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Das Interesse für Menschen liegt ihr im Blut. „Ich habe mich schon immer sehr für meine Mitmenschen, für ihre Gefühle, Eigenheiten und Verhaltensweisen interessiert, das war eine gute Schulung meiner Beobachtungsgabe und auch meiner Empathie“ sagt Beate Walter-Rosenheimer. „Und das kann ich in meiner politischen Arbeit gut gebrauchen. Es hilft mir, mich schnell auf die unterschiedlichsten Menschen, deren Anliegen, Probleme und Sorgen einzustellen.“
Beate Walter-Rosenheimer sitzt seit Januar 2012 für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Seit Beginn dieser Wahlperiode ist sie Sprecherin der Fraktion für Jugendpolitik und Ausbildung. Ein Gebiet, das ihr viel Spaß macht. „Hier kann ich drei verschiedene wichtige Aspekte meines Lebens zusammenführen: Die Psychologin, die Politikerin und die Mutter von fünf Kindern. Ich finde es ein wichtiges Themenfeld, Jugendliche sind in einer wahnsinnigen Umbruchphase, in der noch viele Weichen fürs spätere Leben gestellt werden. Ein Anliegen ist mir es beispielsweise, Jugendlichen in einer sich ständig verändernden und immer älter werdenden Gesellschaft mehr Partizipationsmöglichkeiten zu eröffnen.“ Als Mutter von Teenagern und jungen Erwachsenen hat sie ihr Ohr auf jeden Fall am Puls des Geschehens.
Als sie in den Bundestag nachrückte, war sie kein politischer Neuling mehr. Sie verfügte über mehr als zehn Jahre politische Erfahrung in der Kommunal- und Landespolitik. Die Diplom-Psychologin war 2002 in die Partei eingetreten und wurde sofort Kreisvorsitzende im Landkreis Fürstenfeldbruck. 2004 wurde sie Sprecherin des Landesarbeitskreises Frauenpolitik der bayerischen Grünen, kurz danach des Landesarbeitskreises Wirtschaft und wurde in den erweiterten Parteivorstand gewählt.
Seit ihrer Wiederwahl in den Bundestag im Jahr 2013 ist sie Mitglied im Bildungsausschuss des Bundestages und gehört dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung an. Außerdem sitzt sie für die grüne Fraktion in der Kinderkommission des Deutschen Bundestages, was für sie eine schöne und wichtige Aufgabe ist. „Die Kinderkommission (Kiko) arbeitet konsensual, also einvernehmlich. Das setzt oft intensive Gespräche mit den Kollegen und Kolleginnen der anderen Fraktionen voraus und bedeutet so ein ganz anderes Arbeiten. Darüber hinaus hat man in der Kiko viel Gestaltungsspielraum: Jede Fraktion stellt einmal pro Wahlperiode den Vorsitz. Und die Vorsitzende setzt eigene Themenschwerpunkte. Hier kann ich also ganz direkt einbringen, wo ich Handlungsbedarf sehe zum Wohl der Kinder und Jugendlichen.“
Beate Walter-Rosenheimer wuchs in einem konservativen, aber sehr politischen Elternhaus auf, in dem traditionell CSU gewählt wurde. „Mit meinem Vater, einem Fan von Franz Josef Strauß, führte ich bereits als Gymnasiastin leidenschaftliche politische Diskussionen“, sagt die Politikerin. Der Vater hatte seine Tochter auf dem Münchner Willi-Graf-Gymnasium angemeldet. Er ahnte nicht, dass sie dort eine völlig andere Sozialisation erfahren würde als im Elternhaus. „Die meisten Lehrer gehörten der 1968er-Bewegung an, die den Schülern das Vermächtnis von Willi Graf und der Weißen Rose vermittelten. Wir beschäftigten uns mit dem Widerstandskampf der Gruppe um Sophie Scholl und der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Die Schuljahre am Gymnasium haben meine politische Positionierung sehr geprägt.“
Brisante Themen der Zeit waren vor allem Nuklearwaffen, Stationierung der Pershing-Raketen und das dramatische Waldsterben. Beate Walter-Rosenheimer wollte daran etwas ändern und tat dies mit ihrer Stimme bei der Bundestagswahl 1983. „Als ich zum ersten Mal wählen durfte, entschied ich mich für die Grünen, die damals auch das erste Mal in den Bundestag einzogen. Für mich war es bis zur letzten Sekunde spannend, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde schaffen würden. Ich war ganz euphorisch, als ich erfuhr, dass es geklappt hatte“, sagt Beate Walter-Rosenheimer rückblickend und fügt an: „Mein Vater hingegen war sprachlos und entsetzt über das Wahlergebnis. Er sagte voraus, dass die Demokratie mit der Wahl dieser ‚Chaoten-Partei’ den Bach heruntergehen würde. Ganz besonders dramatisch fand er die Tatsache, dass seine Tochter daran mitgewirkt hatte. Er hat es mir allerdings nicht lange übel genommen, sondern eingesehen, dass man Wahlergebnisse in einer Demokratie akzeptieren muss.“
Nach dem Abitur studierte sie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Kommunikationswissenschaften, Philosophie, Geschichte und Psychologie. Mit dem Abschluss als Diplom-Psychologin arbeitete sie freiberuflich im Bereich Arbeitspsychologie, Coaching und klinische Psychologie. 1999 zog sie mit ihrer Familie in einen Vorort von München und wurde dort von einer Freundin ihres Mannes gebeten, doch mal mit zum Ortsverband der Grünen zu kommen. „Ich hatte nie vor, mich parteipolitisch zu engagieren, und dann kam alles ganz anders“, sagt sie lächelnd.
Im Kommunalwahlkampf 2002 unterstützte Beate Walter-Rosenheimer den Ortsverband und war bereits ein Jahr später dessen Vorsitzende. „Es entwickelte sich alles von Null auf Hundert und riss mich mit. Es machte mir wahnsinnig viel Spaß, mich so zu engagieren.“ Ihre Eltern und ihr Ehemann unterstützten sie von Anfang an tatkräftig. „Ohne die Unterstützung meiner Familie hätte ich in der Partei nicht so aktiv mitarbeiten können. Ich hatte ja damals fünf noch kleine Kinder. Da war ich wirklich froh, dass meine Familie mir hilfreich unter die Arme gegriffen hat“, sagt die Abgeordnete.
Als im Jahr 2008 die Landeslisten für die Bundestagswahl 2009 aufgestellt wurden, kandidierte Beate Walter-Rosenheimer auf Platz elf der bayerischen Landesliste. Obwohl das Wahlergebnis für die Grünen hervorragend ausfiel, reichte es nur für zehn Abgeordnete. „Die Freude über unser tolles Ergebnis war bei mir sehr groß, denn mit einem Gesamtergebnis von 10,7 Prozent hatten wir uns um 2,5 Prozent gegenüber 2005 gesteigert“, sagt die Politikerin. Allerdings war ich nur Nachrückerin.“
Ende des Jahres 2011 passierte dann, womit sie in dieser Wahlperiode gar nicht mehr gerechnet hatte. Eine grüne Abgeordnete aus Bayern, Christine Scheel, verließ den Bundestag, und so zog Beate Walter-Rosenheimer doch noch im Januar 2012 in das Parlament ein.
Beate Walter-Rosenheimer blieb wenig Zeit, dort anzukommen, denn die Bundestagswahl 2013 musste vorbereitet werden, und selbstverständlich kandierte sie erneut. „Ansonsten wäre das keine runde Sache gewesen. In nur eineinhalb Jahren kann man nichts bewegen, nicht wirklich gestalten. Ich habe die Herausforderung angenommen.“
Nach der Listenaufstellung der bayerischen Grünen, bei der Beate Walter-Rosenheimer sich auf Platz sieben durchsetzen konnte, begann die heiße Phase vor der Wahl: „Ich liebe Straßenwahlkampf an Infoständen und den direkten Kontakt mit den Menschen.“ Sie hat mit viel Herzblut um jede Stimme gekämpft und zog erneut in den Deutschen Bundestag ein.
Als neue Sprecherin für Jugendpolitik und Ausbildung hat sie sofort begonnen, sich in ihre neuen Aufgaben einzuarbeiten. Handlungsbedarf sieht sie genug. Grüne Jugendpolitik ist Teilhabe. Deshalb ist Partizipation die Basis von allem. Jugendliche brauchen eine starke Stimme und ein grünes Ohr, davon ist die Abgeordnete überzeugt. Als Jugend- und Bildungspolitikerin ist ihr Hauptziel, allen jungen Menschen gleiche Chancen zu ermöglichen. „Leider sind wir davon auch in Deutschland noch weit entfernt. So steigt zum Beispiel die Zahl der in Armut lebenden und armutsgefährdeten Jugendlichen trotz guter wirtschaftlicher Lage stetig. Durch den hohen Anteil von Jugendlichen ohne Schul- und Berufsabschluss wird Armut durch ,Vererbung' innerfamiliär häufig verfestigt. Aufstiegschancen sind in kaum einem anderen industriellen Staat so ungleich verteilt wie in Deutschland.“
Dafür setzt sie sich auch als Mitglied im Bildungsausschuss ein. „Jeder und jede hat das Recht auf eine gute Ausbildung. Es darf doch in einem modernen Sozialstaat nicht sein, dass die Zukunft von jungen Menschen davon abhängt, wer ihre Eltern sind.“ Der Zugang zu Bildung ist auch mit Blick auf integrationspolitische Belange besonders wichtig. „Wenn Kinder und Jugendliche schlechtere Chancen haben, nur weil sie einen arabischen Namen tragen oder wegen ihres Aufenthaltsstatus nicht an guten Bildungsangeboten teilnehmen dürfen, läuft etwas grundfalsch in diesem Land“, sagt die Politikerin.
Ganz wichtig ist ihr auch das Thema „Queere Jugendliche“, denn in dieser Gruppe ist die Selbstmordrate im Vergleich zu heterosexuellen Jugendlichen viermal so hoch. Das will sie nicht so stehen lassen und greift dieses Thema deshalb sowohl in Bayern als auch in Berlin immer wieder auf. Aktuell beschäftigt sie sich stark mit der Flüchtlingskrise. Beate Walter-Rosenheimer sagt: „Diese stellt uns auch jugendpolitisch vor große Herausforderungen. Ein großer Teil der Flüchtlinge ist noch minderjährig. Die meisten kommen gemeinsam mit ihren Eltern, viele von ihnen sind aber auch allein. Diese Kinder und Jugendlichen benötigen besonderen Schutz, Zugang zu Leistungen der Jugendhilfe und eine echte Zukunftsperspektive.“
Ihr gefällt, dass sie bei all ihren politischen Themenfeldern, Kinder, Jugendliche, Nachhaltigkeit ganz stark an der Gestaltung für die zukünftige Generation mitarbeiten kann: „Ein schönes Gefühl und immer wieder Ansporn für meine Arbeit.“ (bsl/23.09.2015)