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Die Lehrerin und Kunstwissenschaftlerin Dr. Rosemarie Hein (Die Linke) ist seit fast 40 Jahren parteipolitisch aktiv und verfügt über eine große parlamentarische Erfahrung. Im Jahr der Wiedervereinigung kandidierte die Leipzigerin erstmals erfolgreich für den Landtag in Sachsen-Anhalt, dem sie fast 16 Jahre lang angehörte. Ab 2004 arbeitete sie außerdem zehn Jahre im Magdeburger Stadtrat und engagierte sich dort für die Schulpolitik der Stadt. Ausgestattet mit einer langjährigen Erfahrung in der Landespolitik kandidierte sie 2009 erstmals erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Sie konnte das Direktmandat mit dem zweitbesten Ergebnis der Landesliste mit 32 Prozent der Stimmen gewinnen. Als bildungspolitische Sprecherin ist sie für ihre Fraktion im Bildungs- und Forschungsausschuss und setzt sich dort für mehr Beteiligung des Bundes in der Bildung und Schulsozialarbeit an den Schulen ein sowie für das Recht auf einen Ausbildungsplatz nach der Schulausbildung.
Rosemarie Hein wurde in Leipzig geboren. In ihrem Elternhaus spielte Politik immer eine große Rolle. „Meine Großeltern waren Kommunisten, und auch mein Vater trat mit 16 Jahren in die KPD ein. Er war ein Vorbild für mich, weil er nie ein Dogmatiker war, sondern ein Mann mit einem sehr humanistischen Selbstverständnis. Das hat mich geprägt und mich in meinem Entschluss bestärkt, mit 23 Jahren aus voller Überzeugung in die SED einzutreten. Ich hatte Ideale und war überzeugt, dass der Sozialismus die gerechteste Gesellschaftsform ist“, sagt die Abgeordnete.
„Viel Kritisches habe ich darum ausgeblendet. Das Ausmaß der Verfehlungen der SED, die nach dem Mauerfall Stück für Stück öffentlich wurden, ahnte ich damals nicht, und ich hätte sie zu DDR-Zeiten auch nicht für möglich gehalten. Im Nachhinein war ich über einige Enthüllungen ebenso fassungslos wie viele andere Menschen, die in der DDR gelebt haben“, fügt sie an.
Nach dem Abitur studierte Rosemarie Hein an der Pädagogischen Hochschule in Dresden die Fächer Deutsch und Kunsterziehung. Lehrerin zu werden war ihr größter Wunsch. Nach dem Studienabschluss wurde sie 1975 von der Absolventenlenkung der DDR an einer Erweiterten Oberschule (Gymnasium) in Oschersleben eingesetzt und arbeitete als Lehrerin für Deutsch und Kunsterziehung.
Nach fünf Jahren verließ sie den Schuldienst und arbeitete zwei Jahre lang in der SED-Kreisleitung Oschersleben, bevor sie eine Aspirantur an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften (AfG) annahm und sich auf ihre Promotion vorbereitete. Die AfG war eine wichtige gesellschaftswissenschaftliche Forschungs- und Ausbildungseinrichtung der SED und deren ideologisch-theoretische Leiteinrichtung. Das Studium an der AfG war eine Aspirantur, deren Studienabschluss die A-Promotion zum Ziel hatte. Das Thema der Dissertation von Rosemarie Hein: „Bildende Kunst der DDR für den Frieden der Welt: Positionen und Probleme in den siebziger und achtziger Jahren“.
Nach der Wende trat Rosemarie Hein nicht wie Tausende SED-Mitglieder aus der Partei aus, sondern wurde Mitglied der Nachfolgepartei PDS, die sich 1990 gründete. Warum, erklärt sie heute so: „Ich habe in den letzten zwei Jahrzehnten schon das eine oder andere Mal darüber nachgedacht, mich aus der Politik zurückzuziehen. Gleich nach der Wende stellte ich solche Überlegungen allerdings nicht an. Ich arbeitete damals in der Bezirksleitung der SED in Magdeburg. Dort wurden in dieser Zeit Hunderte, wenn nicht Tausende Parteibücher zurückgegeben. Es gab sogar Genossen, die mir ihr Parteibuch an der Bushaltestelle in die Hand drückten und sagten, ich will mit dieser Partei nichts mehr zu tun haben. Ich habe dann die PDS im Bezirk Magdeburg mit aufgebaut. Für mich als überzeugte Sozialistin stand fest, dass ich meine Ideale nicht verraten und die Partei verlassen werde. Ich wollte mich weiter dafür einsetzen, dass die Menschen in einer gerechten Gesellschaft leben können“, erinnert sich Rosemarie Hein.
1990 wurde sie in den Landtag von Sachsen-Anhalt gewählt, wo sie Mitglied im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien wurde und sich mit viel Herzblut in der die Bildungs- und Schulpolitik engagierte. Nach fast 16 Jahren intensivster Arbeit als Landtagsabgeordnete dachte sie erstmals darüber nach, ob sie sich ein weiteres Mal zur Wahl stellen sollte. „Ich hatte 16 Jahre lang ein Leben für die Politik geführt und kam zu der Überzeugung, dass es noch andere Dinge in meinem Leben geben muss, nicht nur Parteipolitik. Ich wollte mich neu orientieren und traf die Entscheidung, nicht erneut für den Landtag zu kandidieren, bereits zwei Jahre vor der Landtagswahl“, erinnert sich Rosemarie Hein. “Ich wusste natürlich tief im Herzen, dass mir die Bildungspolitik fehlen würde, denn ich hatte sehr gern in der Landespolitik gearbeitet. Trotzdem blieb ich bei meinem Entschluss und kandidierte nicht erneut für den Landtag“, sagt sie heute.
Völlig politikabstinent konnte Rosemarie Hein dann wohl doch nicht sein, denn sie behielt ihr Mandat im Stadtrat von Magdeburg und kandidierte 2006 für den Vorstand ihrer Partei. Ein Jahr zuvor war Oskar Lafontaine, einer der wichtigsten Köpfe der Sozialdemokratie, aus der SPD ausgetreten und wurde in Westdeutschland Mitglied der neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG). „Es war eine turbulente Zeit. Bald stand das Thema Fusion im Raum, und darüber wurden auch bei uns hitzige Diskussionen geführt “, sagt Rosemarie Hein.
WASG und Die Linke.PDS waren zur Bundestagswahl 2005 zwar ein Bündnis eingegangen und hatten als linkes Wahlbündnis den Einzug in den Bundestag geschafft. Als beide Parteien 2007 aber zu einer vereinten Linken werden sollten, waren viele PDS-Mitglieder skeptisch. Rosemarie Hein nicht. Sie sagt: „Ich sah den Prozess schwierig, aber trotzdem positiv. Vor allem sah ich in einer vereinigten Linken die Chance, eine noch stärkere politische Kraft zu werden. In meinem Landesverband gab es aber auch Mitglieder, die Gegner der Vereinigung waren, weil sie Sorge hatten, dass die gute Basis, die sie sich in den Jahren zuvor erarbeitet hatte, auf dem Spiel stehen könnte“, sagt die Politikerin.
Am 24. und 25. März 2007 wurde auf dem gemeinsamen Parteitag von Linkspartei.PDS und WASG das Parteiprogramm der neuen Partei Die Linke verabschiedet. Am 16. Juni 2007 wurde die Parteibildung vollzogen. „Vor der Bundestagswahl 2009 gab es in der Partei Die Linke die große Hoffnung, dass die Fusion einen großen Zuwachs an Wählerstimmen bedeuten könnte. Denn die vereinte Linke stand für soziale Gerechtigkeit und Frieden wie keine andere Partei“, erinnert sich Rosemarie Hein.
Zur Bundestagswahl trat Rosemarie Hein als Direktkandidatin für Die Linke im Wahlkreis 69 an, zu dem die Stadt Magdeburg und einige Gemeinden des Salzlandkreises sowie die Städte Barby, Schönebeck und Calbe gehören. „Ich hatte bereits im Wahlkampf ein gutes Gefühl und war sehr optimistisch. Die Stimmung bei den Menschen war sehr positiv, aber mit einem so sensationellen Wahlergebnis von 32 Prozent der Erststimmen hatte ich nicht gerechnet. Dass ich bei meiner ersten Kandidatur sofort das Direktmandat gewonnen hatte, konnte ich erst Tage später wirklich realisieren“, sagt Rosemarie Hein.
Zur Bundestagswahl 2013 kandidierte die Bildungspolitikerin erneut erfolgreich über die Landesliste. Ihr Stimmverlust betrug fast sieben Prozent, trotzdem waren 25,2 Prozent immer noch ein beachtliches Ergebnis, und es reichte für den Einzug ins höchste Deutsche Parlament. Im Bundestag ist Rosemarie Hein als bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.
Hier setzt sie sich für bessere Bildung, mehr Chancengleichheit und eine gute Perspektive für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, damit die wissenschaftlichen Berufe nicht an Attraktivität verlieren. „Wichtig ist mir auch, dass endlich das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung generell abgeschafft wird. Dazu muss das Grundgesetz geändert werden, damit der Bund Hochschulen und Schulen dauerhaft fördern kann“, erklärt die Politikerin. „Ich wünsche mir auch, dass wir für die Zukunft über ein Bildungsrahmengesetz nachdenken, das alle Bildungsbereiche umfasst und gleiche Bedingungen für den Zugang zu Bildung in allen Bundesländern und für alle Menschen gewährleisten hilft.“
Als Bildungspolitikerin hat sie sich am 11. September im Bundestag zur aktuellen Flüchtlingsproblematik geäußert. Sie forderte im Plenum: „Flüchtlingskinder brauchen sofort Bildung. Es geht nicht an, dass asylsuchende Kinder und Jugendliche Monate warten müssen, bis ihr Anspruch auf Bildung realisiert wird. Alle Kinder, die in Deutschland leben, haben ein Recht auf gute Bildung, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“ (bsl/23.09.2015)