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Die Empörung über Manipulationen des VW-Konzerns war einhellig bei der Debatte über „Konsequenzen aus dem Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen“ am Donnerstag, 15. Oktober 2015. Was aber diese Konsequenzen sein sollen und ob die Diesel-Technologie noch eine Zukunft hat, darüber wurde ebenso gestritten wie über den Vorwurf der Kumpanei zwischen Bundesregierung und Autoindustrie in der Vergangenheit, der von Rednern der Opposition erhoben wurde.
Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Anton Hofreiter, prophezeite zur Zukunft des VW-Konzern in Abwandlung eines alten Slogans aus der Zuwanderungsdebatte: „Wer betrügt, der fliegt, und zwar diesmal aus dem Markt.“ Nicht nur Autoindustrie, sondern auch Aufsichtsbehörden hätten bisher die offiziellen Grenzwerte für Schadstoffausstoß und Verbrauch nicht ernst genommen und gewusst, dass der tatsächliche Ausstoß wesentlich höher ist als in offiziellen Test gemessen. Diese Grenzwerte seien aber festgelegt worden, um „unser Klima und die Gesundheit der Menschen in unseren Städten zu schützen“.
Zu lange hätten Politiker sowohl aus der SPD wie auch aus der Union das Sagen gehabt, die von sich gesagt hätten, Benzin liege ihnen im Blut, fuhr Hofreiter fort. Darüber sei die Autoindustrie größenwahnsinnig geworden. „Eine Autoindustrie, die einfach bei Frau Merkel anrufen kann, und dann zerschießt Frau Merkel auf Wunsch der Autoindustrie einen bereits ausgehandelten Kompromiss zu SO2-Grenzwerten“, eine solche Autoindustrie sei „ein Riesenproblem für unser Land“.
Dem hielt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Enak Ferlemann (CDU), entgegen, ungeachtet der unbestreitbaren Probleme seien große Erfolge beim Umwelt- und Klimaschutz zu verzeichnen. So seien die Kohlendioxidemissionen im Straßenverkehr in den vergangenen fünf Jahren um 25 Prozent zurückgegangen.
Ausführlich führte Ferlemann die Maßnahmen auf, welche die Bundesregierung zur Aufarbeitung des VW-Skandals bereits ergriffen habe. So habe das Kraftfahrtbundesamt sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe von VW einen Plan angefordert, wie es die künftige Einhaltung der Grenzwerte durch bereits ausgelieferte Fahrzeuge sicherstellen will, verbunden mit klaren Fristsetzungen. An diesem 15. Oktober sei dann eine rechtsverbindliche Anordnung ergangen, nach der Anfang 2016 mit dem Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge zu beginnen sei.
Caren Lay (Die Linke) erhob den Vorwurf, aufgrund von „Klüngelei zwischen Autoindustrie und Politik“ seien jahrelang Hinweise von Umweltverbänden sowie der EU über weit erhöhten Schadstoffausstoß von Fahrzeugen „unter den Tisch gekehrt“ worden. Grenzwerte seien in der Realität um bis zu 400 Prozent überschritten worden. Gerade im Interesse der Beschäftigten der Autoindustrie gehöre nun „die Wahrheit endlich auf den Tisch“.
Lay forderte die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass nun nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Folgen von Manipulationen der Manager zu tragen haben. Bei den Familien Piëch und Porsche sei „einiges zu holen“, und „da sollten wir es uns auch holen“.
Mit Kritik an der Autoindustrie sparte auch nicht Arno Klare (SPD). Er sei enttäuscht gewesen, dass auf der jüngsten Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt das erste serienreife Brennstoffzellenfahrzeug von Toyota vorgestellt worden sei und nicht von VW oder einem der deutschen Premium-Hersteller.
Fast untergegangen sei aber wegen des VW-Skandals, dass sich in dieser Woche sechs Unternehmen in Deutschland zu einem H2-Mobility-Joint-Venture zusammengeschlossen haben. Sie wollten sicherstellen, dass es bis 2023 in Deutschland 400 Wasserstofftankstellen gibt. Um sauberen Technologien zum Durchbruch zu verhelfen, forderte Klare unter anderem eine Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge.
Gegen die Einschätzung von Rednern der Opposition, die der Diesel-Technologie keine Zukunft mehr zusprachen, wandte sich Oliver Wittke (CDU/CSU). Bis die Elektro- oder Wasserstoffantriebe hundert Prozent des Automobilverkehrs übernehmen könnten, sei eine Weiterentwicklung des Diesels notwendig.
Kritik an Gesprächen der Bundeskanzlerin mit Vertretern der Autoindustrie wies Wittke zurück: „Es ist gut, dass die Kanzlerin sich um diese Arbeitsplätze kümmert und diese Arbeitsplätze sichert.“ (pst/15.10.2015)