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Das von der Bundesregierung vorgelegte Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beschäftigt am Donnerstag, 1. Oktober 2015, erstmals den Bundestag. Ab 9 Uhr wollen die Abgeordneten in einer 110-minütigen Aussprache über das vom Bundeskabinett verabschiedete Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (18/6185) debattieren. Ziel des Gesetzentwurfs ist es laut Innenministerium, die Asylverfahren zu beschleunigen und die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern zu erleichtern.
Die Sitzung wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
An den gesamtstaatlichen Kosten, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen, will sich der Bund aufgrund eines Gesetzes zur schnelleren Entlastung der Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern (18/6172) künftig „strukturell, dauerhaft und dynamisch“ beteiligen. Durch eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung entlaste er die Länder von Kosten für Asylbewerber, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und bei der Kinderbetreuung. In den Fällen, in denen die Kommunen Kostenträger sind, gäben die Länder die vom Bund erhaltenen Mittel weiter.
Schon in diesem Jahr sollen die Länder weitere 500 Millionen Euro, die bisher für 2016 eingeplant waren, zusätzlich für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern erhalten. Für den Zeitraum ab 2016 hat der Bund zugesagt, sich strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten zu beteiligen, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen, heißt es im Gesetzentwurf weiter. Die genauen Regelungen dafür sollen zwischen Bund und Länder bis zum Herbst gemeinsam festgelegt werden.
In erster Lesung beraten werden zudem der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 (18/6090) sowie ein Antrag der Linken (18/6190), die sich gegen eine Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung wendet und alle Flüchtlinge willkommen heißen will.
Die Ausgaben des Bundes sollen in diesem Jahr um 5,1 Milliarden Euro auf 306,7 Milliarden Euro erhöht werden. Die Ausgabenerhöhung dient vor allem der Finanzierung der Kosten für Aufgaben im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Länder und Kommunen
im Jahr 2015 dafür insgesamt zwei Milliarden Euro erhalten. Bisher waren dafür eine Milliarde Euro vorgesehen.
Mit dem Entwurf zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sollen die Integration von Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt verbessert und mögliche Fehlanreize für unberechtigte Asylanträge beseitigt werden. Der Gesetzentwurf regelt den Angaben zufolge zudem die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Asyl- und Schutzsuchende, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und die Kinderbetreuung. Außerdem würden die Leistungen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau „im Rahmen der Entflechtungsmittel“ aufgestockt.
Vorgesehen ist unter anderem, Albanien, Kosovo und Montenegro asylrechtlich als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen, um Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Länder zu beschleunigen. Um Asylverfahren zügig bearbeiten zu können, sollen Asylbewerber zudem verpflichtet werden können, bis zu sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen zu verbleiben. Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten soll dies bis zum Abschluss des Verfahrens gelten. Die Landesregierungen sollen „Rückführungen vollziehbar Ausreisepflichtiger aus humanitären Gründen zukünftig nur noch für maximal drei Monate aussetzen“ können.
Um die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu erleichtern, werden den Angaben zufolge Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Standards ermöglicht. Geplant sind auch Erleichterungen bei den Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien und den energetischen Anforderungen an Wärmeschutz beziehungsweise Anlagentechnik in Gebäuden für Asylbewerber und Flüchtlinge.
Zur Beseitigung etwaiger Fehlanreize soll der bisher mit dem "Taschengeld" abgedeckte Bedarf – „sofern mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich“ – in Erstaufnahmeeinrichtungen in Form von Sachleistungen (auch Wertgutscheine) erbracht werden. In anderen Gemeinschaftsunterkünften könne ebenso verfahren werden; Geldleistungen würden höchstens einen Monat im Voraus ausgezahlt.
Für vollziehbar Ausreisepflichtige, die unter keinen Umständen für ein Bleiberecht in Betracht kommen und deren Ausreisedatum und Reisemöglichkeit feststehen, ist die Leistung dem Entwurf zufolge nur bis zu diesem Datum zu gewähren. Nehme der „vollziehbar Ausreisepflichtige schuldhaft die Ausreisemöglichkeit nicht wahr“, erhalte er „grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie an Mitteln zur Körper- und Gesundheitspflege“.
Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die ab dem 1. September 2015 einen Asylantrag gestellt haben, soll ein Beschäftigungsverbot eingeführt werden, das während des Asylverfahrens und nach einer Ablehnung des Antrags gelten soll.
Die Einführung der Gesundheitskarte bleibt laut Bundesinnenministerium den Ländern überlassen, während der Bund die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen schafft. Die gesetzlichen Krankenkassen sollten von den Ländern verpflichtet werden können, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylbewerbern zu übernehmen. In diesem Zusammenhang könne die Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte vereinbart werden. Die Leistungen sollten sich wie bisher im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes bewegen.
Ferner soll der Impfschutz für Asylbewerber verbessert werden. Auch sollen Asylsuchende mit einer abgeschlossenen Ausbildung in einem medizinischen Heilberuf in die medizinische Erstversorgung anderer Asylsuchender in den Aufnahmeeinrichtungen und Unterkünften eingebunden werden dürfen.
Zudem öffnet der Bund laut Ministerium die Integrationskurse für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und stockt die hierfür vorgesehenen Mittel entsprechend dem gestiegenen Bedarf auf. Darüber hinaus werde eine verstärkte Vernetzung zwischen Integrationskursen und berufsbezogenen Sprachkursen hergestellt, unter verstärkter Einbeziehung der Bundesagentur für Arbeit.
Kurzfristig sollten auch im Rahmen des Arbeitsförderungsrechts Maßnahmen zur Vermittlung erster Kenntnisse der deutschen Sprache gefördert werden. Zudem könnten Menschen mit guter Bleibeperspektive künftig bereits frühzeitig die für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlichen „vermittlungsunterstützenden Leistungen der aktiven Arbeitsförderung“ erhalten. Verschärft werden soll den Angaben zufolge die Strafbarkeit von Schleusern. Für sie solle in Zukunft eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten gelten. (sto/30.09.2015)