, dass es solche Pläne überhaupt gebe. „Mir ist das neu“, entgegnete sie, gestand aber ein, dass ihr Haus gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben habe, um die Wirksamkeit der unterschiedlichen Modelle der staatlichen Förderung für die betriebliche Altersvorsorge zu überprüfen.
Kurths Fraktionskollegin, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, wollte zudem wissen, ob die angekündigte „Eins-zu-eins-Umsetzung auch für die automatische Auskunftspflicht“ gelte. Dies bejahte Nahles: „Auch die Transparenzregelungen werden verbessert.“
Zu diesem Aspekt wünschte auch Katja Mast (SPD), Sprecherin für Arbeit und Soziales, mehr Information: „Inwiefern werden denn die Informationsrechte der Beschäftigten verbessert?“, fragte sie die Ministerin.
Nahles erläuterte, dass künftig neben den Beschäftigten auch ausgeschiedenen Arbeitnehmer sowie Angehörige einen Auskunftsanspruch hätten. „Sie können auf Verlangen zum Beispiel erfahren, wie hoch ihre Betriebsrente ausfallen wird – und so besser einschätzen, wie viel sie selbst noch vorsorgen müssen.“ (sas/01.07.2015)