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Das ehemalige Bundesrechnungshof-Gebäude in Frankfurt am Main wurde im Frühjahr 2015 teilweise abgerissen. © Bundesarchiv
Jedes Jahr im Herbst rückt der Bundesrechnungshof in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses, wenn er seinen Jahresbericht, die „Bemerkungen“ (18/3300), vorlegt und neben Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auch die Öffentlichkeit über seine Prüfungsergebnisse zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes informiert. Vor 65 Jahren, am 15. September 1950, verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes (1/1141). Noch im selben Jahr nahm der Bundesrechnungshof seine Tätigkeit in Frankfurt am Main auf.
Seitdem wacht er nicht nur über die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, sondern rügt offiziell Schuldenberge und die Verschwendung von Steuergeldern. Dabei übt er nicht nur Kritik an mangelhafter Haushaltsführung, er berät auch, gibt Empfehlungen, wie Abhilfe geschaffen werden kann, und zeigt künftige Einsparmöglichkeiten auf.
Die Stärke des Bundesrechnungshofes ist seine Objektivität und Neutralität. Er ist unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen; kein anderes Staatsorgan kann ihn mit einer Prüfung beauftragen. Seine Stellung, die richterliche Unabhängigkeit seiner Mitglieder sowie seine wesentlichen Aufgaben haben die "Mütter und Väter des Grundgesetzes" in Artikel 114 Absatz 2 des Grundgesetzes festgeschrieben.
Die Prüfer des Rechnungshofes kontrollieren nicht nur, ob die Ausgaben ordnungsgemäß erfolgt sind und ob sie mit dem Haushaltsplan übereinstimmen, sondern auch, ob die Mittel zweckmäßig und sparsam verwendet worden sind. Um finanzielle Nachteile für den Bund zu vermeiden beschränkt sich ihre Arbeit nicht nur auf bereits getätigte Ausgaben. Der Rechnungshof kann sich auch mit aktuellen Vorhaben befassen.
Im Fokus stehen dabei Bereiche in denen es in der Vergangenheit häufig Auffälligkeiten gab, wie beispielsweise die Bundeswehr oder der Verkehrssektor. Nicht selten erhält der Bundesrechnungshof Informationen über Verschwendungsfälle von Bürgern oder durch Medienberichte. Über seine Prüfungsverfahren entscheidet er eigenständig. Zusammen mit Eingaben von Mitgliedern der Bundesregierung oder den Bitten des Haushaltsausschusses stehen jährlich rund 1.300 Prüfungsverfahren an.
In seiner jüngsten Ergänzung (18/4650) kritisiert er beispielsweise mangelnde Transparenz bei den Ausgaben der Sozialversicherungsträger, unnötige Ausgaben für das Bundeswehr-TV, für das es eigentlich keinen Bedarf gibt, oder die Planung einer 106 Millionen Euro teuren zweiten Rheinbrücke bei Karlsruhe durch das Bundesverkehrsministerium, die aus seiner Sicht unnötig und verkehrspolitisch eher kontraproduktive wäre.
Der Rechnungshof kann Vorschläge zur Beseitigung der Mängel machen, aber keine Weisungen oder Sanktionen erteilen. Kritisierte Verwaltungen müssen sich vor dem Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages verantworten. Das Parlament kann dann entsprechende Beschlüsse fassen, um unwirtschaftliches Ausgabeverhalten künftig zu verhindern.
Für den Haushaltausschuss des Bundestages ist der Rechnungshof ein wichtiger Partner. Seine jährlichen „Bemerkungen“ sind eine wesentliche Grundlage für die jährliche Entscheidung des Parlaments über die Entlastung der Bundesregierung (18/5387). Die Vorschläge werden im Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses erörtert und überwiegend aufgegriffen. Der Haushaltsausschuss nimmt die Beratung durch den Bundesrechnungshof auch in Anspruch, wenn wichtige finanzwirksame Gesetzesvorhaben und finanziell bedeutsame Sachverhalte wie etwa Fragen der Finanzmarktstabilisierung zu beurteilen sind.
Die externe Finanzkontrolle hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits 1714 gründete der preußische König Friedrich Wilhelm I. eine General-Rechen-Kammer. Sie sollte eigenständig und unabhängig den Staatshaushalt prüfen und über das Ergebnis in so genannten Bemerkungen berichten - Funktionen, die der Bundesrechnungshof noch heute erfüllt.
Nach der Gründung des Deutschen Reiches war die „Preußische Oberrechnungskammer“ gleichzeitig „Rechnungshof des Deutschen Reiches“. Sie existierte bis Kriegsende. Im Jahr 1948 wurde in Frankfurt am Main der „Rechnungshof im Vereinigten Wirtschaftsgebiet“ errichtet, der unmittelbarer Vorläufer des Bundesrechnungshofes war. Zwei Jahre später wurde der Bundesrechnungshof ins Leben gerufen.
Seit dem 1. Juli 2000 hat der Bundesrechnungshof seinen Sitz in Bonn und seit dem 1. Dezember 1998 auch eine Außenstelle im Gebäude des ehemaligen Rechnungshofes des Deutschen Reiches in Potsdam. Aktueller Präsident des Bundesrechnungshofes ist Kay Scheller. Nach seiner Wahl durch den Deutschen Bundestag am 22. Mai 2014 und den Bundesrat am 13. Juni 2014 erhielt er am 30. Juni 2014 seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Joachim Gauck.
Die Hinweise und Empfehlungen des Bundesrechnungshofes ermöglichen in jedem Jahr Einsparungen und Mehreinnahmen zwischen drei und fünf Milliarden Euro. (klz/08.092015)